Top: Kugelsicheres Silberpfeil-Häschen

Der läuft und läuft und läuft... Ein Duracell-Häschen namens F1 W06 sorgte in Jerez für permanente Unterhaltung auf der Rennstrecke. Schon nach den ersten vier Testtagen des neuen Jahres scheint klar zu sein: Der neue Silberpfeil ist kugelsicher. Fünf Renndistanzen pro Tag als Maßstab mit Blick auf das neue Reglement und die Verringerung der zulässigen Power Units - Mercedes schoss sich in Jerez schon mal kräftig auf 2015 ein. Die Kilometer-Bilanz von Nico Rosberg und Lewis Hamilton beim ersten Test: überragende 2.285 Kilometer.

Die Marathon-Leistung seiner Männer verleitete selbst Toto Wolff zum Scherzen. "Ihr habt unser geheimes Projekt entdeckt: Le Mans", platzte es aus dem Mercedes-Motorsportchef heraus. Nach aktuellem Stand wäre dem W06 Hybrid sogar zuzutrauen, beim 24-Stunden-Klassiker ganz vorn mitzufahren... Wie schnell der Neue wirklich ist, ließ sich Mercedes noch nicht entlocken. Die extrem ausgelassene Stimmung im Silberpfeil-Lager sollte der Konkurrenz allerdings zu denken geben.

Schon jetzt eine Macht: Der neue Mercedes F1 W06, Foto: Sutton
Schon jetzt eine Macht: Der neue Mercedes F1 W06, Foto: Sutton

Top: Ein Mutmacher names Seb

Applaus in der Ferrari-Garage - das hat man schon lange nicht mehr gehört. Viele Gründe gab es im vergangenen Jahr auch nicht. Anders in Jerez: Zum Abschluss seines zweitätigen Testeinsatzes klatschten Mechaniker und Ingenieure, nachdem Sebastian Vettel aus dem Ferrari gestiegen war. Wichtiger als der Grund dafür ist die neue Hoffnung, die der vierfache Weltmeister der Scuderia beschert. Bestzeiten an beiden Tagen und keine größeren technischen Probleme waren ein guter Beginn für den neuen Superstar in Maranello.

Vettel weiß natürlich, dass die Zeiten in Jerez quasi nichts wert waren. Schnell trat der Deutsche auf die Euphoriebremse, nachdem einige italienische Medien den Ferrari schon als Über-Rakete bezeichneten. Vor dem umstrukturierten Team liegt noch einiges an Arbeit, aber bei Fans und Experten macht sich zumindest die Hoffnung breit, dass der Ferrari-Motor besser mit der dominanten Power Unit aus Brixworth mithalten kann. Zum Wohle der Formel 1 würde man es sich jedenfalls wünschen.

Applaus für Hoffnungsträger Sebastian Vettel, Foto: Ferrari
Applaus für Hoffnungsträger Sebastian Vettel, Foto: Ferrari

Top: Red Bull im Zebra-Look

Ist es ein Zebra? Nein! Ist es ein Fußgängerüberweg? Nein! Was ist es dann? Red Bull! Der neue RB11 tauchte in Jerez tatsächlich im Camouflage-Look auf, um bestimmte Details vor der Konkurrenz zu verbergen. Unklar, wie erfolgreich dieses Versteckspiel war, aber: Red Bull sorgte weltweit für Diskussionen. Nicht das schlimmste Los für einen Getränkehersteller. Ob der RB11 nun gefällt oder nicht, muss jeder für sich selbst wissen. Jedoch: Der Tarn-Trick polarisiert und von solchen Geschichten lebt nun mal auch die Formel 1.

Schon jetzt fragen sich alle, wie das Auto wohl in Melbourne am Start stehen wird. Ob man den RB11 überhaupt sehen kann, wenn er noch besser getarnt wird? Teamchef Christian Horner kündigte schon jetzt an: "Die Lackierung wird noch stärker ausfallen. Mal sehen, ob es eine Revolution oder Evolution der aktuellen Lackierung sein wird." Am Ende geht es in der F1 eben immer nur um Weiterentwicklung...

