"Meine persönliche Meinung ist, dass es sportlicher Schwachsinn ist." Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff schüttelt den Kopf, als er auf die doppelten Punkte beim Saisonfinale angesprochen wird. 17 Zähler trennen seine beiden Piloten vor dem Showdown in Abu Dhabi, Lewis Hamilton hat die Trümpfe in der Hand. "Mathematisch spricht alles für Lewis. Er liegt in Führung, ein zweiter Platz reicht. Nico muss hingegen auf einen Ausfall oder Platz drei oder schlechter hoffen", rechnet der Österreicher noch einmal vor, was mittlerweile alle Formel-1-Fans auswendig wissen.

Knüpfen die Silberpfeile an ihre jüngsten Leistungen an, läuft es beim Nachtrennen auf den nächsten Doppelsieg hinaus, ist Wolff bewusst. "Wir lassen sie von der Leine, das sind wir den Fans und den beiden schuldig", verspricht der Motorsportchef ein würdiges Finale. Damit es aus Mercedes-Sicht nicht zum Super-GAU, nämlich einem technischen Defekt, kommt, der das Titelrennen entscheidet, wurde zuletzt in den Trainings die Laufleistung der Motoren ein wenig reduziert. "Wir haben nicht aus vollen Rohren geschossen", verdeutlicht Wolff im österreichischen Fernsehen, wohlwissen, dass man im Motorsport vor technischen Gebrechen nie gefeit ist. "Das wäre ein absolut ungutes Szenario."

Wer hat beim WM-Finale die Nase vorne?, Foto: Sutton
Wer hat beim WM-Finale die Nase vorne?, Foto: Sutton

Ein klärendes Meeting

Normalerweise ist es bei Mercedes üblich, dass Hamilton und Rosberg ihre Daten an den Rennwochenenden untereinander austauschen. "Warum wir so transparent mit den Daten umgehen, ist, weil wir als Team davon lernen. Wir wollen als Team viele Jahre vorne stehen, deshalb brauchen wir die transparente Arbeit", erklärt Wolff die Vorgehensweise. In Abu Dhabi wird es jedoch eine Ausnahme von dieser goldenen Regel geben. "Beim letzten Rennen behält jeder etwas in der Hinterhand. Beide versuchen auszuloten, wie weit sie gehen können", verrät der 42-Jährige.

Damit es zu keinen Unklarheiten kommt, fand vor wenigen Tagen noch einmal eine ausführliche Besprechung der Teamführung mit den Piloten statt. "Eine unserer Regeln lautet, dass wir immer einen Doppelsieg erzielen wollen", betont Wolff. Aufgrund dessen wird bei Mercedes die Strategie so optimiert, dass im Falle keiner Doppelführung der schlechter platzierte Pilot kurzfristig mehr Motorleistung bekommt, das Mapping also "scharf gestellt" wird, um auf den zweiten Platz zu fahren. Ist das geschafft, wird das Mapping wieder "eingefroren" und zwischen den Silberpfeil-Fahrern herrscht Gleichstand. "Dann kam die Frage auf, was ist, wenn in Abu Dhabi jemand beim Start zurückfällt, wird dann auch scharf gestellt?", erzählt Wolff vom Meeting. Die Antwort: "Wir haben zugehört, aber es bleibt so, wie es bisher war."

Wer auch immer letztlich den WM-Pokal in die Höhe stemmen wird, er ist trotz der doppelten Punkte ein verdienter Champion, hält der stolze Motorsportchef fest. "Es wird einen würdigen Weltmeister geben. Wie dieser zustande kommt, ist egal, er wird in den Geschichtsbüchern stehen."