Vom Himmel über Jerez prasselt noch der Regen, als in der Ferrari-Box tosender Applaus heraufbrandet. Gerade hat Sebastian Vettel den SF15-T sicher zurück in die Garage der Scuderia pilotiert. Die Crew des deutschen Vierfachweltmeisters hat gleich mehrfach Grund zur Freude. Den ersten nennt Vettel selbst: "Alle waren einfach froh, dass ich das Auto auf der Strecke gehalten habe, weil es am Ende so sehr geregnet hat. Die haben schon so genug zu tun in der Garage." Den Regen habe man jedoch unbedingt nutzen wollen, um die neuen Intermediates auszuprobieren. "Die haben gut funktioniert und Temperatur aufgebaut, obwohl es so kalt war", lobt Vettel.

Grund Nummer zwei ist offensichtlich, blickt man nur auf die Ergebnisliste. Wie schon beim Testauftakt am Vortag sichert sich Vettel auch am Montag die Tagesbestzeit. Diesmal mit einer überlegenen 1:20:984 - mehr als 1,5 Sekunden schneller als Lewis Hamilton im hoch gehandelten Mercedes. Zudem brannte Vettel stolze 89 Runden in den spanischen Asphalt - nur zwei weniger als der durch einen Defekt vorzeitig gebremste Silberpfeil.

Vettel testet ausgiebig die neuen Intermediates, Foto: Sutton
Vettel testet ausgiebig die neuen Intermediates, Foto: Sutton

Zufrieden, aber zurückhaltend

Dennoch mahnt Vettel zur Zurückhaltung. "Insgesamt waren es zwei gute Tage. Aber man darf das jetzt nicht falsch interpretieren. Wir müssen auf dem Boden bleiben. Das ist erst der erste Test. Es ist zu früh, um einschätzen zu können auf welchen Niveau wir uns mit dem Auto bewegen", sagt Vettel. "Aber wir sind zufrieden, dass wir keine größeren Probleme mit dem Auto hatten. Es ist normal beim Wintertest, dass du erstmal genauer nachschaust, wenn etwas heiß wird. Man will ja keinen Totalschaden riskieren", ergänzt Vettel.

Zudem müsse man bedenken, dass nicht jedes Team dasselbe Testprogramm abspult. "Es kommt auch immer darauf an, was die anderen machen. Die sind bestimmt mit einer etwas anderen Zielsetzung unterwegs. Aber der Großteil konnte heute mehr Runden fahren. Das war wichtig", sagt Vettel.

Vor allem angesichts des großen Vorsprungs auf Mercedes macht sich Vettel keine Illusionen. "Wir hatten eine andere Herangehensweise als Mercedes, die Long Runs, sehr extreme Long Runs, gefahren haben. Sie haben heute zwar weniger Runden gedreht als gestern, aber sie sind noch immer die Favoriten. Wir müssen uns nur erinnern, wo wir herkommen", sagt Vettel. "Aber wir haben viel verändert und viel gelernt. Es ist im Moment einfach wichtig, viel zu fahren, zu lernen und das Auto zu verstehen."

Vettel bügelte Mercedes um 1,5 Sekunden, Foto: Ferrari
Vettel bügelte Mercedes um 1,5 Sekunden, Foto: Ferrari

Kimi, übernehmen Sie

Das sei Ferrari bislang recht gut gelungen. "Es könnte schlechter sein. Verglichen mit demselben Zeitpunkt im vergangen Jahr, läuft es für mich ein ganzes Stück besser. Wir haben viele Runde geschafft, vor allem heute", sagt Vettel. Ginge es nach James Allison hätten es gerne noch ein paar mehr sein dürfen. "Auch wenn wir eine gute Anzahl an Runden abgespult haben, kann du niemals behaupten, du hättest genug Kilometer gesammelt", sagt der Technikdirektor von Ferrari.

"Wir sind schonmal ganz zufrieden mit dem Auftakt und jetzt wünsche ich mir natürlich, dass der Kimi so weiter macht und es keine größeren Probleme gibt. Ich hoffe, dass Kimi morgen und übermorgen die gleiche oder sogar eine bessere Zuverlässigkeit vorfindet", ergänzt Vettel. Bereits am Vorabend habe er seinem Teamkollegen berichtet, dass der erste Eindruck stimme.

Für Vettel ist sein erster Ferrari-Test damit bereits vorüber. Doch bis zur nächsten Testfahrt in Barcelona gilt es einige Hausaufgaben zu erledigen. "Da haben wir uns viel notiert. Es gibt viele kleine, aber auch größere Dinge umzusetzen. Manches geht schneller, manches dauert länger. Meine Gurte sitzen zum Beispiel noch nicht ganz richtig. Das ist aber etwas, das schnell geht. Wenn es um das Auto geht, dann gibt größere Dinge und Aufgaben, denen wir uns widmen müssen. Auch wenn wir den Auftakt ohne größere Probleme was die Zuverlässigkeit angeht geschafft haben", sagt Vettel.

Großer Medienrummel um den schnellsten Mann des Tages, Foto: Sutton
Großer Medienrummel um den schnellsten Mann des Tages, Foto: Sutton

Arbeitsreiche Analyse steht bevor

Zunächst stehe nun die Rückreise nach Maranello auf dem Programm, um ein paar Simulationsläufe zu absolvieren, das Paket in allen Bereichen zu verbessern und in Ruhe alles zu verstehen und zu analysieren. "Ich bin sicher, dass das Team und ich in der nächsten Zeit sehr beschäftigt sein werden", sagt Vettel. "Aber wir haben auf jeden Fall eine gute Ausgangsbasis. Ich bin mit dem Auto recht zufrieden."