Für Fernando Alonso ist 2015 der Beginn einer neuen Zeitrechnung. Der Spanier holte in seinen bisherigen drei Rennen für McLaren noch keinen einzigen Punkt - schier ein Novum für den zweifachen Weltmeister. Selbst in seinen beiden schwierigsten Jahren in der Formel 1 - 2008 und 2009 mit Renault - gelangen ihm sechs respektive fünf Punkte in den ersten vier Rennen. Lediglich in seiner Debüt-Saison 2001 mit Minardi blieb er ohne Zählbares.

Ein komplett neues Erlebnis für den einst so erfolgsverwöhnten Spanier. Bis zum jetzigen Zeitpunkt beharrt er aber auf seinem Standpunkt, dass die Rückkehr zu McLaren die absolut richtige Entscheidung war. "Ich genieße diese Herausforderung", sagte er vor seinem Heim-Grand-Prix in Spanien. "Wir haben mit einem leeren Blatt Papier begonnen und wir besteigen den Berg - und das schneller als von jedem erwartet."

Das Team selbst war noch in Australien geschockt, als es sich vier Sekunden hinter dem Rest des Feldes fand. Die schlimmsten Befürchtungen wurden laut, wie Alonso gegenüber der offiziellen Formel-1-Seite erklärte. "Wir dachten, dass es ewig dauern würde, diese Lücke zu schließen." Nur drei Rennen später hätte sich aber bereits alles geändert.

Die Leistung wird kommen

Speziell im Qualifying wurde diese Steigerung im bisherigen Saisonverlauf deutlich. Lag Alonso in den ersten beiden Rennen noch auf Startplatz 18, erreichte er in Bahrain Q2. Viel wichtiger sind aber die Prozesse im Hintergrund. Die Entwicklungen greifen und das lässt den Spanier auf den großen Wurf hoffen. "Alles was wir in China und Bahrain ans Auto gebracht haben, lieferte wie erwartet."

Fernando Alonso muss sich erst wieder daran gewöhnen, am hinteren Ende des Feldes zu stehen, Foto: Sutton
Fernando Alonso muss sich erst wieder daran gewöhnen, am hinteren Ende des Feldes zu stehen, Foto: Sutton

Nun liegen alle Erwartungen auf Barcelona. Traditionell bringen alle Teams zum Europa-Auftakt einen großen Schwung Updates - die einen arbeiten besser, die anderen schlechter. Doch Alonso ist ob der bisherigen Erfolge guter Dinge. "Unser Hoffnung ist, dass alles, was wir hier bringen, das Auto in eine gesunde Richtung lenkt und es besser performen lässt."

Bisher feierte Alonso zwei Siege in Barcelona - 2006 mit Renault und zuletzt 2013 mit Ferrari. An derartige Erfolge wird selbst mit den größten Updates nicht heranzukommen sein. Trotz aller Lobeshymnen auf Verbesserungen nicht das, was sich ein Weltmeister wünscht. "In Q1 oder Q2 auszuscheiden ist für jeden enttäuschend", gab er ohne Umschweife zu. Das gelte aber vor allem teamintern, denn auch die Erwartungen bei McLaren sind andere.

Viele Fans denken noch an die glorreichen Zeiten der erste Partnerschaft zwischen Honda und McLaren zurück. Unvergessen die Siege und die Dominanz. Entsprechend hoch waren sowohl Vorschusslorbeeren als auch Erwartungen. Alonso mahnt aber zur Ruhe. "Wir kommen nun zum fünften Rennen. Die Meisterschaft ist lang und wir haben immer noch große Hoffnung, dass sich die Dinge schnell ändern und wir beginnen, ein bisschen bessere Leistungen abzuliefern."

Alonso: Andere machen alles kompliziert

So sehr der Spanier an die künftige Konkurrenzfähigkeit seines Teams glaubt und sich wohlfühlt, so sehr ist er von Einmischungen von außen genervt. Immer wieder seien es Ex-Fahrer, Ex-Teamchefs und andere ehemalige Beteiligte der Formel 1, die seinen Gemütszustand beurteilen wollen würden. "Aber letztlich interessiert mich das alles nicht. Das ist wohl etwas, das allen Menschen in der Öffentlichkeit begegnet. Es gibt immer diejenigen, die vorgeben, Insider-Wissen zu haben", so Alonso weiter.

Alonso ist überzeugt, dass die meisten dieser Personen ihn nur aus dem Fernsehen kennen und darüber seine Persönlichkeit einschätzen wollen. Das sei aber nicht der richtige Alonso. "Ich bin einfach nur ein Charakter in diesen Filmen. Ich bin ein Schauspieler, der eine Rolle spielt." Außenstehende Personen könnten niemals wissen, wie es hinter der Fassade von Alonso aussieht.

Alonso brauchte eine neue Herausforderung

Eric Boullier ist von Fernando Alonsos Entscheidung überzeugt, Foto: Sutton
Eric Boullier ist von Fernando Alonsos Entscheidung überzeugt, Foto: Sutton

Einen Blick hinter die Fassade werfen kann hingegen McLaren-Renndirektor Eric Boullier. Der Franzose arbeitet seit dieser Saison mit Alonso zusammen und ist die ewigen Diskussionen um dessen Ferrari-Weggang leid. Alonsos Ex-Team holte 2015 bereits einen Sieg und fährt konstant um Podestplätze mit. "Er hat fünf Jahre dort verbracht und es hat nicht funktioniert. Ich denke, wie viele Sportler hat er nach einer neuen Herausforderung gesucht, wenn ich das so sagen kann", erklärte Boullier auf Nachfrage von Autosport.

Boullier untermauerte, dass Alonso sich vom ersten Moment an bewusst war, dass die Rückkehr zu McLaren kein Spaziergang werden würde. Der Spanier hätte aber an das geglaubt, was McLaren sagte und war er mit eigenen Augen in der Fabrik sah. "Und er glaubte an die Leute und das gesamte Paket", so Boullier weiter.

Alonso spürte den Mythos

Fernando Alonso bei seinem ersten Ferrari-Sieg, Foto: Sutton
Fernando Alonso bei seinem ersten Ferrari-Sieg, Foto: Sutton

2010 kam Alonso zu Ferrari und siegte sofort. In Bahrain - auch den Problemen von Sebastian Vettel geschuldet - fuhr der Spanier im ersten Rennen für Ferrari den Sieg ein - zehn weitere folgten. Nach schwierigen Jahren - besonders 2014 - zog er nun aber die Reißleine. "Ich war bei Ferrari. Ich habe den Mythos gespürt und ich war regelmäßig auf dem Podium und fühlte mich wohl im Team", so Alonso. "Aber ich habe genug gewonnen, um nun nach einer neuen Herausforderung zu suchen und ein bisschen Risiko einzugehen - für mein eigenes Glück und meine eigene Herausforderung."

Das Ziel für die Zukunft ist jedenfalls klar definiert: Der dritte Titel in der Formel 1. Was mit Ferrari nicht gelang, soll nun im zweiten Anlauf mit McLaren funktionieren. Dort sieht er die deutlichen besseren Chancen. "Die Meisterschaft gewinnen, die Formel 1 dominieren und Teil dieses Projektes zu sein, was wahrscheinlich etwas, das ich in diesem Abschnitt meines Lebens benötigt habe, um motiviert zu bleiben", machte Alonso keine Umschweife. "Ich bin hierhergekommen, um die Meisterschaft zu gewinnen - nicht weniger als das."