In Abu Dhabi wird der letzte Akt in einem hochdramatischen Stück gespielt. Die Protagonisten sind bekannt: Nico Rosberg und Lewis Hamilton sind die Hauptdarsteller im Kampf um die Krone. Alle Augen werden sich auf das Mercedes-Stallduell richten. Trotzdem blickt Motorsport-Magazin.com auf alle Teams im Grid, fasst die Chancen beim letzten Rennen der Saison zusammen und schaut auf die Abschiede.

Mercedes

Mercedes sorgt beim Showdown auf dem Yas Marina Circuit für beste Bedingungen für beide WM-Kontrahenten. Damit die Weltmeisterschaft auch wirklich zwischen den Fahrern entschieden wird, hat Mercedes alles Mögliche getan, um beiden Fahrern das bestmögliche Material zur Verfügung zu stellen. Ein technisch bedingter Ausfall, der die Weltmeisterschaft entscheiden würde, wäre ein absoluter Gau für das Team. "Unser Ziel ist es, beiden Fahrern die gleiche, faire Chance auf den Titel zu geben. Das ist für uns das Wichtigste bei der Vorbereitung auf dieses Rennen", meint auch Paddy Lowe.

In Abu Dhabi fällt die WM-Entscheidung, Foto: Sutton
In Abu Dhabi fällt die WM-Entscheidung, Foto: Sutton

Das der Rennsieg auch in Abu Dhabi nur über einen Mercedes-Piloten gehen dürfte, bezweifelt wohl niemand im Paddock. Das Duell der WM-Rivalen und die technische Aufrüstung Mercedes' sprechen rein sportlich für eine Fortsetzung der Mercedes-Dominanz. Nico Rosberg ist jedenfalls hoch motiviert: "Sieg oder Niederlage, doppelte Punkte hin oder her: Ich bin stolz darauf, was ich in diesem Jahr erreicht habe. Ganz besonders stolz bin ich aber, ein Teil dieser fantastischen Silberpfeil-Saison gewesen zu sein. Ich gehe ohne Angst in dieses Rennen. Ich glaube fest daran, dass ich den Titel gewinnen kann. Es ist erst vorbei, wenn die Zielflagge fällt!"

Red Bull

Auch bei Red Bull fällt am kommenden Wochenende in Abu Dhabi ein Vorhang. Die Ära Vettel findet auf dem Yas Marina Circuit nach fünf Jahren und vier Fahrer- sowie Teamweltmeisterschaften ein Ende. "Ich habe sehr spezielle Erinnerungen an Abu Dhabi. 2010 wurde ich hier zum ersten Mal Weltmeister - in meinem Lieblingsauto, dem RB6. Das war ein Wochenende, das ich niemals vergessen werde", blickt Vettel zurück. Der Grand Prix von Abu Dhabi 2014 wird jedenfalls eine Zäsur für Red Bull und seinen Ziehsohn Vettel sein. "Das Rennen in diesem Jahr wird ein weiterer großer Moment in meinem Leben", gibt Vettel zu. "Es wird mein letztes Rennen mit Red Bull."

Sebastian Vettel erlebte zusammen mit Red Bull in Abu Dhabi viele goldene Momente , Foto: Red Bull
Sebastian Vettel erlebte zusammen mit Red Bull in Abu Dhabi viele goldene Momente , Foto: Red Bull

Die Vita Red Bulls liest sich in Abu Dhabi wie die Geschichte aus "Tausendundeine Nacht". Drei Siege und drei Podestplatzierungen kann Red Bull seit dem Debüt im Jahr 2009 verzeichnen. Sebastian Vettel holte die Rennsiege allesamt alleine. Sein Noch-Teamkollege Daniel Ricciardo erreichte mit Rang zehn lediglich 2012 zählbares im Wüstenstaat. Für Vettel geht es bei seinem Abschiedsrennen noch um Rang vier in der Fahrer-Wertung. Hier muss er sich Fernando Alonso und Valtteri Bottas erwehren.

Williams

In der Teamwertung liegt Williams 44 Punkte vor Ferrari auf Rang drei. Priorität hat also die Verteidigung des lukrativen dritten Gesamtrangs. In der Fahrerwertung hat der Finne Valtteri Bottas noch die Möglichkeit auf den vierten Platz vorzustoßen. Dazu müsste der Williams-Youngster allerdings vor Sebastian Vettel und Fernando Alonso ins Ziel kommen. "Abu Dhabi wird ein aufregendes Rennen. Die doppelten Punkte machen es interessant und wir werden versuchen, es zu unserem Vorteil zu nutzen. Wir haben sowohl die Chance auf den dritten Rang bei den Teams genauso, wie ich noch vierter in der Fahrerwertung werden kann. Das ist ein Ziel von mir", erklärt Valtteri Bottas.

