Der Aufschrei in der vergangenen Saison war groß. Nicht nur die leisen Motoren erhitzten die Gemüter der Fans. Auch die Nasen der Fahrzeuge sorgten für große Aufregung. Der Automobilweltverband wollte die hohen Nasen der Vergangenheit aus Sicherheitsgründen verhindern, also wurden die Regeln umgeschrieben.

Weil die Teams aber auf keinen Fall Abtrieb verlieren wollen, haben sie das Reglement nach dem Wort ausgelegt - nicht nach dem Geist der Erfinder. Weil das Reglement nur eine sehr kleine Fläche vorschrieb, die tief sitzen musste und zudem keine Untergrenzen bei den Verzögerungswerten festschrieb, umgingen die Teams das Reglement mit den sehr eigenartig anmutenden Nasen.

Im vergangenen Jahr war nur ein Querschnitt vorgegeben, Foto: adrivo Sportpresse GmbH
Im vergangenen Jahr war nur ein Querschnitt vorgegeben, Foto: adrivo Sportpresse GmbH

Und die sahen so aus: Die Nase senkte sich harmonisch mit dem Monocoque ab, allerdings nicht so weit, wie die FIA gerne gehabt hätte. Stattdessen kam aus der eigentlichen Nase noch ein 'Fremdkörper', der im Querschnitt 9000 Quadratmillimeter groß war und die Höhenvorschriften erfüllte.

Weil diese Fremdkörper keinen statischen Zweck erfüllen mussten, waren sie aus möglichst wenigen Lagen Karbon laminiert. Somit waren die Nasen weder ästhetisch ansprechend, noch sicher. Denn bei einem Unfall falteten sich die Nasenspitzen zusammen wie Papier. Der tatsächliche Aufprall erfolgte dann wieder mit höher gelegenen, stabileren Teilen.

Genau deshalb überarbeitete die FIA das Reglement noch einmal. Aus einem vorgeschriebenen Querschnitt wurden zwei, die zudem über ihre Maximalbreite definiert werden. Hinzu kommen Vorschriften, wie weit die Nase über die Vorderachse hinausragen muss.

Drei Nasen in Jerez

Mercedes hat die kürzeste Nase im Feld, Foto: Sutton
Mercedes hat die kürzeste Nase im Feld, Foto: Sutton

Trotzdem gibt es auch in diesem Jahr unterschiedliche Konzepte. Drei unterschiedliche Varianten haben sich bei den Testfahrten in Jerez herauskristallisiert. Mercedes und Lotus haben die kürzesten und elegantesten Nasen. Ferrari, McLaren und Toro Rosso haben die längsten Nasen. Sie verlaufen ästhetisch, ohne Knick, bis weit über den Frontflügel. Red Bull, Sauber und Williams haben eine unästhetischere Zwischenlösung. Sie setzen auf einen mehr (Sauber) oder weniger großen (Red Bull und Williams) Knubbel, der aus der Nase ragt.

Bei Ferrari ragt die Nase weit über den Frontflügel hinaus, Foto: Sutton
Bei Ferrari ragt die Nase weit über den Frontflügel hinaus, Foto: Sutton

Von den meisten Teams ist zu hören, dass sich bis Barcelona - oder spätestens bis Melbourne - noch einiges ändern wird. Vor allem an der Fahrzeugfront, heißt es. Die kurze Nase ist für die Ingenieure die beste Variante, weil schlichtweg mehr Luft unter das Auto gelangt. Allerdings sind die Crashtests enorm schwierig zu erfüllen. Daran soll es bei vielen Teams bislang scheitern.

Schaffen sie den Crashtest, wollen auch sie kürzere Nasen bringen. Mercedes und Lotus haben hier wegen ihrer besonderen Nasen einen Technologievorsprung aus der letzten Saison. Williams hat die Nase laut Technikdirektor Pat Symonds wegen der Crashtests schon aufgegeben: "Im Verhältnis zu den Ressourcen, die dazu notwendig sind, ist der Ertrag gering."

Nicht alle Nasen werden kurz

Allerdings können nicht alle Nasen gleich kurz werden. Das liegt am Radstand der Boliden. Mindestens 850 Millimeter muss die Nasenspitze vor der Vorderachse liegen. Nicht alle Autos haben aber den gleichen Radstand, hier lässt das Reglement Freiraum. Je weiter hinten die Vorderachse ist, desto kürzer fällt am Ende auch die Nase aus - und natürlich genau umgekehrt.

Der Radstand ist keine triviale Angelegenheit, Foto: Sutton
Der Radstand ist keine triviale Angelegenheit, Foto: Sutton

Den Radstand können die Teams aber nicht so einfach ändern, um die Nasen kürzen zu können. Die ganze Kinematik müsste neu ausgelegt werden, die Aerodynamik ändert sich maßgeblich, weil das Auto an Länge zu- oder abnimmt und zusätzlich stimmt die Gewichtsverteilung nicht mehr. Und auch hier macht die FIA genaue Vorschriften: Mindestens 319 Kilogramm müssen im Stand auf der Vorderachse lasten, 376 Kilogramm auf der Hinterachse.

Während bei den meisten Teams noch viel Arbeit an den Nasen bevorsteht, kann sich die FIA zurücklehnen. Der Automobilweltverband ist zufrieden mit dem neuen Reglement. Auch wenn noch nicht alle Nasen optische Leckerbissen sind. "Sie sind jetzt sicher, und das wollten wir", heißt es aus FIA-Kreisen.