Die Vorfreude der F1-Fans über den Saisonstart ist getrübt. Nicht Sebastian Vettels Debüt im Ferrari oder die Dominanz der Silberpfeile sorgen für die großen Schlagzeilen - nein, ein Skandal ist es, der momentan mehr Beachtung bekommt als die Geschehnisse auf der Rennstrecke. Giedo van der Garde möchte fahren, Sauber lässt ihn nicht. Und das, obwohl der Niederländer darauf pocht, einen gültigen Vertrag für ein Cockpit bei den Schweizern zu haben. Sauber hat somit drei Fahrer, die jeweils den Anspruch erheben, in einem der beiden Boliden an den Start zu gehen.

Ein Blick zurück in der langen Geschichte der Königsklasse bringt so einigen Schandfleck zum Vorschein. Giedo-Gate ist nicht der erste Skandal in 65 Jahren Formel 1. Motorsport-Magazin.com blickt zurück auf die unrühmlichsten Höhepunkte.

Fuel-Flow-Gate (2014)

Red-Bull-Racing Pilot Daniel Ricciardo fuhr beim Saisonauftakt in Australien auf den zweiten Platz, wenige Stunden nach Rennende wurde er disqualifiziert. Der Benzinfluss zu seiner Power-Unit hatte über weite Strecken die Maximalgrenze von 100 Kilogramm pro Stunde überschritten. Red Bull legte Berufung ein, doch die FIA beharrte auf dem Urteil. Der Ausschluss Ricciardos bleibt somit aufrecht.

Reifentest-Gate (2013)

Mercedes absolvierte für Pirelli in Barcelona während der laufenden Saison Testfahrten, was dem Reglement widersprach, da Boliden der aktuellen Generation zum Einsatz kamen. Red Bull und Ferrari legten Protest ein und der Fall wurde vor dem International Tribunal der FIA verhandelt. Die Jury entschied als Strafe Mercedes von den Young Driver Tests in Silverstone auszuschließen und erteilte zudem eine Verwarnung. Pirelli wurde ebenfalls verwarnt.

Mercedes: Illegaler Reifentest 2015, Foto: Sutton
Mercedes: Illegaler Reifentest 2015, Foto: Sutton

Teamorder-Gate (2010)

Ferrari teilte Felipe Massa beim Deutschland GP 2010 mit, dass Fernando Alonso schneller ist als er. Nach Wiederholungen dieser Botschaft machte der Brasilianer seinem Teamkollegen schließlich Platz und Alonso gewann das Rennen. Das Prekäre an der Sache: Teamorder war damals verboten. Die Stewards sahen in den Aussagen des Ferrari-Kommandostands eine versteckte Stallregie. Sie belegten das Team mit einer Strafe von 100.000 Dollar wegen eines Regelverstoßes und weil Ferrari dem Ansehen des Sports geschadet habe.

Crash-Gate (2009)

Am 28. September 2008 löste Nelson Piquet Junior auf dem Straßenkurs in Singapur eine Safety-Car-Phase aus. Teamkollege Fernando Alonso nutzte diese zu einem frühen Boxenstopp, der ihm letzten Endes von Startplatz 15 kommend den Sieg ermöglichte. Nach seiner Entlassung bei Renault mitten in der Saison 2009 offenbarte Piquet, dass er angehalten wurde, den Unfall zu verursachen, um seinem Teamkollegen zu helfen. Die FIA stellte daraufhin eine Untersuchung gegen Renault an. Das Team erhielt eine Disqualifikation, die für zwei Jahre auf Bewährung ausgesetzt war, als Strafe, Teamchef Flavio Briatore und Technikchef Pat Symmonds wurden aus der Königsklasse verbannt. Die Urteile gegen Briatore und Symmonds wurden zwar von einem französischen Gericht aufgehoben, beide versprachen jedoch, bis 2013 nicht mehr in der Formel 1 aktiv zu werden. Während Symmonds mittlerweile bei Williams tätig ist, hat Briatore von einer Rückkehr bislang abgesehen.

