Das technische Reglement blieb zwischen 2014 und 2015 weitgehend stabil. Die größte Änderung ist die Reduzierung der Power Units von fünf Exemplaren pro Fahrer für eine Saison auf lediglich vier. Ziel der Änderung war es, die Kosten weiter zu senken. Allerdings regt sich bei einigen inzwischen Unmut. Bei manchen Teams steht bereits jetzt fest, dass sie mit dem angedachten Kontingent nicht auskommen werden. Außerdem gibt es Beschwerden über zu wenige Runden in den Freien Trainings.

Nach vier Rennen wird es schön langsam Zeit, sich über die Einführung einer fünften Power Unit zu unterhalten. Am 14. Mai trifft sich die Strategiegruppe zum nächsten Mal, das ist erst nach dem Spanien GP. Doch Christian Horner hat bereits verraten, dass auch eine Abstimmung mittel Fax möglich wäre.

Egal, wie letztendlich abgestimmt wird, alle Beteiligten müsse ihre Zustimmung geben. Regeländerungen während der Saison brauchen Einstimmigkeit. "Wir haben uns in Malaysia einstimmig darauf geeinigt", verrät Red Bull Teamchef Horner. Doch ganz so glasklar scheint die Angelegenheit nicht zu sein.

Dr. Helmut Marko hegt noch Zweifel daran, ob die fünfte Einheit tatsächlich kommen wird. "Ich will mir das Gequatsche gar nicht mehr anhören", sagte Red Bulls Motorsportberater zu Motorsport-Magazin.com. "Dann kommt Mercedes und sagt es sind die Kosten."

Kleine Teams drohen zu verlieren

Die Kosten sind in der Tat ein Faktor, der noch nicht geregelt ist. Verhältnismäßig kostet eine weitere Einheit zwar nicht besonders viel, die absolute Summe dürfte viele Kundenteams allerdings trotzdem nicht erfreuen. Auch, weil sie eigentlich nichts von einem weiteren Aggregat hätten.

Mercedes, Williams, Force India und Lotus sind mit Mercedes-Antrieb gut aufgestellt und müssen sich wohl am wenigstens Sorgen um die Haltbarkeit machen. Auch Ferrari und Sauber können mit der Zuverlässigkeit der Ferrari-Power-Unit mehr als gut leben.

Honda ist Sorgenkind Nummer eins, Foto: Sutton
Honda ist Sorgenkind Nummer eins, Foto: Sutton

So ist es wenig überraschend, dass neben Renault auch Honda gerne eine Antriebseinheit mehr hätte. "Es gibt keinen Zweifel daran, dass Honda den Vorschlag für einen fünften Motor unterstützt", sagte ein Honda-Sprecher zu Motorsport-Magazin.com. "Wir hatten bei der Saisonvorbereitung wenig Zeit auf der Strecke und es wäre definitiv besser für uns, wenn wir in einer Position wären, in der wir uns darauf konzentrieren könnten, die Power Unit zu verbessern, als in einer Position, in der fürchten müssen, mit wie vielen Motoren wir noch arbeiten können."

Neben McLaren würden auch die beiden Renault-Kunden von der Regeländerung profitieren. Speziell die kleineren Mercedes- und Ferrari-Teams fürchten, durch eine zusätzliche Power Unit einen Wettbewerbsvorteil zu verlieren. Auch wenn es derzeit vielleicht nicht so aussieht, könnte McLaren in der Saison 2015 noch mit Sauber, Lotus und Co. kämpfen. Einen Vorteil gibt man da nicht gerne her - vor allem, wenn man dafür auch noch Geld zahlen soll.

Marko: Für uns nicht relevant ob vier oder fünf Motorn

Dr. Helmut Marko relativiert den Vorteil allerdings: "Für uns ist es mehr oder minder nicht relevant. Wir wissen, dass wir X-mal von hinten starten müssen." Red Bull hat nach dem katastrophalen Saisonstart bereits jede Hoffnung aufgeben müssen, mit dem angedachten Kontingent über die Runden zu kommen.

In Bahrain verabschiedete sich bei der Zielüberfahrt Daniel Ricciardos dritter Antrieb. Es geht nur mehr darum, wie oft Red Bull eine Strafe in Kauf nehmen muss. "Hoffentlich können wir uns die Kurse aussuchen, wo wir von hinten starten", so Markos Wunsch. Bitter wird es, wenn in Spanien das nächste Triebwerk kaputt geht. Dann kommt die erste Strafe denkbar ungünstig in Monaco.

