Sie lieben und sie hassen sie: Kommentatoren. Jeder Formel-1-Fan kommt unweigerlich mit den Formel-1-Kommentatoren in Berührung. Deutschsprachige Fans haben eine große Auswahl: Insgesamt vier Sender übertragen die Königsklasse des Motorsports. Motorsport-Magazin.com traf sich mit allen vier deutschsprachigen Kommentatoren. Heute stellen wir Ihnen Sascha Roos von Sky vor.

In zwei Telefonaten zum Formel-1-Kommentator

2013 übernahm Sascha Roos das Kommentatoren-Amt von Jacques Schulz. 2014 kommentierte der inzwischen 42-Jährige seine zweite Saison für den Bezahlsender Sky. Roos erinnert sich noch genau daran, wie er dazu kam: "Im Februar 2013 bekam ich einen Anruf, ob ich mir vorstellen könnte, die Formel 1 zu kommentieren. Da habe ich gesagt: 'Ja, aber wieso? Gibt es ein Problem?' Dann hieß es, dass ich es eventuell kommentieren könne, weil Jacques Schulz aufhört. Ich habe das mit meiner Familie besprochen - musste ich auch, wenn man so lange weg ist - und dann war ich relativ schnell Formel-1-Kommentator. Innerhalb von ein, zwei Telefonaten war klar, dass ich es machen kann. Das war knapp vor der Saison."

Kommentatorenkabine statt Arztpraxis, Foto: Privat
Kommentatorenkabine statt Arztpraxis, Foto: Privat

Bereits seit 2003 gehört Roos zum festen Team der Motorsportredaktion von Sky. Roos kann aber nicht nur Formel 1: Seit Jahren kommentiert respektive kommentierte er Fußball und GP2, seit kurzem auch die Formel E. Außerdem ist er noch Teil der Handballredaktion bei Sky. Der Sport begleitet den Franken schon lange. Nach dem Abitur arbeitete er neben dem Studium bei einem Radiosender in Nürnberg, wo er sich hauptsächlich um den Sport gekümmert hat.

Doch Roos studierte nicht etwa Angewandte Medien, Journalismus oder Sport. Medizin stand auf dem Stundenplan. Arzt ist Roos aber bekanntlich nicht geworden. "Weil sich bei Antenne Bayern eine Möglichkeit auftat, habe ich das Studium nicht beendet. Dort wurde mir ein Volontariat angeboten - ohne, dass ich mich dafür beworben hatte, sind sie irgendwie auf mich aufmerksam geworden."

Neben seiner Aufgabe beim Radio arbeitete er noch als Stadionsprecher bei den Nürnberg Ice Tigers. So kam auch der Kontakt zum damaligen Sender Premiere zustande. 2003 startete Premiere den Interaktivkanal für die Formel-1-Übertragung. Roos kommentierte zwar für das Radio hauptsächlich Fußball und Eishockey, seine wahre Leidenschaft ist aber der Motorsport.

"Ich komme aus Nürnberg und dort ist das DTM-Rennen am Norisring sehr populär - 200 Meilen von Nürnberg hieß das damals. Da war ich als kleiner Junge schon mit meinem Opa. Dort habe ich Stefan Bellof, Michael Schumacher, Heinz-Harald Frentzen, Hans-Joachim Stuck und Co. fahren sehen. Da waren sie alle! Von Anfang an war ich dann infiziert."

Erster Einsatz wird zur Feuertaufe

2015 geht Roos in seine dritte Saison als Formel-1-Kommentator. Damit ist er der dienstjüngste deutschsprachige Formel-1-Kommentator. Seine Feuertaufe hatte er gleich beim ersten Rennen in Australien 2013. "Am Freitag war ich natürlich aufgeregt und nervös. Dann kommt noch die Zeitverschiebung dazu - wir sind am Mittwoch angekommen. Am Freitag habe ich dann gleich drei Stunden kommentiert und ich war fix und fertig, als wir durch waren. Dann saß ich im Auto auf dem Weg zurück zum Hotel, wir sind aus dem Albert Park rausgefahren und ich glaube wir waren noch nicht einmal raus aus dem Gelände, da bin ich schon auf dem Rücksitz eingeschlafen wie ein kleines Kind. Ich war komplett am Ende."

