Fahrer-Chaos, Gerichtsverhandlungen, gar Androhung von Gefängnis - der Auftakt der Saison hätte für Sauber nicht schwieriger sein können. Doch was der Schweizer Rennstall im Rennen in Australien zeigte, war eine starke Reaktion. Nach der Absage von Valtteri Bottas gingen die beiden Piloten Felipe Nasr und Marcus Ericsson von den Positionen 10 und 15 ins Rennen. Am Ende holten beide Punkte.

Bereits kurz nach dem Start war Nasr nach vorne gekommen und hielt sich im weiteren Rennverlauf vor Daniel Ricciardo. Schlussendlich profitierte der Brasilianer auch vom Ausfall Kimi Räikkönens, der nach einer Panne beim Boxenstopp sein Auto abstellen musste. Damit war der Weg zu Platz fünf frei. Damit sorgte Nasr für das beste Ergebnis eines Brasilianers bei seinem Debüt.

"Ich bin sehr glücklich über den fünften Platz, und das in meinem ersten Formel-1-Rennen. Es ist eine große Erleichterung zu wissen, dass wir aus eigener Kraft in die Punkte fahren können", sagte ein zufriedener Nasr. "Es war kein einfaches Rennen, zumal mir direkt nach dem Start ein anderer Pilot ans Rad gefahren ist", spielte Nasr auf die Szenen am Start an, als es eine Berührung mit Kimi Räikkönen und Pastor Maldonado gab.

"Anfangs dachte ich, das Auto sei beschädigt, doch nach ein paar Runden fühlte sich alles normal an. Nach diesem Zwischenfall verlief das Rennen nach Plan", analysierte der Brasilianer. "Es war ein sehr emotionales Rennen, sowohl für mich als auch für das gesamte Team. Sie hatten so viele schwierige Momente letztes Jahr."

Felipe Nasr zeigte ein tolles Rennen, Foto: Sutton
Felipe Nasr zeigte ein tolles Rennen, Foto: Sutton

Für Nasr war es auch eine Genugutuung, schließlich galt er für viele als der klassische Paydriver. "Ich glaube, es ist eine gute Antwort, wenn man die Resultate auf der Strecke bringt", so Nasr. "Ich weiß nicht, woher diese ganze Geschichte kam. Ich hatte immer Leute, die in meine Karriere investiert haben. Meine Familie hatte das Geld nicht", erklärte er. Nasr stellte gleichzeitig auch eine Frage in den Raum. "Was ist der Unterschied, von Red Bull unterstützt zu werden oder von anderen Sponsoren um dich herum?"

Nasr sieht es als "verrückt" an, wenn Leute über dieses Thema reden. Am Ende des Rennens kamen die Emotionen hoch. "Es war ein einzigartiges Gefühl. Besser hätte ich es mir nicht vorstellen können. Ein Traum ist wahr geworden", erklärte der Brasilianer. "Es war so hart, in die Formel 1 zu kommen. Als ich dann die Ziellinie überquert hatte, war das eine große Erleichterung für mich."

Ericsson mit den ersten Karriere-Zählern

Ebenfalls überglücklich war Marcus Ericsson. Der Schwede holte mit Platz 8 sein bestes Karriere-Resultat und die ersten Punkte überhaupt in seiner Laufbahn. "Für alle Teammitglieder hier an der Strecke in Melbourne sowie in Hinwil ist das ein sehr schönes Ergebnis, zumal wir dieses Resultat schon beim ersten Rennwochenende der neuen Saison einfahren konnten", sagte Ericsson.

Der 24-Jährige wechselte insgesamt dreimal die Reifen - kein anderer Fahrer kam so oft an die Box. Giampaolo Dall'Ara erklärte die Strategie: "Marcus startete von etwas weiter hinten auf den Medium-Reifen, doch gelang es ihm, gleich in der ersten Runde Positionen gutzumachen. Dann entschieden wir, ihn während der Safety-Car-Phase an die Boxen zu holen und die weichen Reifen aufzuziehen", so der leitende Ingenieur an der Strecke.

"Das kostete ihn zwar einige Plätze, die er aber bald wieder gewinnen konnte. Dann mussten wir entscheiden, ob er auf diesem Reifensatz bis ins Ziel fahren sollte, oder ob er nochmals frische Reifen erhalten sollte. Wir entschieden uns für die zweite Option und forderten ihn auf, absolut am Limit zu fahren. Er machte einen ausgezeichneten Job und konnte noch Carlos Sainz Jr. überholen", führte Dall'Ara aus.

Trotz drei Boxenstopps fuhr Marcus Ericsson auf Platz 8, Foto: Sutton
Trotz drei Boxenstopps fuhr Marcus Ericsson auf Platz 8, Foto: Sutton

Ericsson sieht in der Leistung nur die Bestätigung der Performance während der Testfahrten. " Wir haben uns schon bei den Testfahrten kontinuierlich gesteigert, und konnten diese Performance hier in Melbourne bestätigen. Ich freue über die heutige Vorstellung insbesondere für das Team."

2014 holte Sauber nicht einen einzigen Punkt. Dementsprechend zufrieden zeigte sich Teamchefin Monisha Kaltenborn über die wahre Flut an Zählern. "Das war eine großartige Leistung des gesamten Teams. Wir haben bereits im Qualifying gesehen, dass wir konkurrenzfähig sind, aber dass wir aus eigener Kraft solche Positionen herausfahren konnten, kam dann doch etwas überraschend", freute sich Kaltenborn.

Besonders für die Mitarbeiter des Teams war das vergangene Jahr eine schwierige Zeit. An sie denkt die Österreicherin nun besonders. "Es ist eine Bestätigung und der Lohn für die harte Arbeit, die die Mannschaft unter teilweise doch recht widrigen Umständen geleistet hat. Das gilt für die Crew in Hinwil als auch jene an der Strecke. Es war eine herausragende Leistung. Darauf dürfen wir alle stolz sein."