Einen extrem relaxten, aber nachdenklichen, Fernando Alonso erlebten die Journalisten in der obligatorischen McLaren-Medienrunde am Donnerstag vor dem Großen Preis von China auf dem Shanghai International Circuit. Mit den latenten Problemen seines Rennstalls scheint sich der Spanier vielleicht nicht angefreundet, aber inzwischen zumindest abgefunden zu haben. Und so schlägt der sonst so sieghungrige Alonso völlig neue Töne an.

"Natürlich will ich gewinnen! Wir sind nun mal Sportler hier!", sagt Alonso zunächst noch in gewohnter Wettkämpfer-Manier. Angesprochen auf sein Alter und viele noch offene Karriereziele, gewährt der 33-Jährige jedoch plötzlich einen interessanten Einblick in sein Denken. "Ja, ein wenig schaue ich nach anderen Dingen. Ich war so glücklich und habe Meisterschaften und viele Grands Prix gewonnen. Aber jetzt fühle ich mich einfach zufriedener und stolzer mit meinem Job, mit meinem Team zu arbeiten und das zu tun, was wir tun, als Trophäen zu gewinnen. Zwei oder drei Rennen zu gewinnen oder gar die Weltmeisterschaft ist nicht alles. Wenn du etwas reifer bist, setzt du andere Prioritäten", beschreibt Alonso.

Alonso packt mit an., Foto: Sutton
Alonso packt mit an., Foto: Sutton

Alonso spricht über F1-Abschied

Als Fahrer habe er sein höchstes Niveau ohnehin bereits erreicht, als er bei Ferrari in der vergangenen Saison mit Kimi Räikkönen einen anderen Weltmeister klar geschlagen habe. Nachdem Alonso schließlich auch noch ein Karriereende bei McLaren andeutet, ein Engagement als Team-Manager nach seiner aktiven Laufbahn ausschließt, von sich schließenden Kreisen, tollen Erfahrungen, Freundschaften und Erinnerungen spricht und Phrasen wie "dann ist es genug" sowie "ein Lebensabschnitt geht zu ende" fallen, könnte man fast schon meinen, an den Gerüchten der vergangenen Wochen, Alonso schließe eher heute als morgen das Kapitel Formel 1 ab, sei etwas dran.

Doch so ganz kauft all das dem Doppelweltmeister wohl kaum jemand ab. Ganz erloschen kann der Sieghunger einfach nicht sein. Dazu lässt Alonso viel zu oft beiläufig sein wahres Ziel einfließen, wenn es um die Fortschritte seines Teams mit dem MP4-30 geht. Zwar gebe es keinen konkreten Grand Prix oder Termin, wann McLaren konkurrenzfähig sein wolle, doch es werde geschehen.

"Es ist ein Lernprozess. Aber die Schritte, die wir nach vorne machen, sind recht positiv. Die Richtung, die wir eingeschlagen haben, ist definitiv die richtige. Das ist wichtig, denn manchmal kannst du dich verlieren, wenn du so weit hinten dran bist. Aber wir haben uns nicht verloren. Es ist nur eine Frage der Zeit bis wir wettbewerbsfähig sind. Hoffentlich sind wir schon bald in der Führungsposition", sagt Alonso - und klingt auch wieder wie Alonso.

In China will McLaren endlich beide Autos im Ziel sehen, Foto: Sutton
In China will McLaren endlich beide Autos im Ziel sehen, Foto: Sutton

China GP muss viele Antworten geben

In China allerdings sei es noch längst nicht soweit. "Ich habe noch kein Bild davon, wie das Wochenende im Hinblick auf die Performance wird. Aber es gibt wieder viele Dinge, die wir lernen können. Viele Dinge, die wir über die Charakteristik des Autos, die Setup-Änderungen und die Zuverlässigkeit verstehen müssen. Denn in Malaysia mussten wir beide Autos abstellen und hier haben wir jetzt ein paar Veränderungen am Auto, um dieses Problem in den Griff zu bekommen. Es gilt an diesem Wochenende viele Fragen zu beantworten. Wenn wir das Rennen beenden können und ein bisschen Performance finden, sind das gute Nachrichten. Das ist das Hauptziel.", sagt Alonso.

Auch in Sachen Performance gebe es viele verbesserungswürdige Dinge: "Die Power Unit, die Aerodynamik, die Mechanik. Jede Runde lernen wir dazu. Die Setup-Änderungen in Malaysia haben uns schon in eine andere Position und Richtung gebracht, als wir erwartet haben. Das Auto fühlt sich gut an, ist einfacher zu fahren und gut balanciert. Aber wir müssen es verbessern, wir müssen es schneller machen und an der Downforce insgesamt arbeiten. Da gibt es vieles zu verbessern. Aber die Hauptcharakteristik des Autos ist gut. Die Basis ist die richtige, um jetzt gute Fortschritte zu machen", sagt Alonso voller Hoffnung auf einen Aufschwung bei den Chrompfeilen.

Alonso: Im November will ich siegen!

Am besten noch in diesem Jahr bis ganz an die Spitze. Gerade das würde dem Andalusier nach seinem Abschied von Ferrari und den jüngsten Erfolgen der Scuderia große Befriedigung schenken. "Es gab Jahre, da haben wir mit Ferrari auch gut angefangen. Zum Beispiel als wir hier 2013 gewonnen haben. Aber es zählt im November. Und da haben wir nie gewonnen. Aber ich will im November gewinnen. Dieses Jahr. Es ist herausfordernd hier, aber es macht mich glücklich und erfüllt mich. Bei Ferrari war das am Ende nicht mehr ganz der Fall", sagt Alonso.

"Ich bin in fünf Jahren bei Ferrari dreimal Zweiter geworden. Ich will kein viertes Mal Zweiter werden. Also: Wenn sie die Meisterschaft am Ende des Jahres gewinnen, ändere ich vielleicht meine Meinung. Aber wenn sie Zweiter oder Dritter werden, werde ich glücklich mit meiner Entscheidung sein", schließt Alonso.