Bei aller Angst, jemand könne durch die Regeländerung einen Vorteil verlieren, bleibt die Frage, ob das Ziel überhaupt erfüllt würde - nämlich am Freitag für mehr Show zu sorgen. "Wir sind da absolut nicht eingeschränkt. Wenn man sieht, wie viel wir am Freitag gefahren sind, dann gibt es da keine Einschränkung", gibt Williams Performance Ingenieur Rob Smedley gegenüber Motorsport-Magazin.com zu Bedenken.

Williams Position in diesem Poker scheint klar zu sein: "Man kann die ganze Saison lang [mit einer Power Unit] fahren, wenn man Eier hat die groß genug sind", scherzte Smedley. "Zwei sind vielleicht auch möglich, es ist schwer da eine Zahl zu nennen. Wir haben Schadens-Matrizen, die über den Zyklus der Motoren gehen, und die sehen alle sehr gesund aus."

Neun Prozent weniger Fahr-Action

Williams ist in Trainingssitzungen - inklusive Qualifyings - in dieser Saison bislang am zweitmeisten gefahren. Im Schnitt fahren Felipe Massa und Valtteri Bottas rund 843 Kilometer an einem Wochenende plus Rennen. Die anderen Mercedes-Teams folgen auf den Plätzen drei (Lotus), vier (Mercedes) und sieben (Lotus). Ferrari und Sauber rangieren in der Mitte auf fünf und sechs.

Bleibt die Frage, wer Freitag und Samstag am meisten Kilometer abspult. Das ist überraschender Weise Toro Rosso. Mit durchschnittlich 923 Kilometern an den ersten beiden Tagen liegen Max Verstappen und Carlos Sainz deutlich vor der Konkurrenz. Red Bull kommt hingegen pro Wochenende auf 648 Kilometer in den Trainingssitzungen - mit dem gleichen Motor.

TeamGesamt-KMDavon im RennenDavon in TrainingsKM pro RennenTrainings-Schnitt
STR 5704 20113693503923
Williams5521 21503371538843
Lotus5060 17483312437828
Mercedes5691 24633228616807
Sauber5358 21423216536804
Ferrari5573 23673206592802
FI5327 21683159542790
Red Bull4501 19102591478648
McLaren3882 15432339386585

Die Youngsters bei Toro Rosso brauchen mehr Zeit im Auto und bekommen die auch. Schlechter sieht es bei den Motoren trotzdem nicht aus. Obwohl Toro Rosso in der Saison 2015 bereits 5704 Kilometer zurückgelegt hat, ist das Motorenkontingent auch nicht mehr ausgeschöpft als bei Red Bull. Das A-Team hat lediglich 4501 Kilometer zurückgelegt. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Die generelle Tendenz ist aber trotzdem, dass 2015 am Freitag und Samstag insgesamt weniger gefahren wird, als noch im Vorjahr. Durchschnittlich legen die Teams in diesem Jahr - Manor ausgeklammert - 781 Kilometer pro Rennwochenende zurück, ohne Rennen. Im vergangenen Jahr waren es noch 857 Kilometer. Das ist immerhin ein Rückgang von rund neun Prozent - und übermäßig viel wurde auch 2014 nicht gefahren. Außerdem fährt 2015 ein Team weniger.

Auch wenn man Problemfall Honda (kommt im Schnitt auf lediglich 585 Kilometer pro Rennwochenende) abzieht, ist der Rückgang ersichtlich. Allerdings sind es dann nur mehr sechs Prozent. Die Teams kennen die neue Technologie inzwischen besser und brauchen auch nicht mehr so viele Runden wie noch im Vorjahr.

Trotzdem wäre es erstrebenswert, besonders am Freitag, für mehr Action auf der Strecke zu sorgen. Sollte die fünfte Power Unit tatsächlich wieder kommen, muss auch die Frage nach dem Format geklärt werden. Ob sie nur am Freitag eingesetzt werden darf, ob es am Freitag dann eine verpflichtende Rundenanzahl gibt oder Ähnliches. Ohne diese Vorgaben besteht die Gefahr, dass sich am Freitag nichts bessert.

Denn dass auch mit einem Renault-Aggregat viel gefahren werden kann, zeigt Toro Rosso. Und wenn sich am Freitag nichts ändert, ist die Regeländerung nur dazu da, um Red Bull, Toro Rosso und McLaren zu helfen. Die kleineren Teams beschweren sich aus vernünftigen Gründen. Erst recht, wenn sie dafür auch noch bezahlen sollen.