Doch das war noch der harmlose Teil: "Gleich beim ersten Qualifying gab es auch noch eine Unterbrechung und es wurde auf den nächsten Tag verschoben. Außerdem hatten wir im Training keinen Funkkontakt zum Ü-Wagen." Die Sky-Crew musste improvisieren. "Dann kam ein Kollege hoch, der Telefonkontakt und sein iPad dabei hatte. Sie haben ihm dann gesagt, was er mir auf dem iPad aufschreiben soll. Er hat dann handschriftliche Notizen auf dem iPad gemacht - weil das schneller geht als tippen. Das erste Rennwochenende war gleich das härteste."

Zulieferer und Vollstrecker

Wie Schulz kommentiert auch Roos gemeinsam mit Marc Surer. Die Rollenverteilung ist klar. "Im Endeffekt bin ich der Zulieferer und Marc ist der Vollstrecker. Ich weiß natürlich auch Sachen, wie die Ideallinie aussieht, wo man anbremst und so weiter. Prinzipiell weiß ich das, aber das ist nicht meine Rolle. Ich darf nicht so vermessen sein, einen Fahrer zu beurteilen und zu sagen, das hat er gut gemacht, das hat er schlecht gemacht. Denn ich saß nie in einem Formel-1-Auto."

Eine lange Eingewöhnungszeit brauchten Roos und Surer nicht. Das System hat von Anfang an funktioniert. "Das interessante ist, dass ich zu 95 Prozent weiß, was Marc sagen wird, wenn ich ihn anstupse", erzählt Roos schmunzelnd. Auch seinen Kommentatorenstil hat Roos schnell gefunden. "Es geht darum, dass man Anstoßmöglichkeiten gibt", meint Roos. "Der Zuschauer kann sich dann auch darüber Gedanken machen, ob das möglich ist. Wer jetzt in Führung ist, wer Zweiter ist, das sieht der Zuschauer auch. Deswegen sollte man nicht versuchen das zu kommentieren, was eh für alle offensichtlich ist, sondern ein, zwei Schritte in seinen Überlegungen weiterzugehen."

Nicht immer tritt dann das ein, was Roos in den Raum wirft. Darum geht es aber auch nicht immer. "Es geht hier nicht unbedingt darum, dass der Zuschauer zu Hause sagt: Was erzählt der denn für einen Quatsch? Ich sag das auch nicht, damit mich die Zuschauer irgendwie gut finden. Es geht darum, dass man Anstoßmöglichkeiten gibt."

Sascha Roos übernahm von Jacques Schulz, Foto: Toyota
Sascha Roos übernahm von Jacques Schulz, Foto: Toyota

Als Erbe von Jacques Schulz hat Roos bei vielen Fans einen schweren Stand. Unsachliche Kritik lässt er nur bedingt an sich heran. "Es ist nicht so, dass ich mich nach dem Rennen oder nach einer Session durch die Foren kämpfe, um zu sehen: Wer schreibt was Gutes, wer schreibt was Schlechtes", sagt Roos, schränkt aber ein: "Grob verschaffe ich mir darüber schon einen Überblick und dann muss ich es einordnen können. Ist es sachlich, ist es nicht sachlich? Im Endeffekt ist es entscheidend, wie ich mich fühle. Ich glaube, das kann ich gut selbst einschätzen."

Auch wenn Roos bei Kartevents im Rahmen der Formel 1 gelegentlich gegen weibliche Kolleginnen verliert ("Gegen eine professionelle Kartfahrerin. In unserem Team war ich der zweitschnellste!"), er hat die Formel 1 lieben gelernt. "Das ist das Beste, was mir jemals hat passieren können - beruflich. Definitiv! Die Formel 1 ist eine unglaublich faszinierende Welt. Ich lerne unglaublich spannende Leute kennen und ich lerne persönlich sehr viel für das Leben, es bringt mich weiter."

Am Samstag stellen wir Ihne Michael Stäuble vom SRF vor.