Darüber, dass die Formel 1 wieder attraktiver werden muss, um verlorenes Publikum - sowohl auf den Tribünen an den Rennstrecken als auch vor dem TV-Schirm - zurückgewinnen, sind sich alle Akteure der Königsklasse einig. Uneinigkeit besteht jedoch darüber, wann und in welcher Form die entsprechenden Regeländerungen vollzogen werden sollen.

Leere Tribünen in Hockenheim, Foto: Sutton
Leere Tribünen in Hockenheim, Foto: Sutton

Während Red Bull darauf drängt, den Schnitt schon 2016 anzusetzen, plädiert Mercedes laut einem Bericht der BBC für eine ausgiebigere Analyse, um auch tatsächlich die richtigen Schritte zu setzen.

Am Freitag stand ein Meeting der Technikchefs der Teams auf dem Programm, bei dem diskutiert wurde, mit welchen Maßnahmen die F1-Boliden optisch aufgepeppt werden sollen. Während es in einigen Bereichen über die Teamgrenzen hinweg Einigkeit gibt, konnte in manchen Punkten bislang kein Konsens gefunden werden.

Einigkeit herrscht über:

  • Die Wiedereinführung breiterer Autos. Die Breite der Chassis soll von aktuell 1.800 mm auf 2.000 mm angehoben werden. Dieses Maß kam letztmalig in der Saison 1997 zum Einsatz.
  • Breitere Hinterreifen
  • Die Anhebung der Motorenstärke von aktuell etwa 850 PS auf rund 1.000 PS.

Uneinigkeit herrscht über:

  • Den Zeitpunkt der Änderungen. Sollen sie 2016 oder 2017 vorgenommen werden?
  • Die Notwendigkeit genauerer Untersuchungen, um den richtigen Ansatz zu finden.

Breitere Autos: Die Vergangenheit als Vorbild, Foto: Sutton
Breitere Autos: Die Vergangenheit als Vorbild, Foto: Sutton

2016 oder 2017?

Red Bull wünscht sich eine Änderung von Reifen und Chassis bereits zur Saison 2016 - womöglich mit dem Hintergedanken, den eklatanten Rückstand auf Mercedes schneller wettmachen zu können. Dem Vernehmen nach gab es beim letzten Treffen der Strategy Group eine breite Zustimmung für diesen Termin, sowohl von der Mehrheit der Teams als auch von F1-Boss Bernie Ecclestone und FIA-Präsident Jean Todt.

In welche Richtung steuert die Formel 1?, Foto: Sutton
In welche Richtung steuert die Formel 1?, Foto: Sutton

Bei Mercedes sträubt man sich allerdings dagegen, dass die neuen Regeln bereits im nächsten Jahr in Kraft treten sollen. Im Lager des Weltmeisterteams vertritt man die Ansicht, dass tiefergehende Analysen notwendigen seien, um herauszufinden, welche Wünsche die Fans, die der Königsklasse zuletzt in Scharen den Rücken kehrten, wirklich haben. Ein Schnellschuss soll verhindert werden.

Außerdem geht in Stuttgart die Angst um, dass die Saison 2015 entwertet werden könnte, treten die neuen Regeln bereits 2016 in Kraft. Viele Teams würden sich dann vermutlich bereits früh auf den Bau eines neuen Autos konzentrieren, um unter dem neuen Regelwerk von Anfang an konkurrenzfähig zu sein, und ihre Ressourcen dementsprechend verschieben. Treten die neuen Regeln hingegen erst 2017 in Kraft, wäre die Vorbereitungszeit deutlich länger.

Während Red Bull und Mercedes diametral unterschiedliche Meinungen vertreten, sitzt Ferrari zwischen den Stühlen. Zwar befürwortet die Scuderia eine Reduzierung der Kosten und eine Verbesserung der Show, allerdings würde man es in Maranello akzeptieren, wenn die großen Änderungen erst 2017 in Kraft treten, wohingegen es 2016 lediglich kleine Regelanpassungen geben soll.

Mercedes und Red Bull sind sich uneinig, Foto: Sutton
Mercedes und Red Bull sind sich uneinig, Foto: Sutton

Baustelle Motor

Der größte Brocken sind zweifelsfrei die Motoren. Bernie Ecclestone ist bekanntlich kein Freund der neuen, ziemlich leisen 1,6-Liter-V6-Power Units, doch alle vier Motorenhersteller haben sich dafür ausgesprochen, den Weg mit den Hybrid-Turbos aufgrund der Bedeutung für das Straßenautogeschäft weiterzugehen.

Ferrari-Präsident Sergio Marchionne brachte jüngst einen neuen 1,9-Liter-V8-Turbo ins Spiel, der billiger als die aktuellen Power Units sei, nahm von diesen Überlegungen dann aber doch wieder Abstand, da eine Veränderung der Motorenarchitektur darauf hinauslaufen könnte, dass der Vorsprung von Mercedes dank der hervorragenden Entwicklungsabteilung in Brixworth noch weiter wächst.

Die Mercedes-Power-Unit ist das Maß der Dinge, Foto: Mercedes-Benz
Die Mercedes-Power-Unit ist das Maß der Dinge, Foto: Mercedes-Benz

Aus dem Mercedes-Lager war zu vernehmen, dass zusätzliche Pferdestärken durch eine Entfernung der maximal erlaubten Benzinflussmenge erreicht werden sollen, was bei Red Bull aus finanziellen Gründen jedoch auf wenig Gegenliebe stößt. "Es gibt keinen einfachen und billigen Weg, das unter dem aktuellen Reglement zu erreichen", warnte Renault-Geschäftsführer Cyril Abitebou. Vielmehr seien drastische Änderungen der Power Unit vonnöten, die naturgemäß ins Geld gehen würden.

Red Bulls Vorschlag zur Leistungssteigerung sieht vor, den Hybrid-Anteil des Motors einzufrieren und nur in bestimmten Bereichen wie den Zylinderköpfen und Ventilen Weiterentwicklung zu gestatten. Auch der Begriff Bi-Turbo wird von Christian Horner und Dr. Helmut Marko immer wieder genannt.

F1 Kommission am Zug

Angesichts der großen Differenzen bleibt abzuwarten, ob die Teams auf einen grünen Zweig kommen. Die nächste Gesprächsrunde ist für den 18. Februar anberaumt, dann tagt die F1 Kommission. Kommt es in diesem Gremium zu einem Konsens, wäre als nächste und letzte Instanz das World Motor Sport Council an der Reihe, um die Regeländerungen abzusegnen.