Endlich alles im Griff! Bis zur inoffiziellen Mittagspause des dritten Tags der Testfahrten in Jerez läuft der McLaren MP4-30 annähernd reibungslos. 32 Runden spult Fernando Alonso am Vormittag ab. Selbst die Power Unit von Honda klingt deutlich besser als an den vorangegangenen Tagen. "Ermutigend" und "ein großer Schritt nach vorne", befindet der Spanier. Doch kaum gekeimt wird das zarte Pflänzchen der Hoffnung, wie Unkraut gejätet.

Alonso ist mit der Performance des MP4-30 zufrieden, Foto: Sutton
Alonso ist mit der Performance des MP4-30 zufrieden, Foto: Sutton

Um 13:56 teilt McLaren via Twitter mit: "Wir hatten einen Verlust des Kühlwasserdrucks und haben die Power Unit zur Begutachtung ausgebaut. Das ist ein langwieriges Unterfangen, deshalb beendet es unsere Aktivitäten für heute." Das nächste Motoren-Dilemma also für die Truppe aus Woking. Auch im Zeitenklassement holt sich Fernando Alonso mit 14 Sekunden Rückstand auf die Bestzeit erneut die rote Laterne ab - erst am Nachmittag purzeln die Zeiten auf abtrocknender Strecke massiv.

Boullier erleichtert

Trotzdem lässt sich Eric Boullier den überzeugenden Vormittag nicht schlecht reden. "Es war sehr wichtig, dass wir dieses lange Outing hatten. Es war eine große Erleichterung das Auto heute Morgen aus der Garage kommen und einige Stunden problemlos fahren zu sehen", sagt der Renndirektor. Das Problem vom Vortag habe man vollständig gelöst. Das Leck des Kühlsystems am Mittag sei etwas anders gewesen. "Vielleicht hätten wir es nach dem Motorenwechsel noch geschafft eine Stunde zu fahren, aber wir haben entschieden, dass wir uns lieber gründlich für morgen vorbereiten", erklärt Boullier.

Dennoch gibt der Franzose zu, dass McLaren noch ein langer Weg bevorsteht. "Wir haben einen Schritt nach vorne gemacht, liegen aber noch bei unter 50 Prozent auf dem Weg dahin Rennen fahren zu können", sagt Boullier. "Aber das ist besser als nichts. Immerhin haben wir heute geschafft, was wir wollten. Das Auto ist zehn Runden am Stück gefahren. Die konzeptionellen Dinge stimmen also." Zumal Alonso sich lobend über das Verhalten des Autos geäußert habe. "Fernando hat gesagt, dass das Auto stabil liegt. Das habe ich auch von der Boxenmauer beobachten können, als ich in die erste Kurve geblickt habe", sagt Boullier.

Boullier ist erleichtert angesichts 32 problemfreier Runden, Foto: Sutton
Boullier ist erleichtert angesichts 32 problemfreier Runden, Foto: Sutton

Weiter als Red Bull beim Vorjahrestest

Den Vergleich zum Testdesaster von Red Bull aus der Vorsaison kontert Boullier indessen gekonnt. "Wenn wir es dann auch schaffen in der Weltmeisterschaft Zweiter zu werden, wäre das eine tolle Leistung. Außerdem sind wir in einigen Bereichen schon weiter als es Red Bull damals war", sagt Boullier. Insbesondere, dass die Kühlung des Motors bereits funktioniere, stimmt Boullier glücklich: "Das Design im Auto passt, um auch in heißen Bedingungen zu bestehen."

Der abschließende, vierte Testtag sei durch den Motorenwechsel am Montagnachmittag nicht gefährdet, bestätigt Boullier abschließend. Und so besteht weiter Hoffnung auf Besserung - wie an jedem Abend in Jerez. Bislang wurde diese stets bitter enttäuscht, wie die Motorsport-Magazin.com -Chronik des Test-Desasters von McLaren zeigt.

So krampft McLaren in Jerez

Montag: Ein neues Problem

Auch für Button war nach sechs Runden Feierabend, Foto: Sutton
Auch für Button war nach sechs Runden Feierabend, Foto: Sutton

Obwohl McLaren nach eigenen Angaben die Probleme vom Vortag gelöst hatte, gelangen auch Jenson Button nicht mehr als sechs Runden. Erneut sah sich das Team mit einem neuen, komplexen Problem konfrontiert. Nach langer Analyse identifizierten die Techniker Schwierigkeiten mit den Nebenaggregaten des Motors als Ursache des Übels. Die Reparatur dauerte jedoch so lang, dass Jenson Button nur noch eine Installationsrunde hinlegen konnte. Diese verlief gut, sodass erneut Optimismus für den folgenden Tag herrschte. "Wir wissen jetzt, was das Problem war und das ist gut. Nun hoffen wir, dass die Tage drei und vier produktiver werden", sagte Button.

Ron Dennis gab wenig später jedoch zu, der Motor sei noch nicht ausgereift. Der in Jerez eingesetzte Motor liege zwei bis drei Entwicklungsschritte hinter dem für Melbourne eingeplanten Antriebstrangs. Wie Boullier entschuldigte Dennis die Probleme mit den Ambitionen des Projekts. "Das Detaillevel und die Präzision, die im MP4-30 stecken, übersteigen alles, was McLaren zuvor gebaut hat", sagte Dennis.

In Sachen Performance tappte McLaren sogar noch mehr im Dunkeln. "Ich habe keine Ahnung. Ich bin das Auto noch nicht einmal bei Vollgas gefahren. Hoffentlich reisen wir zum ersten Rennen und sind konkurrenzfähig, aber wir wissen nicht, wo wir gerade stehen. In Sachen Verständnis der Performance stehen wir bei null", gestand der Brite.

Sonntag: Erwartete Ernüchterung

Alonso brachte es am ersten Tag in Jerez nur auf sechs Runden, Foto: Sutton
Alonso brachte es am ersten Tag in Jerez nur auf sechs Runden, Foto: Sutton

Gleich der erste Testtag zur neuen Saison ging für McLaren gründlich daneben. Beim lang erwarteten Debüt von McLaren-Honda umrundete Fernando Alonso den Kurs im spanischen Jerez de la Frontera gerade sechs Mal. Gewaltige 18 Sekunden betrug der Rückstand auf die Tagesbestzeit von Sebastian Vettel. Damit verkam die Jungfernfahrt des MP4-30 eher zum Jungfernparken in der Garage. Der Verursacher des Problems - ein Elektronik-Defekt - erwischte das Team jedoch eiskalt. "Wir haben ein neues Problem gefunden - komplett neu", sagte Arai-san. "Das Auto hat eine sehr radikale Form und ist sehr herausfordernd", ergänzte der Honda-Motorenchef . Renndirektor Eric Boullier bestätigte: "Ja, wir waren beim Packaging unseres Autos ziemlich extrem."

Zudem sorgte schon der Sound der Power Unit im Heck des McLaren für Stirnrunzeln an der Strecke. Das Honda-Aggregat klang völlig anders als die Motoren der Konkurrenz, wummerte merkwürdig dumpf vor sich hin. Noch gaben sich die Verantwortlichen jedoch entspannt. Die Probleme zum Auftakt habe man erwartet, sagte Alonso. Schließlich sei es den anderen Herstellern zum selben Zeitpunkt im vergangenen Jahr ähnlich ergangen. "Es gibt noch viel zu tun, aber ich glaube absolut an das Projekt", versicherte der Spanier. "Ich glaube, dass die Probleme lösbar sind. Sie könnten auch schon morgen gelöst sein", gab Boullier zuversichtlich. Er sollte sich täuschen.