Felipe Massa und Valtteri Bottas sind das erfolgreichste Williams-Duo seit 2003, Foto: Sutton
Felipe Massa und Valtteri Bottas sind das erfolgreichste Williams-Duo seit 2003, Foto: Sutton

In Abu Dhabi könnte Williams zudem massiv in den WM-Kampf zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg eingreifen. Dank der doppelten Punkte am Persischen Golf und der guten Performance des Traditionsteams ist es durchaus vorstellbar, dass sich einer oder gar beide Williams-Piloten zwischen Rosberg und Hamilton drängen könnten. Allerdings schließt Felipe Massa den Eingriff in den WM-Fight kategorisch aus. "Ich werde niemandem helfen. Ich habe Rosberg gesagt: Ich will das Rennen gewinnen und nicht dir helfen", so der Brasilianer.

Ferrari

Wie bei Red Bull endet auch bei Ferrari eine Ära: Fernando Alonso verlässt, wenn auch noch unbestätigt, das Team aus Maranello in Richtung Woking zu McLaren. Der Motorendeal mit Honda beschert McLaren voraussichtlich im nächsten Jahr den zweifachen Weltmeister. Für die Scuderia endet in Abu Dhabi eine verkorkste Saison. Die Roten hoffen auf dem Yas Marina Circuit indes auf ein versöhnliches Ende der Saison 2014. Zudem hat das Team von Marco Mattiaci noch eine Chance historisches abzuwenden: Gelingt im Wüstenstaat kein Sieg eines Ferrari-Piloten, so bedeutet dies die erste sieglose Saison seit 1993. Ein Debakel für stolzen Italiener.

Beim Großen Preis von Italien rollte Fernando Alonso mit Defekt aus. Ein Sinnbild für die Seuchen-Saison der Scuderia, Foto: Sutton
Beim Großen Preis von Italien rollte Fernando Alonso mit Defekt aus. Ein Sinnbild für die Seuchen-Saison der Scuderia, Foto: Sutton

Trotzdem will Ferrari beim letzten Saisonlauf alles in die Waagschale werfen. Die Scuderia bereitete sich schon direkt nach dem Brasilien GP ausgiebig auf das Rennen am Persischen Golf vor. Kimi Räikkönen sammelte im Simulator in Maranello Daten für ein erfolgreiches Wochenende. Zumal es auch für Fernando Alonso noch um Rang vier in der Fahrerwertung geht.

McLaren

Ein letztes Mal werden die Chrompfeile von McLaren unter dem Titel McLaren-Mercedes an den Start gehen. Die zwanzigjährige Partnerschaft zwischen dem englischen Traditionsrennstall und dem Stuttgarter Motorenhersteller findet am Ender der Saison 2014 ein Ende. Auch die Fahrerpaarung Jenson Button und Kevin Magnussen wird aller Voraussicht nach in der kommenden Saison nicht auf dem Tableau erscheinen.

Somit steht beim letzten Saisonrennen weniger das sportliche im Vordergrund. Der Grund: Mit 161 WM-Zählern liegt das Team mit 49 Punkten Rückstand auf Ferrari sowie 34 Punkten Vorsprung auf Force India auf einem relativ gesicherten fünften Gesamtrang. Jenson Button und Kevin Magnussen kämpfen lediglich um die Ränge acht und zehn in der Fahrer-WM, sodass eine Brisanz zum Finale ausbleibt.

Die Kombination McLaren-Mercedes und Jenson Button wird es in der kommenden Saison nicht mehr geben, Foto: Sutton
Die Kombination McLaren-Mercedes und Jenson Button wird es in der kommenden Saison nicht mehr geben, Foto: Sutton

Trotzdem will Jenson Button zum voraussichtlichen Abschied seine starke zweite Saisonhälfte krönen. "Ich stand hier bereits drei Mal auf dem Podium und habe die Strecke stets genossen, denn sie ist tückisch und anspruchsvoll. Wir sollten hier doch gut aufgestellt sein, da es eher auf Motorpower denn auf Abtrieb ankommt", freut sich der Routinier auf das Saisonfinale. Teamkollege Kevin Magnussen absolvierte lediglich den Young Driver Test 2012 auf dem Yas Marina Circuit und betritt somit F1-Neuland.

Force India

Force India versucht die letzten Reserven zu mobilisieren um McLaren von Gesamtrang fünf zu verdrängen. Den doppelten Punkten sei Dank ist ein Platztausch rechnerisch noch möglich, wohl aber eher unrealistisch. Teamchef Vijay Mallya ist trotz der schwachen zweiten Saisonhälfte zufrieden mit dem Team und seinen Fahrern.

"Was auch immer in Abu Dhabi passiert - wir haben den sechsten Platz in der Meisterschaft sicher, daher haben wir nichts zu verlieren, sondern können nur gewinnen", so Mallya. Nico Hülkenberg kann auf dem Kurs in Abu Dhabi seinen Aufwärtstrend aus Brasilien fortsetzen. "Es war für alle im Team ein großartiges Jahr und es wäre schön, die Saison mit ein paar weiteren Punkten stilvoll zu beenden", freut sich der Emmericher auf das Saisonfinale.