Renault: Piquet Jr. begünstigt 2008 mit absichtlichem Unfall Alonso-Rennsieg in Singapur, Foto: Sutton
Renault: Piquet Jr. begünstigt 2008 mit absichtlichem Unfall Alonso-Rennsieg in Singapur, Foto: Sutton

Lie-Gate (2009)

Lewis Hamilton hatte nach dem Australien GP zunächst Rang drei zugesprochen bekommen, da Jarno Trulli dafür bestraft wurde, ihn unerlaubterweise unter Safety-Car-Bedingungen überholt zu haben. Schließlich wurde jedoch Hamilton disqualifiziert, weil die Stewards der Meinung waren, er und Sportdirektor Dave Ryan hätten bei der Anhörung nach dem Grand Prix absichtlich irreführende Angaben gemacht. Der Wortwechsel via Teamfunk offenbarte, dass Hamilton Trulli bewusst vorbeiließ, nachdem er diesen nach einem Ausrutscher passiert hatte. Das Lügenmärchen kostete Dave Ryan den Job, Lewis Hamilton sechs WM-Punkte und seine bis dahin strahlend weiße Weste. Hamilton entschuldigte sich später in einem Vier-Augen-Gespräch bei Renndirektor Charlie Whiting und gestand, dass er kurzzeitig daran dachte, aus der Königsklasse auszusteigen.

Max-Gate (2008)

Die britische Boulevard-Zeitung News of the World veröffentlichte Bilder und Videoaufnahmen von FIA-Präsident Max Mosley beim Besuch eines Kelleretablissements. Die Empörung seitens der Öffentlichkeit und einiger Automobilhersteller war groß. Mosley blieb jedoch im Amt und gewann einen Rechtsstreit gegen besagte Zeitung. Außerdem brachte er die britischen Gesetze zum Schutz des Persönlichkeitsrechts vor den europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Dieser lehnte den Fall jedoch ab.

Spy-Gate I oder Stepney-Gate (2007):

Alles begann mit weißem Pulver, E-Mailwechseln und Dokumenten. Alles endete mit einem handfesten Skandal, dem Zerwürfnis von Fernando Alonso mit Ron Dennis und McLaren Mercedes sowie einer Rekordstrafe von 100 Millionen Dollar für die Silbernen samt der Aberkennung des Vizeweltmeistertitels der Konstrukteure. Was war passiert? Im Juli 2007 erklärte Ferrari, Nigel Stepney sei wegen Unregelmäßigkeiten in der Teamfabrik entlassen worden, und es gebe Ermittlungen gegen einen Ingenieur bei Konkurrent McLaren. Dieser stellte sich als Chefingenieur Mike Coughlan heraus, der Anfang der Saison von Stepney vertrauliche Dokumente erhalten haben soll. Weißes Pulver im Tank von Felipe Massas Boliden beim Monaco GP brachte die Ermittler dann auf die Spur der beiden Missetäter, bei Hausdurchsuchungen fanden sie belastendes Material.

McLaren und Ferrari 2007: Weißes Pulver im Tank und Werksspionage, Foto: Sutton
McLaren und Ferrari 2007: Weißes Pulver im Tank und Werksspionage, Foto: Sutton

Spy-Gate II (2007)

Der World Motor Sport Council befand Renault bereits im Jahr 2007 in Bruch des Artikels 151c des Internationalen Sporting Codes, sprach aber keine Strafe aus, da es keine Beweise gab, dass die Weltmeisterschaft beeinflusst wurde. Die zweite Spionagegeschichte jenes Jahres begann am 7. September, als Renault McLaren und die FIA darüber informierte, dass der ehemalige McLaren-Mitarbeiter und neue Mechanical Design Engineer von Renault, Philip Mackereth, bei seinem Arbeitsbeginn McLaren-Informationen mitgebracht hatte. Renault konnte die FIA jedoch davon überzeugen, dass diese Informationen nicht für den Bau des R27 verwendet wurden - etwas, dass McLaren im eigenen Spionagefall nicht gelang.

Button-Gate I & II (2004/2005)

Jenson Button unterschrieb im Sommer 2004 trotz gültigen Vertrags mit BAR bei Williams. Dabei stützen er und Manager John Byfield sich auf eine Klausel, nachdem der Brite das Team verlassen kann, falls Honda als Motorenlieferant abzuspringen droht. Die Causa endete vor dem Contract Recognition Board der Formel 1, das BAR Recht gab und Button dazu zwang, den Vertrag beim aktuellen Team zu erfüllen. Button trennte sich daraufhin von seinem Manager ebenso wie BAR von Teamchef David Richards. Die Moral von der Geschicht': Unterschreibe niemals zwei Verträge gleichzeitig. Button hielt sich jedoch nicht daran.

