Roberto Merhi sorgte am Wochenende für Aufsehen. Allerdings nicht im positiven Sinne: Die Qualifikationszeit des Spaniers hätte in der GP2 nicht einmal für den vorletzten Platz gereicht. Ein Formel-1-Auto, das von jedem GP2-Rennen abgehängt wird. Schnell kamen wieder kritische Stimmen auf, der Rennstall hätte in der Königsklasse nichts verloren. Graeme Lowdon fand im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com deutlich Worte auf die Kritik: "Es ist schwachsinnig, diesen Vergleich zu machen. Dieser Vergleich ist einfach dumm."

"Es ist eine andere Formel, es sind unterschiedliche Reifen und alles ist anders", rechtfertigt Lowdon seine deutlichen Worte. "Wenn man einen riesengroßen Diffusor und Supersoft-Reifen auf ein Formel-1-Auto macht, dann kann man 5 Sekunden oder so schneller fahren." Die GP2 fuhr am Wochenende mit den Soft-Reifen, während in der Formel 1 nur Medium und Hart zur Auswahl standen. Allerdings ist in der GP2 der Unterschied zwischen Soft und Medium nicht besonders groß. Pirelli spricht von etwa einer halben Sekunde.

Auch Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner hält die Manor-Zeiten für wenig bedenklich: "Das ist absolut kein neues Phänomen. Wenn ich mich an meine Formel-3000-Zeit erinnere: Als wir in Österreich - einer reinen Hochgeschwindigkeitsstrecke - waren und ich auf Pole stand, hätte ich mich mit dieser Zeit locker für das Formel-1-Rennen qualifiziert. Diesen Overlap gibt es öfter in der Geschichte der Formel 1 - das wird schon wieder."

Aber auch der aerodynamisch anspruchsvolle Kurs in Barcelona trug dazu bei, dass Manor schlecht aussah, wie Lowdon meint: "Was hier passiert ist, ist auch außergewöhnlich. Wenn man sich ansieht, wie weit der Rest der Autos auseinanderliegt. Die Charakteristik der Strecke zieht das Feld auseinander, so ist es einfach."

Selbst in der GP2 hätte es für Merhi nur für die letzte Startreihe gereicht, Foto: Sutton
Selbst in der GP2 hätte es für Merhi nur für die letzte Startreihe gereicht, Foto: Sutton

Manors Problem: Seit dem ersten Outing des Boliden in Malaysia war der Fortschritt eher gering. In Sepang waren Roberto Merhi und Will Stevens knapp an der 107-Prozent-Hürde, in Spanien wieder. "Man kann nicht mehr herausholen. Wir bekommen aus dem Paket schon sehr viel heraus, es ist der gleiche Motor wie im letzten Jahr. Wir können mit diesem Paket keinen Sprung machen, wir können nur mit dem fahren, was wir haben", rechtfertigt sich Lowdon.

Derzeit geht es für den Rennstall nur darum, keine operativen Fehler zu machen. Die Boxenstopps müssen stimmen, die Strategie ebenfalls. Mehr ist derzeit nicht möglich. Genau aus diesem Grund fehlen die Briten auch bei den Testtagen in Barcelona. "Wir könnten vielleicht zwei Tage hier bleiben und würden dann das Auto um eine Tausendstel schneller machen. Es macht keinen Sinn. Dieser Test kommt zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort für uns."

Ferrari gibt neue Power Unit noch nicht frei

"Es ist für uns eine sehr seltsame Saison", gibt Lowdon zu. "Das ganze Timing ist bei uns anders." Noch immer ist fraglich, wann der neue Bolide kommt, der dann endlich mit der aktuellen Power Unit von Ferrari ausgestattet ist. Aktuell verrichtet noch die Power Unit der Generation 2014 ihren Dienst im Manor-Heck. Ferrari ist bei der neuen Power-Unit-Generation von allen Motorenherstellern der mit Abstand größte Schritt gelungen.

Der Einsatz der neuen Power Unit hängt von zwei Parametern ab. Zum einen, muss Manor das neue Auto fertigstellen, zum anderen muss Ferrari Manor Zugang zur neuen Technologie geben. Das scheint aber derzeit noch an Zahlungsrückständen aus 2014 zu scheitern. "Es wäre sicherlich schwierig, das Programm innerhalb einer Woche durchzubekommen", gesteht Lowdon. "Aber wir haben gleichzeitig das Auto noch nicht fertig. Bis dahin müssen wir mit dem Fahren, was wir haben."