Der deutsche Fahrer im roten Rennoverall euphorisch jubelnd ganz oben auf dem Podium. Als Sebastian Vettel beim Großen Preis von Malaysia seinen ersten Sieg für Ferrari feierte, kamen unweigerlich Erinnerungen an Michael Schumachers große Zeiten bei der Scuderia auf. Schnell war der Vergleich gezogen: Während der Rekordweltmeister der Formel 1 sieben Rennen bis zum ersten Sieg mit Ferrari benötigte, gelang Vettel das Kunststück schon im zweiten Anlauf.

Schumacher triumphierte im Jahr 1996, seinem ersten bei Ferrari, beim Spanien Grand Prix in Barcelona, als er im Regen und trotz technischer Probleme überlegen gewann. Den direkten Vergleich wollte Vettel aber nicht gelten lassen. "Ich denke, dass sein Auto 1996 nicht so gut war wie unseres in diesem Jahr", sagte der Heppenheimer. Schumacher beendete seine Debütsaison bei Ferrari mit insgesamt drei Siegen auf dem dritten Platz. Die Scuderia setzte in diesem Jahr erstmals seit langer Zeit auf einen Zehnzylinder-Motor, quälte sich aber mit zahlreichen technischen Schwierigkeiten durch die Saison.

Spanien GP 1996: Schumachers erster Sieg für Ferrari, Foto: Sutton
Spanien GP 1996: Schumachers erster Sieg für Ferrari, Foto: Sutton

Eigene Spuren hinterlassen

Nach anfänglichen Problemen startete dann doch die Ära Schumacher mit zahllosen Erfolgen. Eine Zeit, an die auch Vettel nur zu gern anknüpfen würde in Maranello. "Ich denke, wenn wir irgendwo in die Nähe - und da spreche ich für das ganze Team und beide Fahrer - der Siege kommen würden, die er mit Ferrari hatte, wären wir in einer sehr, sehr guten Position", sagte Vettel. "Es sind sehr große Fußstapfen. Das Ziel ist aber nicht, diese auszufüllen. Im Idealfall ist das Ziel, eigene zu hinterlassen."

Ob Monza 2008 oder China 2009 - für Vettel bedeuteten die ersten Rennsiege für Toro Rosso beziehungsweise Red Bull stets etwas Besonderes. Nach dem Ferrari-Triumph in Sepang war er jedoch unschlüssig, ob dieser Sieg nicht noch etwas spezieller gewesen sein könnte.

Malaysia GP 2015: Vettels erster Sieg für Ferrari, Foto: Sutton
Malaysia GP 2015: Vettels erster Sieg für Ferrari, Foto: Sutton

Ein ganz spezieller Sieg

"Vielleicht war es noch ein klein wenig besser, weil es dieses gewisse Extra hatte", dachte Vettel laut nach. "Ich weiß es nicht. Das war mein Traum. Als ich aufwuchs, war Michael für mich und uns alle ein Held. Damit spreche ich für alle Kartfahrer-Kinder in Deutschland. Wir haben zu ihm aufgesehen und als er jährlich vorbeischaute, um nach uns zu sehen, war das die Welt für uns."

Vettel weiter über seinen ersten Ferrari-Sieg: "Deshalb denke ich, dass heute... Ich verstehe wahrscheinlich noch nicht, wie speziell das ist. Sehr, sehr emotional, die Jungs da draußen zu sehen. Bei der Fahrerparade saugte ich alles auf, genoss die Fans hier in Malaysia und ja, natürlich sind mir zum ersten Mal all die Ferrari-Flaggen aufgefallen."

Vettel vs. Schumacher: Der Vergleich

1. Gemeinsamkeit: Ehrgeiz & Perfektion

SuperSeb will in Schumis Fußstapfen treten, Foto: Sutton
SuperSeb will in Schumis Fußstapfen treten, Foto: Sutton

"Ich habe ihm wiederholt gesagt, es ist wichtiger, dass wir so lange wie möglich fahren und nicht so schnell wie möglich", erinnert sich Guillaume Rocquelin an einen vergangenen US GP zurück. Was machte Vettel? Er unterbot in der nächsten Runde seine vorherige Bestzeit. Die schnellste Rennrunde zu fahren, gibt dem Deutschen genauso einen Kick, wie den Sieg zu holen.

Den Ehrgeiz, den Willen sich zu verbessern und das Durchsetzungsvermögen gegenüber der Konkurrenz und dem Teamkollegen hat er mit seinem Kindheitsidol Schumacher gemein. "Schon als junger Kerl hat sich Sebastian systematisch und umfassend vorbereitet. Ich habe von ihm handgeschriebene Rennberichte gesehen, auf so eine Idee wäre kein anderer gekommen", erzählt Dr. Mario Theissen im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com.

