Die Formel 1 schnauft zum ersten Mal in diesem Jahr durch. Nach dem stressigen Saisonauftakt mit vier Rennen in Übersee bleiben nun drei Wochen Zeit, um die Erkenntnisse des ersten Saisonfünftels zu analysieren, ehe in Barcelona der Europaauftakt erfolgt. Doch nicht nur die Teams ziehen eine erste Bilanz, selbiges gilt auch für die Fernsehsender, die Übertragungsrechte an der Formel 1 besitzen.

Nachdem die TV-Zuschauerzahlen in den letzten Jahren nahezu weltweit zurückgingen, stellt sich die Frage, ob der Negativtrend gestoppt werden konnte, oder die Talsohle noch immer nicht erreicht wurde. Motorsport-Magazin.com nimmt die Werte der deutschsprachigen Sender unter die Lupe.

Quoten im Sinkflug

Michael Schumacher bescherte RTL Traumquoten, Foto: Sutton
Michael Schumacher bescherte RTL Traumquoten, Foto: Sutton

RTL überträgt bereits seit 1991 die Formel 1 im deutschen Free-TV. Michael Schumacher bescherte dem Kölner Privatsender einst Rekordzuschauerzahlen jenseits der Zehn-Millionen-Marke, doch in den letzten Jahren wandten sich immer mehr Fans von der Königsklasse ab. So kam es, dass RTL 2014 nur noch durchschnittlich 4,36 Millionen Zuschauer pro Rennen vor dem Fernsehschirm begrüßen durfte, was den schlechtesten Wert seit zwanzig Jahren bedeutete.

Ebenso brachen in den letzten Jahren die Marktanteile ein. Verfolgten 2011 noch mehr als 40 Prozent des Gesamtpublikums und mehr als 37 Prozent der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 59-Jährigen die Formel 1, sackten diese Werte im letzten Jahr auf 30,6 respektive 26,1 Prozent ab. Ein herber Rückgang, der auch den Senderverantwortlichen zu denken gab.

Wiederholung rettet Saisonauftakt

Nicht viele Zuschauer verfolgten den Australien GP live, Foto: Sutton
Nicht viele Zuschauer verfolgten den Australien GP live, Foto: Sutton

Mit großer Spannung wurde daher in der RTL-Zentrale erwartet, wie der Saisonstart 2015 verlaufen würde. Beim ersten Blick auf das Quotenblatt am Montagmorgen nach dem Australien GP dürfte dabei dem einen oder anderen Programmplaner die Kaffeetasse aus der Hand gefallen sein, denn das Rennen in Melbourne verzeichnete einen immensen Zuschauerverlust. Nach 3,1 Millionen im Vorjahr schalteten diesmal nur noch 1,7 Millionen deutsche F1-Fans ein, als die Ampeln im Albert Park zu nachtschlafender Stunde erloschen.

Als eine Ursache für das gewaltige Defizit kann die um eine Stunde vorverlegte Startzeit auf 6 Uhr mitteleuropäischer Zeit angeführt werden. Ausserdem bot RTL in diesem Jahr zum ersten Mal eine komplette Wiederholung des Rennens am Sonntagvormittag an, die 1,6 Millionen Zuschauer verfolgten. Unter dem Strich stand also doch kein wirkliches Minus, da anzunehmen ist, dass die meisten Personen, die den Grand Prix live sahen, nicht auch noch die Aufzeichnung konsumierten.

Vettel macht Freude

Richtigen Jubel gab es bei RTL zum ersten Mal zwei Wochen später. Sebastian Vettel gewann für Ferrari überraschend den Großen Preis von Malaysia, was auch die Zuschauer trotz früherer Startzeit honorierten. Nach 4,2 Millionen im Vorjahr verfolgten diesmal 4,3 Millionen Fans den Sieg des Heppenheimers. Bei der Siegerehrung waren sogar 5,5 Millionen TV-Sportler live dabei.

Bei den folgenden Rennen in China und Bahrain musste RTL wieder leichte Einbußen bei den absoluten Zuschauerzahlen hinnehmen, in puncto Marktanteil konnte hingegen sowohl beim Gesamtpublikum als auch in der werberelevanten Zielgruppe ein Plus erzielt werden.

RTL jubelt mit Sebastian Vettel, Foto: Sutton
RTL jubelt mit Sebastian Vettel, Foto: Sutton

Nach vier Grands Prix hält RTL damit bei durchschnittlich 3,69 Millionen Zuschauern, die das Renngeschehen live verfolgten. Rechnet man jene Fans hinzu, die die Australien-Aufzeichnung sahen, steigert sich der Mittelwert auf 4,09 Millionen, womit gegenüber dem Vorjahr (4,08 Millionen) sogar ein minimaler Zugewinn steht.

Was den Markanteil betrifft, konnte RTL in den ersten vier Saisonrennen ein deutliches Plus erzielen. Beim Gesamtpublikum (MA 3+) steigerte sich der Marktanteil von 36,7 auf 37,3 Prozent, und in der für die Werbewirtschaft wichtigen Zielgruppe (MA 14-59) gelang gar ein Sprung von 33,3 auf 34,5 Prozent (jeweils ohne die Australien-Wiederholung).

