Droht den Teams in der Formel 1 nach dem weitreichenden Werbeverbot für Tabak der nächste Verlust eines lukrativen Sponsoring-Konglomerats? In einem offenen Brief an FIA-Präsident Jean Todt jedenfalls attackiert die European Alcohol Policy Alliance (Eurocare) nun die Alkoholwerbung in der Königsklasse scharf und fordert ein Umdenken. Die Rede ist von einem "wachsenden Problem von Alkoholwerbung und großen Bedenken wegen des enormen Marketingumfangs in der Formel 1".

Damit reagiert die Allianz gegen Alkoholmissbrauch auf den jüngsten Zuwachs entsprechender Sponsorenverträge in der Formel 1. Nach Johnny Walker bei McLaren haben in diesem Jahr auch Martini (bei Williams) und Smirnoff (bei Force India) die Werbeflächen auf den Boliden in Beschlag genommen.

Vorwurf: Verstoß gegen EU-Richtlinie

Stolz präsentiert Williams Martini als neuen Hauptsponsor, Foto: Williams
Stolz präsentiert Williams Martini als neuen Hauptsponsor, Foto: Williams

Konkret wirft der Verbund mehrerer Dutzend Gesundheitsorganisationen aus 25 verschiedenen europäischen Nationen der Formel 1 vor, gegen eine Reihe offizieller Richtlinien für Alkoholwerbung zu verstoßen, nicht zuletzt gegen die EU-Richtlinie (2010/13/EU). Diese besagt, dass Werbung für Alkoholkonsum nicht in Verbindung mit Fahren betrieben werden darf. "Assoziationen zwischen Trinken und Fahren sollten unbedingt als heikel angesehen werden", warnt Eurocare.

Schließlich handele es sich nicht um konventionelle Werbung. Die Konzerne würden mit der Formel 1 nicht nur eine reichweitenstarke Plattform zur Vermarktung bekommen. Durch die Verbindung von Alkoholwerbung mit der Formel 1 würden bei den Verbrauchern darüber hinaus unterbewusst positive Assoziationen zwischen Sport und Produkt geweckt. Das sei eine gängige Marketing-Maßnahme der Alkoholindustrie, um ihre Produkte besser zu vermarkten.

Verbot gefordert

Force India wirbt mit Smirnoff, Foto: Force India
Force India wirbt mit Smirnoff, Foto: Force India

Zudem falle die gegenwärtige Situation nicht in die Kategorie der "weit verbreiteten Promotion von Botschaften zu verantwortlichem Fahren", schreibt Eurocare. Zumal ein Teil dieser Initiativen von der Alkoholindustrie selbst gesteuert sei. Auch das auf fast allen Strecken längst bekannte Ecclestone-Banner "Bernie says: think before you drive"?

Doch droht die Formel 1 nun tatsächlich der Verlust einer weiteren zahlungskräftigen Industrie als Werbepartner? Eurocare jedenfalls würde das begrüßen. So heißt es: "Alkoholkonzerne behaupten oft, dass ihre Kampagnen nur das Resultat eines Wettbewerbs um Marktanteil und Markenloyalität sind. Daher würde ein komplettes Verbot von Alkoholwerbung in der Formel 1 die gesamte Branche nur auf denselben Level stellen." Es gebe ein weitreichendes, gemeinsames Verständnis, dass Alkoholwerbung in der Formel 1 unpassend ist.

Eurocare: Formel 1 überlebte schon das Werbeverbot für Tabak

Bernie Ecclestone und Mika Häkkinen bei einem PR-Termin für Johnny Walker, Foto: Motorsport-Magazin.com
Bernie Ecclestone und Mika Häkkinen bei einem PR-Termin für Johnny Walker, Foto: Motorsport-Magazin.com

Gerade angesichts der aktuell tobenden Finanzdebatte ein heftiger Schlag ins Kontor. Doch es sind die Gesundheitslobbyisten von Eurocare selbst, die versuchen den Teams den Schrecken zu nehmen. Sorgen, dass die Finanzblase platze, seien nicht angemessen. Sowohl Snooker, Pferderennsport als auch die Formel 1 selbst hätten es geschafft neue Sponsoren zu finden, als damals die Tabakwerbung verboten worden sei. Einen Finanzkollaps habe es durch die Restriktion nicht gegeben und werde es auch jetzt nicht über Nacht geben.

Dass es Eurocare ernst meint, beweist, dass der offene Brief nicht nur am Place de la Concorde in Paris bei der FIA eintrudelte. Eurocare schickte die Post parallel an Organe wie EU-Kommission, Weltgesundheitsorganisation - und natürlich Bernie Ecclestone selbst. Die Welt ist gespannt auf deren Antworten.

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