Was so ein bisschen Regen nicht alles bewirken kann. Wie vorhergesagt öffnete der Himmel über Sepang während des Qualifyings seine Schleusen und sorgte dafür, dass es nicht zur programmierten ersten Startreihe für Mercedes kam, sondern sich Sebastian Vettel zwischen die beiden Silberpfeile schob. Der Spannung im Rennen ist diese Konstellation natürlich äußerst zuträglich. Motorsport-Magazin.com nimmt die Favoriten des zweiten Saisonlaufs in Malaysia unter die Lupe.

Ferrari mit starken Longruns

Zweites Qualifying, zweite Pole. Lewis Hamilton ließ sich im Zeittraining weder von Wind und Wetter noch von Scharmützeln mit seinem Teamkollegen beirren, und stellte seinen Silberpfeil in Sepang auf Platz eins. Ein guter Start sowie nicht allzu viel Pech mit den äußeren Bedingungen vorausgesetzt und Hamilton wird kaum zu schlagen sein, da er sowohl über das Material als auch das fahrerische Können verfügt, um die Spitze zu behaupten. Zudem könnte Sebastian Vettel als Blockade gegen Nico Rosberg fungieren und Hamilton früh im Rennen einen wertvollen Vorsprung bescheren.

Die Top-3 des Qualifying, Foto: Mercedes-Benz
Die Top-3 des Qualifying, Foto: Mercedes-Benz

Vettel ist fraglos der Hecht im silbernen Karpfenteich. Was sich am Freitag in den Trainings bereits angedeutet hatte, setzte sich im Qualifying nahtlos fort: Ferrari ist richtig schnell! Der Heppenheimer nutzte die Gunst der verregneten Stunde und schob sich zwischen Hamilton und Rosberg, was im Lager der Roten für Begeisterungsstürme sorgte. "Für Sebastian ist das Podium das absolute Minimum", posaunte Sportdirektor Massimo Rivola freudentrunken heraus.

Doch die Frage aller Fragen lautet: Kann Ferrari im Rennen tatsächlich mit Mercedes mithalten? Die Longruns am Freitag schließen dies zumindest nicht kategorisch aus, denn Teamkollege Kimi Räikkönen, der sich mit Startplatz elf wohl aller Chancen beraubte, bewegte sich mit vollen Tanks auf demselben Niveau wie Hamilton und Rosberg, wenngleich Mercedes im Ernstfall vermutlich mehr als die Scuderia zulegen kann.

"Ich denke, wir können das Rennen gewinnen", strotzt Vettel nur so vor Selbstvertrauen, obwohl auch ihm bewusst ist, dass er nicht der Topfavorit ist. "Wir müssen realistisch bleiben. Mercedes hatte Vorsprung und der ist nicht plötzlich verschwunden", hielt der Heppenheimer fest. "Aber es wäre schön, ihnen eine harte Zeit zu bereiten, es war ein bisschen zu entspannt für sie in den vergangenen Monaten."

Während Hamilton und Vettel nach dem Qualifying zufrieden waren, zog Rosberg passend zu den äußeren Bedingungen ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter. Einmal mehr musste sich der Deutsche im Mercedes-internen Duell geschlagen geben, wie schon in Melbourne behielt Hamilton die Oberhand. "Ich bin einfach nicht gut genug gefahren", war der Vizeweltmeister sichtlich zerknirscht.

Rosberg will Vettel am Start schnappen

Aufgegeben hat Rosberg aber freilich noch nicht, zumindest Vettel will er schnappen - und das möglichst früh im Rennen. "Man muss versuchen, direkt vorbeizukommen", betonte der Mercedes-Pilot auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com. Rosbergs Reifenwahl, die nach dem verregneten Qualifying frei ist, wird aller Voraussicht nach auf die Medium-Pneus fallen, um von der sauberen Seite einen besseren Start als Vettel hinzulegen und ihn noch vor Kurve eins zu überholen. "Der Start wird wichtig und ich schaue, dass ich es da hinbekomme. Meine Starts machen mich zuversichtlich", ist sich Rosberg bewusst, dass bereits die ersten Meter von immenser Bedeutung sind.

