Daran, dass Mercedes auch in Brasilien das Geschehen dominieren würde, hatte niemand gezweifelt. Doch das ist auch nicht mehr die Frage. Die Formel-1-Welt blickt auf den Mercedes-internen Zweikampf zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg. Kann Rosberg in Sao Paulo den Spieß noch umdrehen? Und wie sieht es hinter den Mercedes aus? Motorsport-Magazin.com analysiert den Freitag.

Hamilton konnte nicht mir Rosberg mithalten, Foto: Mercedes AMG
Hamilton konnte nicht mir Rosberg mithalten, Foto: Mercedes AMG

Nico Rosberg setzte in beiden Freitagssessions die Bestzeit. Zum ersten Mal in dieser Saison überhaupt gelang ihm dieses Kunststück damit. Hamilton hingegen konnte schon viermal in diesem Jahr den Freitag komplett dominieren, in Bahrain, Ungarn und den USA fuhr er sogar in allen drei Trainings die Bestzeit. Für Rosberg also zumindest einmal ein kleines Comeback nach zuletzt schwächeren Leistungen.

Allerdings täuscht die Zeitenliste ein wenig: Rosberg fuhr auf den Soft-Reifen eine schnelle Runde, setzt dabei seine drei persönlichen Sektorbestzeiten. Hamilton hingegen verpatzte seine schnelle Runde auf den Softs, legte nach einer Abkühlrunde noch einmal nach verbesserte seine Zeit in den ersten beiden Sektoren - bog dann aber in die Boxengasse ab. Addiert man die persönlichen Sektorbestzeiten, fehlen Hamilton lediglich 0,024 Sekunden auf Rosberg. Die Zeit verlor Hamilton im letzten Sektor - den er in seiner verpatzten ersten Runde fuhr.

Asphalt bis zu 58,4 Grad heiß

Obwohl auf dem Autodromo Carlos Pace die niedrigsten Rundenzeiten gefahren werden, war die Longrun-Analyse nicht besonders aufschlussreich. Eigentlich sollten die Piloten wegen der ÖKürze der Strecke besonders viele Runden im Longrun zurücklegen, allerdings sorgten drei Rot-Phasen für Stückwerk, das am Ende nur wenig zu gebrauchen war. Kaum ein Pilot fuhr mehr als sechs Runden am Stück.

Dabei sind die Reifen nicht uninteressant: Das Quecksilber stieg bei der Asphalttemperatur bis auf 58,4 Grad, der neue Asphalt sorgt in Verbindung mit Pirellis geänderter Reifenwahl für ein paar Fragezeichen. "Durch die hohen Temperaturen und den neuen Asphalt kam es zu Blasenbildung an den Reifen. Das war etwas beunruhigend", gesteht Rosberg. "Gegen Ende des Nachmittagstrainings sahen wir starke Blasenbildung. Zu diesem Zeitpunkt erreichten wir mit die höchsten Streckentemperaturen in dieser Saison", analysiert Paddy Lowe.

Hamilton fuhr keinen brauchbaren Longrun auf den Softs, lediglich ein Run auf den Mediums lässt sich zwischen den beiden Mercedes-Piloten vergleichen. Und hier hatte Rosberg die Nase vorne. Dabei lässt sich auch gut erkennen, dass die Rundenzeiten nicht zunehmen. Im Gegenteil: Mit leichter werdenden Autos, sinken die Rundenzeiten sogar. Obwohl die Reifen am Ende der Stints insgesamt schon 20, respektive 22 Runden hinter sich hatten.

Auf den Softs zeigt sich das gegenteilige Bild: Vor allem bei Daniil Kvyat wurde es am Ende besonders sichtbar, als er nur noch rumrutschte. Der Soft-Reifen hatte mit den hohen Temperaturen zu kämpfen. Deutlich zeigt sich hier auch der Vorsprung von Mercedes: Auf der ersten Runde konnte Felipe Massa im Williams noch einigermaßen mithalten, doch schon in der zweiten Runde ging die Schere zwischen Williams und Mercedes auseinander.

Die Zeit holten Rosberg und Hamilton im langsamen Mittelsektor. Im ersten und im letzten Sektor, wo Power und Speed gefragt ist, können die Williams mithalten. Im Mittelsektor ziehen die Werks-Mercedes davon. Bei Ferrari und Red Bull zeigt sich ein umgekehrtes Bild: In den Power-Sektoren müssen Räikkönen und Ricciardo extrem abreißen lassen, im Mittelsektor sind Ferrari und Red Bull die ersten Mercedes-Verfolger. Williams profitiert einmal mehr von Mercedes-Power und einer effizienten Aerodynamik.

Sektor 1Sektor 2Sektor 3
Rosberg 18.258Hamilton 37.135Rosberg 16.640
Hamilton 18.273Rosberg 37.225Massa 16.706
Massa 18.313Räikkönen 37.480Hamilton 16.739
Kvyat 18.388Ricciardo 37.491Räikkönen 16.813
Räikkönen 18.398Bottas 37.620Alonso 16.814
Ricciardo 18.469Magnussen 37.652Bottas 16.815

Bedenkt man aber, dass sich Williams am Freitag meist in Zurückhaltung übt, ist mit Massa und Bottas bei trockenen Bedingungen als erster Mercedes-Verfolger zu rechnen. Seriöse Prognosen sind aber nicht zuletzt aufgrund der unterbrochenen Longruns nicht möglich.

Regen droht

Alle Analysen und Theorien werden sich aber wohl schon am Samstag als hinfällig erweisen. Denn die Meteorologen rechnen mit Regenschauern. Nicht nur am Samstag, auch am Sonntag zum Rennen sollen sich die Schleusen über Sao Paulo öffnen. "Und dann beginnen wir wieder bei Null", spricht Pat Fry stellvertretend für das gesamte Fahrerlager.

Vor allem der neue Asphalt ist für alle bei Regen die große Unbekannte. Die einzigen Konstanten dürften Williams und Red Bull sein: Williams hatte zuletzt in Japan große Probleme, die Reifen im Regen zum Arbeiten zu bekommen. Das Problem verfolgt Williams schon die gesamte Saison. Red Bull hingegen hofft auf Regen. Dann nämlich macht sich das Leistungsdefizit weniger bemerkbar und der Downforce fällt stärker ins Gewicht.