Die Situation in der Formel 1 bringt immer mehr ehemalige Rennfahrer dazu, sich zu eben jener zu äußern. Doch dass es sich um ein komplexes Problem handelt, zeigt die Tatsache, dass nahezu jeder mit einer anderen Lösung aufwartet. Nun hat Derek Warwick seine Meinung kundgetan: Er sieht das Problem gar nicht bei den immer weniger werdenden Traditionsstrecken und auch nicht beim Sound, der häufig bemängelt wurde, sondern in den Haltbarkeitsregeln für einzelne Teile. Es werde zu wenig gefahren, außerdem fehle der Gladiatoren-Status der Fahrer aus der Vergangenheit.

Der Schongang in den Trainings ist für Warwick ein großes Problem: "Ich verstehe die Theorie hinter der Restriktion der Anzahl von Getrieben und Motoren absolut, aber es tötet den Sport für die Zuschauer und das Fernsehen", sagte er gegenüber Sportal Neuseeland. Die Zahl der verfügbaren Aggregate wurde in der Formel 1 immer weiter reduziert, um Kosten zu senken. Das Problem: Die großen Teams geben das gesparte Geld einfach an anderer Stelle aus. Warwick verweist auf den Negativ-Effekt der Regularien: "Die meisten fahren nur zehn Runden im Training, um etwas zu schonen, sei es Power Unit, Getriebe oder Reifen."

Ein echtes Tier: Derek Warwicks Renault von 1984, Foto: Sutton
Ein echtes Tier: Derek Warwicks Renault von 1984, Foto: Sutton

Wanted: Formel-1-Fahrer als Gladiatoren

Die Formel 1 bekomme die Kehrseite der Regeln zu spüren, da sie die Formel 1 weniger spannend machen, findet der Engländer, der hin und wieder als Fahrer-Steward engagiert wird. Er stört sich an einem weiteren Phänomen der Formel 1, das auch Bernie Ecclestone schon bemängelt hat: Die Formel-1-Fahrer seien zu gleichgeschaltet und keine Typen mit Ecken und Kanten mehr. "Ich sehe sie momentan nicht als Gladiatoren", bemängelte der Le-Mans-Sieger von 1992 und heutige TV-Kommentator. "Sie sind aufpolierte PR-Maschinen, die das Glück haben, Grand-Prix-Autos fahren zu dürfen."

Der 60-Jährige führte weiter aus: "Es gibt eine Phrase, die ich mich selbst nicht gerne reden höre, und das ist ‚zu meinen Zeiten‘". Aber es stimmt sehr wohl, dass die Autos damals echte Tiere gewesen sind. Wir hatten 1.600 PS und so viel Abtrieb, dass einem die Augen herausgefallen sind", so Warwick, der mit den PS-Zahlen zwar etwas übertreibt, aber den Kern seiner Aussage sehr wohl herüberbringt. "Wir sind aus den Autos ausgestiegen und waren physisch wie psychisch am Ende. Heute schauen die Jungs aus wie nach zwei Sonntagsrunden um den Block."

Zwar hat er selbst nie einen modernen F1-Boliden gefahren, doch Derek Warwick untermauerte seine These mit Indizien: "Heutzutage sieht man junge Fahrer in die Autos hopsen, die sofort direkt bei der Pace sind. Verstappen ist ein gutes Beispiel. Sie fahren einen Test und sind binnen zehn Runden innerhalb von zwei Zehnteln mit dem Schnellsten." Da es dies zu seinen Zeiten nicht gegeben habe, müssen die Auto heute einfacher zu fahren sein, schlussfolgerte er. "Wir müssen einen Schritt zurückgehen und über uns selbst reflektieren, bevor es zu spät ist."