2005 versuchte er, aus einem Vorvertrag mit Williams herauszukommen, um doch weiter für BAR zu fahren. Da Frank Williams den Vorvertrag als bindend erachtete, musste Button kolportierte 18 Millionen Pfund auf den Tisch legen, um bei seinem aktuellen Team bleiben zu können. Letzten Endes zahlte sich der Vertrags-Hick-Hack im Jahr 2009 mit dem Weltmeistertitel bei Brawn GP (ehemals BAR/Honda) aus.

Indy-Gate (2005)

Michelin bringt die falschen Reifen zum US Grand Prix nach Indianapolis mit. Es kommt zu Reifenschäden. Am Ende starten nur lächerliche sechs Autos, jene auf Bridgestone-Reifen, in den Kleinen Preis der USA. Die Fans toben, die Welt lacht die F1 aus. Die Michelin-Teams werden vom FIA Weltrat schuldig gesprochen, die Entscheidung aber rückgängig gemacht.

Die Michelin-Teams treten nicht an, weil der Reifenlieferant die falschen Pneus mitgebracht hat, Foto: Sutton
Die Michelin-Teams treten nicht an, weil der Reifenlieferant die falschen Pneus mitgebracht hat, Foto: Sutton

Imola-Gate (2005)

Die beiden BAR werden stundenlang im Parc Fermé untersucht und erst am späten Abend für legal erklärt. Tags darauf legt die FIA Einspruch gegen die Entscheidung der eigenen Rennstewards ein, da der Tank des BAR007 nicht regelkonform gewesen sein soll. Das Team wurde disqualifiziert und für zwei Rennen gesperrt.

Tyregate (2003)

Die Laufflächen der Michelin-Pneus sollen in Ungarn nicht regelkonform gewesen sein. Obwohl den Franzosen niemals ein Regelverstoß nachgewiesen wird, müssen sie den folgenden Monza-Test damit verbringen, neue Pneus zu testen und kommen danach acht Rennen lang zu keinem Erfolg mehr.

Barge-Board-Gate (1999)

Ferrari feierte beim Malaysia-Grand-Prix in Sepang einen Doppelsieg, Eddie Irvine gewann vor Michael Schumacher. Mika Häkkinen wurde im McLaren Dritter. Direkt nach dem Rennen erklärte die FIA aber die seitlichen Windabweise am Ferrari für illegal und disqualifizierte Irvine und Schumacher. Mika Häkkinen war somit vorzeitig Weltmeister. Ferrari legte jedoch Berufung ein, Ross Brawn argumentierte vor Gericht mit Messtoleranzen und die FIA nahm die Disqualifikation zurück. Der Kampf um die WM war wieder offen.

Ferrari: Wegen angeblich illegaler Seitenabweiser zuerst disqualifziert, dann wieder freigesprochen, Foto: Sutton
Ferrari: Wegen angeblich illegaler Seitenabweiser zuerst disqualifziert, dann wieder freigesprochen, Foto: Sutton

Brake-Gate (1998)

Bei McLaren hatte man vor Saisonbeginn ein revolutionäres Bremssystem entwickelt, durch das die angetriebenen Hinterräder individuell abgebremst wurden. In Kurven wurde der Bremsdruck am inneren Rad erhöht, wodurch sich die Silberpfeile sauberer einlenken ließen. Die FIA erlaubte die Technik zunächst. Nach dem Saisonauftakt in Australien brachte jedoch Ferrari eine Klage ein. Plötzlich änderte die FIA ihre Meinung, sah in dem System eine unerlaubte Vierradlenkung und verbot es prompt. McLaren musste vor dem nächsten Rennen in Brasilien das System ausbauen.

Jerez-Gate (1997)

Michael Schumacher führte den Spanien GP in Jerez an, als der damals Führende in der Meisterschaft, Jacques Villeneuve, zum Überholen ansetzte. Es kam zur Kollision, an der Schumacher die Schuld zugesprochen wurde. Die FIA schloss ihn wegen unsportlichen Verhaltens aus der WM aus, wodurch Schumacher alle in dieser Saison erzielten Punkte und damit den Titel des Vize-Champions hinter Villeneuve verlor. Allerdings durfte er seine Erfolge weiterhin in der Karrierestatistik führen und auch die Zähler, die er für Ferrari sammelte, blieben unangetastet.