Nico Hülkenberg sammelte in Brasilien wieder Führungskilometer , Foto: Sutton
Nico Hülkenberg sammelte in Brasilien wieder Führungskilometer , Foto: Sutton

Toro Rosso

Die Scuderia Toro Rosso steht ebenfalls ein letztes Mal mit der aktuellen Fahrerpaarung Jean-Eric Vergne und Daniil Kvyat im Grid. Kvyat wechselt zur kommenden Saison zum großen Bruder Red Bull Racing. Die Zukunft des vom französischen Teamkollegen Jean-Eric Vergne ist noch ungewiss. Beide Piloten finden sich auf den Gesamträngen 13 und 15 wieder und auch in der Konstrukteurswertung ist der siebte Platz praktisch gesichert. Ein Angriff des Lotus Teams erscheint kaum realistisch und Force India bereits uneinholbar enteilt ist.

Rein sportlich geht es für die beiden Piloten also um nichts mehr, sodass das Team aus Faenza entspannt nach Abu Dhabi reisen kann. Lediglich Vergne kann sich mit einer guten Performance im Wüstenstaat für eine weiteres Engagement beim Team von Franz Toast empfehlen. Das Form-Barometer des Franzosen zeigt seit Singapur nach oben. Gut möglich, dass der 24-Jährige beim Glamour-Rennen noch einmal auf sich aufmerksam macht.

Daniil Kvyat pilotiert letztmalig seinen Toro Rosso, Foto: Sutton
Daniil Kvyat pilotiert letztmalig seinen Toro Rosso, Foto: Sutton

Lotus

Nach einem erneut schwachen Auftritt des Teams aus Enstone heißt es in Abu Dhabi für Lotus die Scherben der Saison zusammenkehren. Romain Grosjean und Pastor Maldonado erlebten ein Jahr zum vergessen. Dem Lichtblick in Texas vor drei Wochen folgte beim letzten Rennen in Brasilien wieder ein langer Schatten.

Trotzdem hoffen Verantwortliche und Fahrer bei Lotus auf einen einigermaßen versöhnlichen Saisonabschluss. Die von Pastor Maldonado anvisierten Punkte dürften jedoch für das gebeutelte Team trotz einiger Updates unerreichbar bleiben. Vor allem die langsamen Kurven kämen Lotus weniger entgegen, sagte Romain Grosjean. Die wenigstens Beobachter werden sich am Wochenende jedoch mit Lotus beschäftigen, da der WM-Kampf zu brisant ist.

Der Lotus E22 wird ein letztes Mal in Abu Dhabi eingesetzt, Foto: Sutton
Der Lotus E22 wird ein letztes Mal in Abu Dhabi eingesetzt, Foto: Sutton

Sauber

Sauber gab im Vorfeld des Rennens von Sao Paulo bekannt, dass der Brasilianer Felipe Nasr in der kommenden Saison das Cockpit von Adrian Sutil besetzen wird. Ein Paukenschlag, den niemand erwartet hätte. Schon vor dieser Nachricht gaben die Schweizer die Verpflichtung des finanzstarken Schweden Marcus Ericsson bekannt, der den Esteban Gutierrez ersetzen wird.

Das Abschiedsrennen für Adrian Sutil und Esteban Gutierrez wird allerdings keine Geschenke für das Team aus Hinwil bereithalten. Die desaströse Saison 2014 wird in Abu Dhabi wohl punktlos enden. Für die Noch-Stammfahrer geht es wohl nur darum ein letztes Mal Grand Prix-Luft zu schnuppern, da weder für Sutil noch für Gutierrez in der kommenden Saison ein Cockpit frei sein dürfte.

Sauber war in der Saison 2014 regelmäßig auf Abwegen, Foto: Sutton
Sauber war in der Saison 2014 regelmäßig auf Abwegen, Foto: Sutton

Caterham

Dank des Crowdfunding-Projekts darf Caterham in Abu Dhabi teilnehmen. Für das Team geht es jedoch nur darum mitzufahren. Aus sportlicher Sicht wird es also ein Start ohne Wert sein. Zudem ist bislang der Japaner Kamui Kobayashi als einziger Starter vom Team bestätigt worden. Sein Teamkollege für das Rennen am Persischen Golf lässt noch auf sich warten. Fakt ist, dass der zahlungskräftigste Fahrer oder die liquideste Fahrerin am Freitag im Caterham Platz nehmen wird. Es ist schön, dass das Team das Starterfeld wieder auffüllt, jedoch überschattet das WM-Finale die Rückkehr des Teams.

Kamui Kobayashi ist von Caterham als Einsatzfahrer bestätigt worden. Wer an seiner Seite fährt ist derweil noch offen., Foto: Sutton
Kamui Kobayashi ist von Caterham als Einsatzfahrer bestätigt worden. Wer an seiner Seite fährt ist derweil noch offen., Foto: Sutton