Sportlich betrachtet zeigte sich Daniel Ricciardo in seinem ersten Jahr bei Red Bull bereits über der Augenhöhe von Vierfachweltmeister Sebastian Vettel. In nahezu allen relevanten Kategorien lief der australischen Sunnyboy dem prominenten Teamkollegen den Rang ab - vor allem 3:0 Siege und 214:159 WM-Punkte sprechen derzeit eine deutliche Sprache. Dass Ricciardo jedoch erst nach Vettels nun bestätigtem Abgang zu Ferrari auch offiziell die Nummer eins im Team ist, scheint angesichts Vettels beeindruckender Vergangenheit mit Red Bull alles andere als verwunderlich.

Obwohl der 25-jährige aus Down Under bereits über reichlich Erfahrung verfügt und trotz seines jugendlich anmutenden Auftritts mit allen Wassern gewaschen scheint, gesteht er, von Vettel in diesem Jahr eine entscheidende Eigenschaft gelernt zu haben: "Die Art und Weise, wie er die Leute, die eng mit ihm arbeiten, nah zu sich bringt und zu einer Einheit formt, ist schon beeindruckend. Er fordert, was er will und bekommt das dann auch. Sebastian ging vor allem als es nicht lief sehr schonungslos mit seinem Team um, war aber gleichzeitig doch sehr fair zu allen.

Ricciardo: Teilzeit-Bad-Boy für den Erfolg

Um in Zukunft ebenfalls regelmäßig Erfolge auf der größten Bühne feiern zu können, will Ricciardo diese Eigenschaft nun noch weiter adaptieren - was er in den zehn gemeinsamen Monaten bislang bereits stückweise getan hat. "Sebastian schaut allen in die Augen und sagt ganz klar, was er will. Das bringt ihm Respekt und so kann man auch vorankommen. Ich denke, man braucht auf jeden Fall teilweise eine harte und gnadenlose Mentalität, aber vor allem auf der Strecke. Dennoch kann es auch hinsichtlich der Entwicklungsarbeit und Einstellung im Team nicht schaden."

Daniel Ricciardo zeigt sich von Sebastian Vettels Art und Weise beeindruckt, Foto: Red Bull Racing
Daniel Ricciardo zeigt sich von Sebastian Vettels Art und Weise beeindruckt, Foto: Red Bull Racing

Um wie auch Vettel in den erlauchten Kreis der Formel-1-Weltmeister aufzusteigen, will sich Ricciardo für alle Situationen das bestmögliche Verhaltensmuster aneignen: "Ich denke, was du tust muss im Großen und Ganzen die Waage halten. Die guten Jungs gewinnen manchmal, aber nicht immer, und wenn es nett eben nicht geht, dann muss man in diesen Zeiten die harte Mentalität auspacken."

Ricciardo sicher: Vettel schon in Melbourne voll da

Nach seinem kometenhaften Aufstieg 2015 sieht er sich in einer guten Positionen: "Ich denke, ich habe es dieses Jahr ein wenig entwickelt, die Dinge um mich herum mehr selbst in die Hand zu nehmen, ohne natürlich unfair gegenüber den Menschen um mich herum zu werden. Genau diese Einstellung braucht man aber, um in diesem harten Geschäft nicht einfach überrollt zu werden. Du brauchst die Härte, musst alles dafür geben, wenn du an etwas glaubst, und dich nicht entmutigen lassen. Wie gesagt, macht es die Mischung: Bestimmt, aber fair."

Dass Vettel bei Ferrari nach langer Zeit bei Red Bull lange brauchen wird, um sein Topniveau zu erreichen, glaubt Ricciardo nicht: "Ich denke, es wird kein Schock für Sebastian, obwohl er jetzt 15 Jahre in der Familie war und ein Red-Bull-Logo auf dem Helm trug. Beim Teststart in Bahrain wird es für ihn sicher schwierig, aber spätestens beim Saisonauftakt in Melbourne wird er wieder voll da sein. Außer seinem Helmdesign wird er also sicher keinen Schock erleben." Ricciardo und Vettel trennen sich absolut im Guten: "Er war immer fair, hat mir auch nach meinen Siegen gratuliert, obwohl er verlieren hasst. Er hätte leicht anders reagieren können, von daher respektiere ich ihn sehr."

Riccarido pocht auf Leader-Rolle

Gegenüber seinem neuen Teamkollegen Daniil Kvyat will Ricciardo nun zumindest anfangs die Rolle des Leaders übernehmen. Dies soll sich vor allem im Verhalten abseits der Strecke äußern: "Vielleicht muss ich jetzt ein bisschen mehr Verantwortung übernehmen, weil ich der Ältere bin. Ich muss Daniil Tipps geben und meine Erfahrung teilen. Ich hoffe natürlich, meinen Teamkollegen schnell und gut kennenzulernen." Obwohl die Saison 2015 für Ricciardo gut verlief, freut er sich nun auf die freie Zeit. "Es ist ein schönes Ende, denn das Jahr lief gut. Ich werde über den Winter viel zu tun haben und will dann im nächsten Jahr natürlich den nächsten Schritt machen."