Die Ausgangslage für den Monaco-GP 2015 könnte nicht besser sein. Denn mehrere "Brandherde" an der Spitze des Feldes versprechen eine Menge Action, Drama und knallharten Rennsport. Dass derart viele Rechnungen auf einmal zu begleichen sind, hat es im Herzen des Fürstentums wohl noch nicht allzu oft gegeben. Der Formel 1 und sämtlichen Zuschauern kann und konnte jedoch nichts Besseres passieren.

Da auf dem engen Straßenkurs wie historisch belegt kaum Überholmanöver zu erwarten sind, muss die Spannung aus anderen Quellen herrühren. Und derer sind am Wochenende definitiv mehr als nur ein paar gegeben. Nach dem "Qualifying-Gate" im Vorjahr dürfte beispielsweise Lewis Hamilton sehr darauf bedacht sein, Mercedes-Teamkollege Nico Rosberg im Herzen des Fürstentums im nächsten Kapitel des "Krieges der Sterne" in die Schranken zu weisen.

Nächster Rosberg-Pfeil in Richtung Hamilton?

Auf seiner letzten fliegenden Runde hatte sich der Deutsche im Qualifying 2014 (absichtlich?) verbremst, und durch seine Fahrt in die Auslaufzone vor der ersten Zeitmessung somit für eine Gelbphase gesorgt. Hamilton, im Zeitentableau und auf der Strecke hinter Rosberg, musste seine letzte fliegende Runde abbrechen und schaute nur mehr in die Röhre. Im Rennen ging an der Spitze dann alles seinen gewohnten Gang: Die Mercedes' passierten in Startreihenfolge die Zielflagge. Das Tischtuch zwischen Hamilton und Rosberg war (vorläufig) zerschnitten...

Lewis Hamilton biss sich im Vorjahr vergeblich die Zähne an Nico Rosberg aus, Foto: Sutton
Lewis Hamilton biss sich im Vorjahr vergeblich die Zähne an Nico Rosberg aus, Foto: Sutton

Doch nicht nur aufgrund der Vorjahrespleite muss und will der britische Weltmeister am Sonntag vor Rosberg landen. Im WM-Kampf 2015 schlug der Deutsche nach Wochen der Hamilton-Dominanz in Barcelona jüngst mit aller Brutalität zurück, düpierte den Superstar in Qualifying und Rennen. Hamilton verfügt mit 20 Punkten Vorsprung (111:91) zwar noch über ein halbwegs beruhigendes Polster, wird jedoch tunlichst vermeiden wollen, dass Rosberg das Momentum noch stärker auf seiner Seite manifestiert.

Rote Rache? Wie stark ist Ferrari in Monaco?

Während sich die Silberpfeil-Piloten wohl bereits physisch und mental mit der nächsten Runde ihres internen Titelkampfes befassen, lauert die Gefahr für beide aber auch von außerhalb der eigenen Reihen. Denn nach der Pein von Barcelona reist die Scuderia Ferrari mehr als je zuvor in dieser Saison mit dem Messer zwischen den Zähnen an. 45 Sekunden respektive eine Minute bekamen Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen jüngst von Sieger Rosberg aufgebrummt - und das trotz zahlreicher neuer Updates am SF15-T des Vierfach-Weltmeisters.

Nach den starken Auftritten mit einem Sieg und drei weiteren Podien in Übersee wird Ferrari alles daran setzen, die Lücke auf Silber zu schließen und die Weltmeister wieder deutlich mehr zu fordern. Hinter dem silbern-roten Spitzenkampf pocht die dritte Kraft Williams endlich auf das erste Podium der Saison. Auf herkömmlichen Rennstrecken hatten die Martini-Flitzer gegen Ferrari und vor allem Mercedes bislang wenig zu bestellen, setzen ihre Hoffnungen nun aber auf den "Chaos-Faktor" in Monaco sowie die Tatsache, dass eine gute Qualifying-Runde im Fürstentum oftmals bereits den Grundstein eines starken Resultats darstellt.

Sebastian Vettel hatte in Barcelona nur anfangs etwas gegen Mercedes zu bestellen, Foto: Sutton
Sebastian Vettel hatte in Barcelona nur anfangs etwas gegen Mercedes zu bestellen, Foto: Sutton

Für Red Bull, Toro Rosso und Lotus dürfte es einmal mehr nur um Punkte und Schadensbegrenzung gehen, während Sauber, Force India, und Manor auf ein Monaco-Wunder hoffen müssen. Als große Unbekannte geht McLaren ins Rennen. Für die "schwarzen Bestien" aus Woking könnte Monaco bereits die beste Chance der Saison darstellen, in der Punktewertung anzuschreiben.

Wetter, Drehmoment und Strategie als entscheidende Komponente

Überholmanöver ohne groben Fehler des Vordermannes sind in Monaco realistisch betrachtet nur vor der Schikane ausgangs der berühmten Tunnelpassage möglich. Die Devise für die Mercedes-Jäger kann deshalb nur lauten, ihr Heil bereits im Qualifying zu suchen. Denn selbst den durch die Barcelona-Updates noch dominanteren Silberpfeilen dürfte es in Monaco mächtig schwer fallen, starke Boliden wie die Ferraris oder auch die Williams zu überholen. So ist das Hinterherfahren in Monaco neben dem bisweilen massiven Zeitverlust aus mehreren Gründen tückisch: Die Kühlung der Boliden durch Fahrtwind fällt fast gänzlich weg, verwirbelte Luft kostet zudem Downforce und somit Grip, beschleunigt so den Reifenabbau.

Regen wirbelte den Monaco-GP schon häufiger durcheinander, Foto: Sutton
Regen wirbelte den Monaco-GP schon häufiger durcheinander, Foto: Sutton

Ein besonderes Augenmerk dürfte in Monaco einmal mehr dem Fahrverhalten der hybriden Turborennwagen an den Kurvenscheiteln zukommen. Durch das extrem hohe Drehmoment und den niedrigeren Grip sind Fahrfehler vor allem bei möglicher Nässe ein durchaus realistisches Szenario. Unfälle, Ausfälle und Safety-Car-Phasen können das Bild des Rennens jederzeit extrem verändern. Interessant wird zu sehen sein, wie der Supersoft-Reifen Pirellis auf dem allerdings relativ glatten Verkehrsstraßen-Asphalt zurechtkommt. Taktikfehler werden in Monaco besonders hart bestraft. Bei Rückkehr auf die Strecke im Verkehr beginnt nicht selten ein regelrechter Teufelskreis für den Piloten, der auch die beste Ausgangsposition schnell zunichtemachen kann.

Redaktionskommentar:

Motorsport-Magazin.com meint: Monaco ein Langweiler? Eine stumpfe Prozedur, die ihre einzige Spannung darin findet, dass die Piloten möglicherweise einen Fehler machen oder ein Safety Car die Reihenfolge durcheinanderwirbelt? Ich für meinen Teil sehe das etwas anders. Der Grand Prix in den Häuserschluchten des Fürstentums ist unbestritten eines der Highlights des Jahres. Vor allem die Ausgangslage in dieser Saison lässt für das Rennen keine Wünsche offen, ganz zu schweigen vom Qualifying. Bereits am Samstag müssen die Piloten alles geben, ans Limit oder darüber hinaus gehen. Monaco ist der Grand Prix mit der größten Sensations-Wahrscheinlichkeit - und alleine schon deshalb absolutes Pflichtprogramm! (Samy Abdel Aal).