Sowohl Vettel als auch Schumacher streben in- und außerhalb des Autos nach Perfektion. "Beide wissen, wie man das Team motiviert und es mit Ergebnissen immer wieder davon überzeugt, dass man sie in die richtige Richtung zieht", sagt Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner.

2. Unterschied: Persönlichkeit

Schumacher & Vettel: Zwei unterschiedliche Persönlichkeiten, Foto: Sutton
Schumacher & Vettel: Zwei unterschiedliche Persönlichkeiten, Foto: Sutton

Der Vettel-Finger regierte die vergangenen vier Jahre die Formel 1. Spontan zeigt er auch schon mal den Fotografen den "bösen Finger", zumeist aus Spaß. Vettel ist für seine Späße und flapsigen Sprüche bekannt. So verpasst er schon mal Kimi Räikkönen auf dem Podest Hasenohren oder wählt Nico Rosberg zur "schönsten Frau" im Fahrerlager (2010).

"Sebastian ist gegenüber den Medien offenherziger. Er macht sich auch über sich selbst lustig, in einer Weise wie es Micheal nie gemacht hätte", sagt David Coulthard. In ihrer Persönlichkeit und ihren Auftritten gegenüber den Medien und der Öffentlichkeit pflegen Vettel und Schumacher unterschiedliche Stile.

"Schumacher gab sich kryptisch, wenn es darum ging, Vorfälle wie in der Rascasse-Kurve zu erläutern. Er war nicht wirklich einsichtig, ob der Tatsache, dass er versucht hat, Villeneuve von der Strecke zu fahren", erklärt Danner. "Vettel ist komplett anders, er versteckt sich nicht. Er gibt es zu, wenn er etwas gemacht hat, was nicht astrein war wie sein Überholmanöver in Malaysia."

3. Grauzone: Gerissenheit

Schumacher wusste auch, wie man Grauzonen ausnutzen konnte, Foto: Sutton
Schumacher wusste auch, wie man Grauzonen ausnutzen konnte, Foto: Sutton

Eiskalt ging er an seinem Teamkollegen in Malaysia vorbei, obwohl die Order des Teams anders lautete, um danach zu verkünden, dass er jederzeit wieder so gehandelt hätte. Trotzdem findet Johnny Herbert nicht, dass Vettel in punkto Gerissenheit und Arglist Schumacher das Wasser reichen kann. "Ich glaube nicht, dass wir Sebastian jemals auf der Strecke parken sehen werden, wie es Michael in Monaco gemacht hat oder wie er in jemanden absichtlich reinfährt", so Herbert.

Für Coulthard versteht es Vettel eher, die Grauzone zwischen sportlichem und unsportlichem Verhalten auszuloten. "Michael wurde wegen eines Kontakts mit Villeneuve von der Weltmeisterschaft ausgeschlossen. In Monaco wurde er einmal wegen Blockierens ans Ende des Feldes versetzt. Es ist nicht meine eigene Meinung, dass er sportlich nicht immer fair war, sondern eine Entscheidung der Rennleitung", betont der Schotte. Sollte sich Vettel in seiner weiteren Karriere treu bleiben, dann wäre er laut Coulthard ein wirklich großartiger Sportsmann.

4. Gemeinsamkeit: Racer

Vettel weiß, wie man Rennen gewinnt, Foto: Sutton
Vettel weiß, wie man Rennen gewinnt, Foto: Sutton

Qualifying, Starts, Rennintelligenz - Vettel und Schumacher zeigen der Konkurrenz in allen Aspekten des Racings, wo der Hammer hängt. "Sebastian ist in den Jahren ein kompletter Fahrer geworden - das war bei Michael genauso. Das ist der Grund, warum sie beide so viele Rennen und Titel gewonnen haben", meint Brundle.

Für Coulthard sind beide Piloten "Sieger-Maschinen", wobei Vettels Racer-Talent bei Herbert etwas höher im Kurs steht: "Sebastian hat einen etwas weicheren Fahrstil, Michael war am Lenkrad immer sehr aggressiv, besonders beim Einlenken in die Kurve." Bei der Kontrolle des Gaspedals haben beide einen ähnlichen Stil.

Vettel vs. Schumacher: Die Zahlen

Sebastian Vettel
Erster GP: 19 Jahre, 350 Tage - insgesamt: 141
Erste Pole: 21 Jahre, 72 Tage - insgesamt: 45
Erster Sieg: 21 Jahre, 73 Tage - insgesamt: 40
Erster Titel: 23 Jahre, 134 Tage - insgesamt: 4
Vierter Titel: 26 Jahre, 116 Tage

Michael Schumacher
Erster GP: 22 Jahre, 234 Tage - insgesamt: 308
Erste Pole: 25 Jahre, 121 Tage - insgesamt: 68
Erster Sieg: 23 Jahre, 240 Tage - insgesamt: 91
Erster Titel: 25 Jahre, 315 Tage - insgesamt: 7
Vierter Titel: 32 Jahre, 228 Tage