RTL: Vergleich 2014 vs. 2015 nach vier Saisonrennen

RennenZuschauer 2014Zuschauer 2015MA (3+) 2014MA (3+) 2015MA (14-59) 2014MA (14-59) 2015
Australien3.120.0001.720.00043,2%38,6%42,2%34,8%
Wiederholung-1.630.000----
Malaysia4.220.0004.310.00035,9%38,8%30,4%35,9%
China3.910.0003.820.00040,3%42,5%38,6%40,2%
Bahrain5.080.0004.910.00027,5%29,2%22,1%27,2%
Ø ohne Wdh.4.080.2503.690.00036,7%37,3%33,3%34,5%
Ø mit Wdh.-4.097.500----

Neuer Vertrag: Verhandlungen laufen

Wie fällt somit das Fazit von RTL aus? "Wir sind bislang sehr zufrieden, zumal wir auch beim Qualifying zulegen konnten. In Bahrain lagen wir bei den absoluten Zuschauerzahlen nur ganz leicht unter den Werten des Vorjahres, was aber wohl dem Wetter geschuldet war. Die Marktanteile waren deutlich höher als im Vorjahr", erklärte Sendersprecher Matthias Bolhöfer gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Der sportliche Verlauf habe durch die starke Ferrari-Performance die Erwartungen des Senders für die ersten Rennen übertroffen "und spielt uns hoffentlich weiter in die Karten", führte Bolhöfer mit Blick auf die weitere Saison aus. "Wenn sich die spannende Konkurrenz zwischen Silber und Rot einerseits und die interne Rivalität bei Mercedes weiter zuspitzt, könnte das Interesse an der Formel 1 aus deutscher Sicht wieder zunehmen."

Vor allem Sebastian Vettel ist ein Faktor, von dem man sich bei RTL viel erwartet. "Ein kämpferischer Sebastian Vettel im roten Overall - so einen Typen wollen die Fans sehen", ist sich Bölhofer sicher, der aber auch auf den zweiten deutschen Spitzenpiloten baut. "Und auch Nico Rosberg wird ganz sicher den Schlüssel wiederfinden, um die Tür für Pole und Sieg gegen seinen Teamgefährten Lewis Hamilton aufzuschließen."

Ob RTL die Formel 1 über 2015 hinaus zeigen wird, ist unklar, Verhandlungen über eine Verlängerung des auslaufenden Vertrags sind jedenfalls im Gange. "Wir wollen das Erfolgsprodukt Formel 1 auch weiterhin bei RTL halten. Aber natürlich müssen wir darauf achten, dass ein neuer TV-Vertrag wirtschaftlich darstellbar ist", erklärte Bölhofer. Ein möglicher Abschluss könne in den nächsten Wochen, aber auch erst Monaten erfolgen.

Stabile Zahlen bei Sky

Während RTL aufgrund der Werbefinanzierung stark von den Zuschauerzahlen abhängig ist, muss sich der Pay-TV-Sender Sky etwas weniger danach richten, schließlich werden über die Abogebühren unabhängig von der Anzahl der fernsehenden Personen Einnahmen erwirtschaftet. Dennoch richtet naturgemäß auch Sky das Programm am Interesse seiner Zuschauer aus.

Steigen die Zuschauerzahlen in diesem Jahr wieder an?, Foto: GEPA
Steigen die Zuschauerzahlen in diesem Jahr wieder an?, Foto: GEPA

Bei Sky liegen die Zuschauerzahlen ebenfalls auf dem Niveau des Vorjahres. Wie RTL musste auch der Bezahlsender beim Saisonauftakt ein Minus verkraften, das beim darauf folgenden Rennen in Malaysia durch Sebastian Vettels Sieg jedoch ausgeglichen wurde. 410.000 Zuschauer verfolgten den Triumph des Ferrari-Piloten, was gut vier Prozent Marktanteil ergab.

Macht der ORF weiter?

Anders als in Deutschland kam es in Österreich in den letzten Jahren zu keinem dramatischen Rückgang der Formel-1-Zuschauerzahlen. Der ORF erfreute sich weitestgehend stabilen Interesses, was sich auch in diesem Jahr fortsetzt. Die ersten vier Rennen verfolgten durchschnittlich 312.000 Zuschauer, was einen Marktanteil von stattlichen 42 Prozent bedeutet.

Die Rechte des ORF laufen 2016 aus, Foto: Sutton
Die Rechte des ORF laufen 2016 aus, Foto: Sutton

Der Vertrag des ORF mit der Königsklasse läuft am Ende der nächsten Saison aus. Noch ist unklar, ob der Kontrakt verlängert wird, denn innerhalb des Senders mehrten sich zuletzt die Stimmen, dass man die Rechtekosten lieber in österreichische Film- und Serienproduktionen investieren sollte. Alternativen zum öffentlich-rechtlichen Sender sind allerdings rar, denn das Interesse der Privatkanäle hält sich in Grenzen.

Auch Servus TV, der Sender von Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz, dürfte trotz des großen Engagements des Energydrinkherstellers nicht um die F1-Rechte mitbieten. "Wir müssten als Free-TV den Empfang im Ausland blocken", erklärte Mateschitz jüngst. "Ich denke, der ORF wird verlängern."