Immerhin ein bisschen Farbe am Red Bull RB11, Foto: Sutton
Immerhin ein bisschen Farbe am Red Bull RB11, Foto: Sutton

Top: Erfolgreiche Nasen-OP

Im vergangenen Jahr war der Aufschrei groß - wie jedes Jahr: 'Oh Gott, sind die neuen F1-Autos wieder hässlich!' Und diesmal? So wenig Kritik seitens Fans und Experten an den Designs der neuen Boliden gab es seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr. Stattdessen Lob für die 2015er Nasen-Generation, die sich flach und lang in Richtung Asphalt zieht. Die üblichen Vergleiche mit Vertretern aus der Tierwelt blieben größtenteils aus.

Williams' Stummelnase und der fragwürdige GP2-Look des Sauber-Boliden waren diesmal die große Ausnahme. Am Ende gewöhnt man sich eh an alles, aber ein positiver Start in die Saison zur Abwechslung ist doch mal eine schöne Sache. Und wenn jetzt noch richtig die Funken fliegen, ist das Schauspiel perfekt.

Ob die graue Lackierung von 2014 nicht doch besser war..., Foto: Sutton
Ob die graue Lackierung von 2014 nicht doch besser war..., Foto: Sutton

Flop: Test-Debakel für McLaren-Honda

Ein anschaulicher Vergleich bringt es wohl am besten auf den Punkt. Mercedes AMGs Kilometer-Bilanz nach vier Tagen in Jerez: 2.285 Kilometer. Abgespulte Kilometer des neuen McLaren-Honda in Jerez: 350 und damit knapp 2.000 weniger. Heißt: Für die ambitionierten Briten war der Auftakt ins neue Jahr eine ziemliche Katastrophe. McLaren-Honda hatte erwartet, dass es Probleme geben würde. Aber solch große? Man kann sich vorstellen, wie Ron Dennis intern reagiert hat, auch wenn er äußerlich besonnen blieb.

Immerhin: Big Ron erfüllt den McLaren-Fans - wenn auch etwas widerwillig - den großen Traum: Das Team startet in Melbourne mit einer anderen Lackierung als dem Langweilig-Silber in Jerez. Die Hoffnung auf einen rot-weißen MP4-30 lebt weiter. An der Performance wird das allerdings nichts ändern. Mit jedem bisherigen Testtag sanken die Ansprüche. Beim Launch war das ausgegebene Ziel, mit McLaren und Honda-Power wieder Weltmeister zu werden. In Jerez sagte Eric Boullier: "Beim ersten Rennen wollen wir ins Ziel kommen. Das wäre ein großer Schritt für diese neue Technologie. Die Leistung kommt dann ganz von alleine."

Stand mehr als er fuhr: McLarens Chrompfeil mit Anlaufschwierigkeiten, Foto: Sutton
Stand mehr als er fuhr: McLarens Chrompfeil mit Anlaufschwierigkeiten, Foto: Sutton

Flop: Red Bull verleiht Flügel - nicht

Ein Tag ohne Frontflügel ist ein verlorener Tag. So muss sich Daniil Kvyat bei seinem Testdebüt für Red Bull am Montag gefühlt haben. Kalter Asphalt, auf der Outlap gedreht, Frontflügel ab, Drama perfekt. Denn: Red Bull hatte unglücklicherweise keinen Ersatz-Frontflügel im Gepäck, der musste erst mal aus Milton Keynes eingeflogen werden. So vertrieb sich Kvyat den Tag flügellos und -lahm mit 18 lockeren Runden in Jerez. Christian Horner ließ sich die Laune trotzdem nicht verderben, scherzte: "Wir haben so viel Abtrieb, wir brauchen keinen Frontflügel."

Abtrieb? Wer braucht schon Flügel..., Foto: Sutton
Abtrieb? Wer braucht schon Flügel..., Foto: Sutton

Flop: Lotus kommt zu spät

Lotus und die Testfahrten. Das klappt schon seit einiger Zeit eher mittelprächtig. Dieses Jahr war Enstone mal wieder zu spät dran, verpasste den Auftakt am Sonntag. Stattdessen erfreute uns das Team laufend mit aktuellen Bildern, wie der brandneue E23-Bolide per Flieger nach Jerez befördert wurde. Da waren die anderen Teams schon fleißig am testen...

Erst am Montagmittag stieg Lotus aktiv ins Geschehen ein und man muss sich unweigerlich die Frage stellen: Wäre es nicht möglich gewesen, das Auto bei insgesamt 250.000 Stunden Entwicklungszeit einen Tag früher nach Spanien zu schicken?