Sebastian Vettels Ferrari-Bilanz kann sich sehen lassen: Ein dritter Platz, ein Sieg. Das hätten wohl noch nicht einmal die optimistischsten Tifosi unter der toskanischen Sonne erwartet. Sebastian Vettels Freude nach seinem ersten Ferrari-Sieg war grenzenlos. Man hatte das Gefühl, Vettel hätte sich mehr über diesen einen Sieg hier gefreut, als über eine seiner vier Weltmeisterschaften.

Der Red-Bull-Dauerweltmeister freute sich dermaßen über seinen Sieg, dass er dem Sport wieder eine Facette zurückgab, die man in der Formel 1 lange vermisste. Als Vettel auf die Zielgerade einbog und Schlangenlinie fuhr, als er unter dem Helm schrie, als er mit der Ferrari-Fahne im Parc-fermé wedelte - das waren echte Emotionen. Emotionen, wie man sie lange nicht mehr gesehen hat.

Wahre Emotionen: Sebastian Vettel findet am Pferd mehr Gefallen als am Bullen, Foto: Sutton
Wahre Emotionen: Sebastian Vettel findet am Pferd mehr Gefallen als am Bullen, Foto: Sutton

Fair and square gewonnen

Aber nicht nur für Vettel ist der Sieg so besonders, auch für die Formel 1. Die Königsklasse sorgt seit Monaten für mehr negative Schlagzeilen, als für positive. Obwohl es sich Lewis Hamilton und Nico Rosberg im letzten Jahr richtig gaben, wurde stets Langeweile bemängelt. Außer einem Mercedes konnte ohnehin niemand gewinnen.

Die drei Ricciardo-Siege im letzten Jahr waren keine Red-Bull-Siege, sondern Mercedes-Niederlagen. Bei Vettels Sieg ist das anders. Vettel hat Mercedes 'fair and square' auf der Rennstrecke geschlagen. Es gab keine besonders unglücklichen Safety-Car-Phasen oder Regenschauer im falschen Moment, Ferrari war einfach schneller. Damit gelang es Ferrari als erstem Team, Mercedes unter dem neuen Reglement unter normalen Umständen zu schlagen.

Die Parallelen zu Schumacher werden immer offensichtlicher, Foto: Sutton
Die Parallelen zu Schumacher werden immer offensichtlicher, Foto: Sutton

Und das ist das Verwunderliche an der Geschichte. Dass Ferrari vielleicht ein, zwei Rennen in dieser Saison gewinnen würde, war durchaus realistisch. Irgendwann würde Mercedes schon patzen, dann müsste Ferrari nur zur Stelle sein. Doch weit gefehlt. Ob Ferrari eine derartige Form aufrechterhalten kann, sei dahingestellt. Aber man kann jetzt guten Gewissens bei normalem Rennverlauf von einem Spannungselement Ferrari sprechen.

Ferrari gehörte im vergangenen Jahr zu den größten Kritikern der neuen Regeln. Allen war klar, dass Ferrari nur kritisiert, weil es erfolglos ist. Ferrari hat mit dem Erfolg Gefallen am Turbo-Hybrid gefunden. Für die Formel 1 ist das gut. Eine - wohlgemerkt sehr gewichtige - negative Stimme weniger. Red Bull steht nur alleine auf weiter Flur.

Für die deutschen Fans ist ein erfolgreicher Vettel im Ferrari natürlich etwas ganz Besonderes. Auch wer Vettel bislang nicht mochte, der musste heute wohl spätestens beim Ablauf der Nationalhymnen an einen anderen Deutschen denken, der gemeinsam mit der Mythosmarke 72 Grands Prix gewann. Umso trauriger, dass es in diesem Jahr keinen Deutschland GP gibt... Aber für die italienischen Fans ist es genauso schön, dass die Durststrecke von 686 sieglosen Ferrari-Tagen endlich zu Ende gegangen ist. Und einen Italien GP gibt es ja (noch).