Rosberg kam im Regen nicht zurecht, Foto: Sutton
Rosberg kam im Regen nicht zurecht, Foto: Sutton

Aber auch seinen Stallgefährten sieht der Wiesbadener noch nicht gänzlich enteilt und will versuchen, Hamilton über die Strategie beizukommen. "Auf den Longruns sind wir auf jeden Fall die Schnellsten", sieht Rosberg Mercedes nach wie vor gut aufgestellt. "Strategiemäßig ist auch viel drin. Wenn ich den Rennspeed habe, den ich haben werde, dann kann man damit viel machen - auch gegen Lewis. Und das muss ich auch, weil wie in Melbourne hinten dranhängen bringt ja nichts."

Kamen die meisten Piloten in Melbourne noch mit einem Stopp über die Runden, wird es im Glutofen Sepang wesentlich mehr Arbeit für die Boxencrews geben. "Im letzten Jahr waren es drei Stopps. Ich denke, diesmal wird es eng zwischen zwei und drei", weiß auch Hamilton noch nicht genau, für welche Strategie sich Mercedes schlussendlich entscheiden wird. "Es kommt darauf an, wie wir unsere Reifen nutzen."

Red Bull gegen Williams

Hinter Rot und Silber avancierte Red Bull im Qualifying zur dritten Kraft. Daniel Ricciardo und Daniil Kvyat starten von den Plätzen vier und fünf und wären wohl zur Stelle, wenn es etwas zu erben gibt. "Die zweite Reihe ist eine gute Startposition und wir sollten morgen hoffentlich ein paar gute Kämpfe haben", geht Ricciardo zuversichtlich in den zweiten Saisonlauf. "Wir sind hinter Mercedes und Ferrari, aber vor Williams."

Williams enttäuscht bislang, Foto: Sutton
Williams enttäuscht bislang, Foto: Sutton

Stichwort Williams: Das britische Traditionsteam erlebte bislang ein überaus enttäuschendes Rennwochenende, wovon die Startplätze sieben und acht für Felipe Massa und Valtteri Bottas zeugen. Williams verlor im Qualifying mehr als zweieinhalb Sekunden auf die Spitze, wofür ein ausbaufähiges Reifenmanagement verantwortlich gemacht wurde. Allerdings waren nicht nur die Zeiten im Nassen schwach, auch am Freitag wusste der FW37 keineswegs zu überzeugen, weder mit vollen noch mit leeren Tanks.

Das vorrangige Ziel der Williams-Mannschaft dürfte demnach darin bestehen, Red Bull abzufangen, denn der Sprung auf das Podium scheint unter regulären Bedingungen ausgeschlossen. Mut, dass dieses Vorhaben gelingt, macht ein Blick auf die Top-Speed-Werte. Im trockenen dritten Training brachten es Bottas und Massa auf 320 beziehungsweise 318 km/h, wohingegen Ricciardo und Kvyat rund 10 km/h langsamer waren. Ein nicht zu verachtender Vorteil auf den beiden langen Geraden des Sepang International Ciruit.

Regen oder Sonnenschein?

Die mit Abstand größte Unbekannte stellt in Malaysia traditionsgemäß das Wetter dar. Regen und Sonnenschein können in Sepang binnen Minuten wechseln, wie nicht zuletzt das Qualifying zeigte. Während Hamilton wohl nichts gegen ein langweiliges Trockenrennen einzuwenden hätte, wird der eine oder andere Verfolger vor dem Rennstart womöglich einen Regentanz vollführen, um den Himmel dazu zu bewegen, seine Schleusen zu öffnen.

Dunkle Wolken über Sepang, Foto: Sutton
Dunkle Wolken über Sepang, Foto: Sutton

Das Risiko eines Ausrutschers auf nasser Piste ist naturgemäß deutlich größer, als wenn der Asphalt trocken ist. Was die reine Performance betrifft, sollte Mercedes aber unter allen Bedingungen die Nase vorne haben. Dessen ist sich auch Vettel bewusst, der auf einen Monsunschauer offenbar gar nicht so erpicht ist. "Der Regen kann für, aber auch gegen dich spielen", weiß der Heppenheimer nicht so recht, welches Sonntagswetter er sich wünschen soll.