Die zweite Saison der neuen Hybrid Formel 1-Ära steht an. Wie beeindruckend haben Sie rückblickend das erste Jahr dieser revolutionären neuen Formel empfunden?
Andy Cowell: Jeder Hersteller leistete 2014 fantastische Arbeit. Alle erreichten eine hohe Wärmeeffizienz und damit eine hohe Performance aus einer vorgeschriebenen Benzindurchflussmenge. Die Zahlen sprechen für sich selbst. Die Rennspritmenge wurde von 150 kg auf 100 kg verringert, der Verbrennungsmotor von einem 2,4 Liter V8 auf einen 1,6 Liter V6 verkleinert, aber das erzeugte Paket war mehr als 30% effizienter als sein Vorgänger. Und all das innerhalb eines Regelwerks, das die Zuverlässigkeit bis an die Grenzen auslotete. Im Verlauf der Saison entfiel durchschnittlich weniger als ein Rennausfall pro Fahrer direkt auf eines der Elemente der Power Unit. An den letzten Rennwochenenden der Saison reichten die Rundenzeiten im Renntrimm bis auf weniger als eine Sekunde an jene von 2013 heran. Im Qualifyingtrimm war es sogar weniger als eine halbe Sekunde. Das war eine phänomenale Leistung für alle Beteiligten. Für die Saison 2015 haben alle die Möglichkeit, einen bedeutenden Teil der Power Unit zu verändern, um die Effizienz und erneut auch die Performance zu steigern...

Wie unterscheidet sich 2015 mit Blick auf die anstehenden Herausforderungen vom vergangenen Jahr?
2015 ist es zum Großteil ein Fall von Evolution statt Revolution. Im vergangenen Jahr stellten wir uns die Frage: "Können wir es schaffen?" Jetzt stehen wir vor einer anderen Herausforderung, nämlich: "Wie können wir es verbessern?" Wir haben hart an allen Bereichen der Power Unit gearbeitet, um die Umwandlungseffizienz jedes einzelnen Systems zu verbessern. Wir haben versucht, die Wärmeeffizienz unseres Pakets weiter zu steigern und eine noch höhere Leistung zu erreichen. Unser Hauptaugenmerk lag diesbezüglich auf der Verbrennungseffizienz und Reibungsverlusten - sowohl in den Kernbestandteilen der ICE als auch in Nebenaspekten der ICE und des ERS. Bei diesem Prozess war die Entwicklung des Kraftstoffs und der Schmierstoffe entscheidend. In dieser Hinsicht haben wir weiter gut mit PETRONAS zusammengearbeitet. Das Reglement lässt nur sehr wenig Raum für Veränderungen und wesentliche Möglichkeiten, um Performancegewinne zu erzielen. Aus diesem Grund haben wir bei der Performancesuche nichts unversucht gelassen. Ich bin überzeugt, dass dies auch für unsere Konkurrenten gilt.

Was sind die wichtigsten Veränderungen für die Saison 2015? Aus Sicht der Power Unit gab es zwei große Regeländerungen für die Saison 2015. Zunächst sind nun nur noch maximal vier Power Units pro Fahrer und Saison erlaubt. Das ist eine weniger als 2014. In Verbindung mit der Erweiterung des Rennkalenders von 19 auf 20 Rennen stellt dies eine bedeutende Herausforderung dar. Jede Power Unit muss jetzt mehr als 25% länger halten als zuvor.

Zweitens sind nun variable Einlasssysteme erlaubt. Die letzte Generation an Formel 1-Motoren, die diese Technologie verwenden durfte, waren jene aus der V10-Ära. Dies bietet eine Möglichkeit zum Einlasstuning der ICE bei allen Drehzahlwerten und steigert damit die Effizienz.

Schlussendlich gab es noch eine Klarstellung des Reglements in Bezug auf Veränderungen an den Motoren. Die Hersteller dürfen nun auch im Verlauf der Saison Verbesserungen an ihren Motoren vornehmen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sie innerhalb der vorgeschriebenen Obergrenze von 32 Entwicklungs-"Tokens" bleiben. Auch dürfen sie die maximale Anzahl von vier Motoren pro Fahrer und Saison nicht überschreiten. Darüber wurde in den Medien ausgiebig diskutiert. Aber aus Sicht des Reglements gibt es jedem Hersteller die gleichen Chancen, um seinen Motor im Laufe des Jahres zu verbessern.

Diese Entscheidung hat unsere Entwicklungsstrategie für 2015 nicht verändert. Wir hatten von Anfang an vor, die nötigen Daten bei den Wintertests zu sammeln, um dann die Motorspezifikation für das Auftaktrennen festzulegen und zu übermitteln. Diese Interpretation bietet uns jedoch die Möglichkeit, im Verlauf der Saison weitere Fortschritte zu erzielen, sollten wir uns dafür entscheiden.

Es gibt auch noch weitere Veränderungen, etwa neue Gesichter und Partnerschaften...
So ist es. Wir alle sind hocherfreut, mit Honda einen weiteren Power Unit Hersteller in der Formel 1 begrüßen zu dürfen. Das ist eine gute Nachricht für den Sport, den Wettbewerb, die Fans und die Automobilindustrie als Ganzes. Wir heißen sie ganz herzlich willkommen und wünschen ihnen viel Glück. Gleichzeitig freuen wir uns über die Zusammenarbeit mit unserem neuen Partner Lotus. Die Leistungen des Teams aus Enstone in den vergangenen Jahren sowie dessen professionelle Arbeitsweise bei der Entwicklung von Rennwagen verdienen unsere Hochachtung. Sie sind eine Verstärkung für unsere Gruppe an Partnerteams und wir freuen uns darauf, in den kommenden Jahren mit ihnen zusammenzuarbeiten.