Zum ersten Mal seit den Testfahrten vor der Saison erhielt Susie Wolff bei Williams wieder einen Einsatz. Im ersten Freien Training in Barcelona drehte sie 22 Runden und erzielte Platz 14. Dabei lag sie dicht hinter den anderen beiden Testfahrern, die im Einsatz waren, Raffaele Marciello und Jolyon Palmer. Auf Teamkollege Felipe Massa fehlten der Schottin knapp neun Zehntel.

Wolff räumte ein, dass ihr in ihrer schnellsten Runde in Kurve drei ein Fehler unterlief. Außerdem gab sie zu bedenken, dass die Strecke am Morgen noch sehr dreckig war und windige Bedingungen herrschten. Des Weiteren war ihr Run auf Konstanz ausgelegt, weshalb es für sie keinen Sinn gemacht hätte, zunächst Vollgas zu geben und dann einen starken Abfall zu riskieren. Auch ein Abflug war ein Risiko, das sie nicht eingehen wollte, denn in erster Linie ging es darum, Daten für das Team zu sammeln.

"Es ist einfach großartig, wieder hier draußen zu sein und es ist gut, mehr Erfahrungen zu sammeln und zu lernen", fasste Wolff ihren Einsatz am Freitagmorgen zusammen. "Jedes Mal, wenn man auf die Strecke geht, lernt man so viel. Es ist nur ein bisschen frustrierend, dass ich meine schnellste Runde mit einem Patzer in Kurve drei vermasselt habe. Das hat mich letzten Endes zwei Zehntel gekostet."

Einen direkten Vergleich zwischen dem aktuellen und dem Vorjahresauto habe sie aufgrund der Streckenbedingungen nicht ziehen können, es sei aber definitiv ein Schritt nach vorne, erklärte sie auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. "Bei der Power haben wir mehr Drehmoment aus den Kurven, die Bremsleistung ist besser. Ich bin aber zu selten im Auto, um kleine Verbesserungen beim Abtrieb feststellen zu können."

Die Vorbereitung vor ihrem Einsatz sei umfangreich gewesen. Sie kenne die kniffligen Stellen des Circuit de Catalunya genau, an denen man ein großes Problem hat, wenn man sich einen Fehler erlaubt. Genauso wisse sie jedoch auch, wo man die meiste Rundenzeit herausholen kann. "Es gibt viele Vorbereitungen, denn es ist hart, ins Auto zu steigen und direkt loszulegen", betonte sie. "Es ist keine einfache Situation, in das Auto eines der Stammfahrer zu steigen, zu versuchen, einen guten Job zu machen, das Auto in einem Stück zurückzubringen und gleichzeitig die Daten für das Team zu sammeln."

Susie Wolff bezeichnet sich als realistisch und ehrgeizig, Foto: Sutton
Susie Wolff bezeichnet sich als realistisch und ehrgeizig, Foto: Sutton

Nach der Session begibt sich Wolff in die Analyse: Was habe ich richtig gemacht? Was kann ich beim nächsten Mal besser machen? Am liebsten hätte sie jedoch auch das zweite Freie Training bestritten, um das Gelernte abzurufen und sich zu steigern. Doch die Testfahrerin muss sich bis zu den übernächsten Testfahrten nach dem Österreich GP in Spielberg gedulden. Bei ihrem Heimrennen in Silverstone kommt sie dann wieder im ersten Training zum Einsatz.

Danach gebe es Gespräche über ihre Zukunft. Rennen zu fahren sei immer ihr Ziel gewesen. "Ich wusste, dass es immer darum geht, im Auto Leistung abzuliefern. Das ist letztlich das einzige, was man tun kann, um eine gute Position in diesem Paddock zu bekommen", sagte sie. "Ich bin ehrgeizig, aber auch realistisch. Wenn ich nicht glauben würde, dass ich gut genug bin und in der Lage, auf diesem Level zu fahren, dann müsste ich mich selbst rausnehmen." Sie werde nicht mehr hart pushen, wenn sie keine Chance mehr sehe. "Ich habe immer gesagt: Wenn ich mich nicht beweisen und verbessern kann, dann werde ich die Erste sein, die ihren Helm an den Nagel hängt", wies sie auf ihre realistische Selbsteinschätzung hin.

Superlizenz kein Stolperstein

"Ich habe das Gefühl, dass ich sehr nah dran bin, dass ich etwas anbieten konnte. Und ich habe zu 100 Prozent das Gefühl, dass eine Frau auf diesem Level mitkämpfen kann", ließ sie auch an ihrem Ehrgeiz keinen Zweifel. "Aber es ist ein hartes Umfeld, Fahrer kämpfen darum, hier rein zu kommen. Wir bieten verschiedene Dinge an, wir kämpfen um die gleichen Chancen. Mir war also sehr wohl bewusst, dass es ein harter Kampf wird." Ihre aktuelle Situation als Testfahrerin, die auf ein Stammcockpit hofft, fasste sie mit dem Satz zusammen: "Ich bin nah dran, aber gleichzeitig auch sehr weit entfernt." Die Einsätze im Auto seien für sie der beste Teil ihres Jobs. "Und es sagt mehr als tausend Worte."

Bislang besitzt Wolff nur eine Superlizenz für die Freitagseinsätze. Bislang sieht sie keinen Bedarf, die Lizenz für Rennen zu beantragen. "Ich werde mich nicht um eine Superlizenz für ein Rennen bewerben, so lange es nicht wirklich klar ist, dass ich ein Rennen bestreiten werde. Ich werde also nicht einen Schritt vorgreifen", unterstrich sie. Sorgen, dass sie aufgrund des neuen Punktesystems für die Qualifikation keine Lizenz erhalten könnte, macht sie sich nicht. "Wenn der Tag kommt, an dem ich ein Rennen fahren kann, wird die Superlizenz kein Stolperstein sein."