Der Trainingsfreitag in Malaysia bot das übliche Bild, denn in beiden Sessions behielt Mercedes die Oberhand. Die Konkurrenz liegt jedoch nicht mehr so weit hinter den Silberpfeilen zurück, wie noch vor zwei Wochen in Australien. Vor allem Ferrari hinterließ auf dem Sepang International Circuit in Person von Kimi Räikkönen mit nur drei Zehntel Rüclstand einen starken Eindruck und scheint im Qualifying in der Lage, Mercedes mehr als noch beim Saisonauftakt fordern zu können. Doch wie sieht es mit der Rennperformance aus? Motorsport-Magazin.com nimmt die Longruns genau unter die Lupe.

Räikkönen hält mit den Silberpfeilen mit

Ferrari macht in Sepang eine gute Figur, Foto: Sutton
Ferrari macht in Sepang eine gute Figur, Foto: Sutton

Pirelli bringt die beiden härtesten im Sortiment vertretenen Reifenmischungen nach Malaysia und trägt damit den extrem hohen Streckentemperaturen Rechnung, die bis zu 60 Grad erreichen können. Setzten die meisten Teams in Australien noch auf einen Stopp, werden die Boxen in Sepang mindestens zwei Mal angelaufen werden, viele rechnen sogar mit drei Stopps. Vorausgesetzt, es kommt zu einem Trockenrennen, was beileibe nicht sicher ist.

Zwischen den harten und Medium-Reifen liegt laut Pirelli ein Zeitunterschied von rund einer Sekunde. Gut war im Training zu beobachten, wie die Medium-Pneus sukzessive abbauten, die Piloten Grip verloren und die Rundenzeiten dementsprechend anstiegen. Max Verstappen spulte einen Longrun von 14 Runden ab und büßte über diese Distanz mehr als fünf Sekunden ein. Ähnlich eklatant stellte sich der Verschleiß bei Williams-Pilot Felipe Massa dar, während es Mercedes und Ferrari besser gelang, das schwarze Gold zu managen.

Aber nicht nur Kimi Räikkönens verhältnismäßig geringer Verschleiß war auffällig, sondern gleiches gilt für die konstanten Zeiten im Bereich von 1:44 bis 1:45 Minuten, die der Finne in den heißen Asphalt brannte. Der Ferrari-Pilot bewegte sich damit auf demselben Niveau wie Lewis Hamilton und Nico Rosberg und war deutlich schneller als Massa. Jedoch darf nicht vergessen werden, dass Ferrari im Vorjahr am Freitag oftmals mit wenig Sprit fuhr, um die Leistungen zu beschönigen, während Mercedes im Normfall in der Lage ist, im Rennen mehr als alle anderen Teams zuzulegen.

Dennoch war Räikkönens Neun-Runden-Stint auf den Mediums durchaus beeindruckend, was auch der Konkurrenz nicht verborgen blieb. "Die Ferraris sehen wirklich großartig aus. Es ist überraschend, wie gut ihre Zeiten sind", staunte Hamilton nicht schlecht. Und auch Rosberg meinte: "Es sieht so aus als wäre Ferrari wieder ziemlich knapp dran. Wir müssen sie im Auge behalten."

Harte Reifen die erste Wahl?

Die Reifen leiden unter der Hitze, Foto: Sutton
Die Reifen leiden unter der Hitze, Foto: Sutton

In Anbetracht des Abbaus der Medium-Reifen wird der harten Mischung am Sonntag eine entscheidende Rolle zukommen. Allerdings absolvierten nur wenige Piloten mit dem orange markierten Reifen Longruns, weshalb es schwierig ist, Vergleiche zu ziehen. Den längsten Stint fuhr mit 13 Runden Sebastian Vettel - wenn auch nicht ganz freiwillig. "Ich musste auf den harten Reifen raus, weil ich die weichen kaputtgefahren hatte", verriet er nach seinem Dreher.

Von der ersten bis zur letzten Runde des Longruns verlor der Ferrari-Pilot nur sechs Zehntel, was zum Teil mit seinen immer wieder eingestreuten langsameren Umläufen erklärt werden kann, wodurch er das Material schonte. Trotzdem deutet viel darauf hin, dass der harte Reifen im Rennen die erste Wahl sein wird, zumal er nicht viel langsamer als der Medium-Pneu zu sein scheint, wie der Vergleich zwischen Vettel und Räikkönen zeigt.

Da sich Mercedes am Freitag in erster Linie auf die Mediums konzentrierte, kann nur vermutet werden, was die Silberpfeile mit der härteren Mischung zu leisten im Stande sind. Dementsprechend vorsichtig äußerte sich Vettel hinsichtlich seiner Chancen im Rennen. "Schwer zu sagen, ob die Lücke kleiner ist als in Australien. Die Mercedes' waren heute nicht so ganz im Rhythmus", mutmaßte er. "Aber wir können einigermaßen zufrieden sein, heute sah es ganz gut aus."

Zufrieden zeigte sich auch Ferrari-Technikchef James Allison. "Beim Reifenverschleiß sehen wir ziemlich gut aus und es sieht auch aus, als ob unsere Pace recht gut ist", betonte der Brite. "Aber jeder nutzt den Freitag unterschiedlich. Man weiß also nie, was die anderen machen. Aber wir haben das Gefühl, dass es ein guter Tag war."

Was kann Red Bull?, Foto: Sutton
Was kann Red Bull?, Foto: Sutton

Ohnehin glaubt Allison nicht, dass Ferraris Rückstand auf Mercedes tatsächlich so groß ist, wie er sich in Melbourne darstellte. "Wir hätten im Qualifying ein bisschen vor Williams stehen und dann 15 bis 20 Sekunden mehr finden sollen", hielt er rückblickend fest. Schlussendlich fehlten Vettel in Australien 34 Sekunden auf Rennsieger Hamilton.

Die großen Unbekannten sind Red Bull und Lotus. Beide Teams spulten nicht zuletzt wegen technischer Probleme ein eingeschränktes Programm ab und lieferten daher zu wenige Daten, als dass eine seriöse Analyse der Longruns möglich wäre. Über eine Runde sahen die Zeiten allerdings durchaus vielversprechend aus. Daniil Kvyat verlor im zweiten Training nur eine halbe Sekunde auf die Bestzeit, während Romain Grosjean am Vormittag Vierter war.

Fazit

Hat Ferrari nicht extrem geblufft, ist die Scuderia in Malaysia der erste Mercedes-Verfolger, mehr vermutlich aber auch nicht. Obwohl die Longruns von Vettel und Räikkönen stark aussahen, sollten die Silberpfeile im Rennen weiterhin einen nicht zu verachtenden Vorsprung haben und über Reserven verfügen, von denen im Ernstfall Gebrauch gemacht werden kann. Anders als Ferrari wusste Williams bislang nicht zu überzeugen und könnte in die Verlegenheit geraten, mit Red Bull und Lotus kämpfen zu müssen, sofern sich der Renault-Motor als standfest erweist. All diese Überlegungen könnten allerdings vom Wetter über den Haufen geworfen werden, denn für Sonntag ist Regen vorausgesagt.