Vor der Saison war die Zuverlässigkeit das große Thema. Nach den Testfahrten in Jerez befürchteten nicht wenige, dass beim Saisonauftakt in Melbourne kein einziges Auto die Zielflagge sehen wird. Am Ende kam es wesentlich weniger dramatisch, insgesamt war die neue Formel 1 nicht viel anfälliger für technische Defekte als in der Vergangenheit.

Trotzdem kam es zu unplanmäßigen Wechsel von Power-Unit-Komponenten. Allerdings mussten nur Renault-befeuerte Teams Strafen hinnehmen. Ferrari- und Mercedes-Teams blieben allesamt im erlaubten Kontingent, viele Mercedes-Teams nutzten nicht einmal alle Komponenten.

Steuergeräte und Batterien sorgten bei allen Herstellern für die wenigsten Probleme. Felipe Massa kam mit lediglich drei Batterien über die gesamte Saison. Bei den Batterien sind es die Rahmenbedingungen im Technischen Reglement, die für Zuverlässigkeit sorgen. Es gibt eine maximale Kapazität und gleichzeitig ein Mindestgewicht von 20 Kilogramm. Die Beanspruchung auf die Steuergeräte ist schlichtweg nicht besonders hoch.

Power-Unit-Übersicht 2015

ICETCMGU-KMGU-HESCE
Red Bull
Sebastian Vettel666666
Daniel Ricciardo555555
Mercedes
Lewis Hamilton555555
Nico Rosberg555555
Ferrari
Fernando Alonso555555
Kimi Räikkönen555555
Lotus
Romain Grosjean665656
Pastor Maldonado655555
McLaren
Jenson Button555544
Kevin Magnussen555544
Force India
Nico Hülkenberg555544
Sergio Perez555544
Sauber
Adrian Sutil555555
Esteban Gutierrez555555
Toro Rosso
Jean-Eric Vergne655555
Daniil Kvyat755555
Williams
Felipe Massa555534
Valtteri Bottas555544
Caterham
Kamui Kobayashi555534
Marcus Ericsson555534

Die größten Probleme gab es bei Renault beim Verbrennungsmotor. Vor allem bei Toro Rosso: Jean-Eric Vergne kam mit sechs Exemplaren über die Saison, Daniil Kvyat musste sogar ein Siebtes einsetzen. Auch Sebastian Vettel überschritt bei den ICEs das Kontingent genauso wie beide Lotus-Piloten.

Dabei ist Vettel der einzige Pilot, der bei allen sechs Power-Unit-Komponenten das Kontingent überschritt. "Wir haben alle Komponenten getauscht, statt nur den Verbrennungsmotor zu ersetzen, der eigentlich das Problem war", erklärte Renaults Motorenchef Remi Taffin im Interview mit Motorsport-Magazin.com.

Doch warum nimmt man in Kauf, aus der Boxengasse starten zu müssen, statt 'nur' um zehn Plätze nach hinten versetzt zu werden? "Weil wir den Vorteil haben wollten, fünf brandneue Komponenten im Auto verbaut zu haben, damit wir ein einfacheres Saisonende haben werden", so Taffin.

Taffin weiter: "Es gibt zwei Gründe gibt, weshalb man eine neue Komponente bringt, wenn man schon fünf eingesetzt hat: Zuerst natürlich, weil man nicht mehr genügend Teile hat, wenn Teile Nummer eins, zwei, drei, vier und fünf schon zu viel Laufleistung haben oder wenn sie kaputt sind. Oder: Man will einen Vorteil haben: Dann ist es eine strategische Entscheidung."

Nur drei technisch notwendige Wechsel

"Wenn man sich den ersten Wechsel von Daniil Kvyat ansieht, dann mussten wir diesen Wechsel machen, weil wir schon früh in der Saison Probleme hatten. Der siebte Motor war Strategie. Der sechste Motor von Jean Eric-Vergne war auch strategisch. Notwendige Wechsel gab es nur bei Sebastian Vettel, Pastor Maldonado und einmal bei Daniil Kvyat."

Kvyat war der Motoren-Mörder 2014, Foto: Sutton
Kvyat war der Motoren-Mörder 2014, Foto: Sutton

Sprich: Insgesamt mussten nur drei Komponenten aus technisch notwendigen Gründen erneuert werden. Elf hingegen wurden aus strategischen Gründen gewechselt. 2015 gibt es bei den Strafen Neuerungen. Einen Start aus der Boxengasse gibt es nicht mehr, stattdessen wird jede getauschte Komponente einzeln in eine Strafe verrechnet.

Ein Wechsel wie bei Sebastian Vettel ist also relativ unwahrscheinlich. Vettel hätte nach neuem Reglement - statt aus der Boxengasse zu starten - eine Strafversetzung um 35 Startplätze hinnehmen müssen. Weil nicht abgesessene Grid-Strafen 2015 nicht mehr zum nächsten Rennen mitgenommen werden können, hätte das auf jeden Fall zusätzlich zur Strafversetzung eine empfindliche Zeitstrafe bedeutet. Den Taktikspielen wird also ein Riegel vorgeschoben.

Engine-Unfreeze würde nichts ändern

Selbst im Falle einer Engine-Freeze-Lockerung würden die taktischen Wechsel wohl nicht mehr zunehmen, glaubt Taffin. Zwar bekäme man bei einem Wechsel nicht nur frischere Komponenten, sondern auch weiter entwickelte Teile, "aber man darf nicht vergessen, dass man mindestens zehn Plätze in der Startaufstellung kompensieren muss. Und zehn Plätze sind schon enorm viel. Und man hat ja nicht 30 PS - oder etwas in dieser Größenordnung - bei jedem Rennen mehr."

"Man wird die neu entwickelten Teile wohl nur bringen, wenn ohnehin eine neue Power Unit anstehen würde. Aber vielleicht geht man das anders an, also dass man die neuen Power Units zu anderen Zeitpunkten bringt", vermutet Taffin. Doch darüber braucht sich nach aktuellem Stand niemand Gedanken machen: Eine Lockerung des Engine-Freeze für 2015 ist vom Tisch. Nach welchem Reglement 2016 gefahren wird, steht noch in den Sternen.