Brasilien ist der Höhepunkt des Formel-1-Kalenders. Zumindest wenn es um die wahre Höhe geht. Denn Sao Paulo liegt 795 Meter über dem Meeresspiegel. "Wir sehen die anderen 'hohen' Rennen in Spa und Österreich als Tests, aber auf 800 Meter über dem Meeresspiegel ist Interlages ein weiterer Schritt", meint Renaults Motorenchef Remi Taffin.

Brasilien ist eine Motorenstrecke, Foto: Sutton
Brasilien ist eine Motorenstrecke, Foto: Sutton

Spa liegt rund 600 Meter über dem Meeresspiegel, Spielberg noch einmal um rund 50 Meter höher. Deshalb wurden in der Motorenschmiede in Viry spezielle Tests auf Prüfständen unter diesen Bedingungen durchgeführt. "Zuerst, um die Zuverlässigkeit zu gewährleisten. Und dann auch noch, um das Setup für die Performance richtig hinzubekommen", erklärt Taffin.

Das Problem: In Höhenlagen wird die Luft dünner, der Sauerstoffgehalt nimmt von Meter zu Meter ab. Das Kuriose: Während bei den alten Saugmotoren die Leistung wegen des niedrigeren Sauerstoffgehalts abnahm und gleichzeitig auch die Belastung auf die Komponenten, ist es bei den Turbomotoren fast komplett umgekehrt. Die Leistung nimmt zwar nicht zu, bleibt aber gleich.

Der Turbolader gleicht den fehlenden Sauerstoff durch mehr Umdrehungen aus, der Ladedruck bleibt gleich. Die Drehzahlen des Turbolader gehen aber nahe an die Belastungsgrenze. Per Reglement darf sich die Turbowelle bis zu 125.000 Mal pro Minute umdrehen - das sind mehr als 2000 Umdrehungen pro Sekunde.

Auf den Prüfständen kann die Belastung gut simuliert werden, Foto: Mercedes-Benz
Auf den Prüfständen kann die Belastung gut simuliert werden, Foto: Mercedes-Benz

Dabei ist Sao Paulo noch harmlos im Vergleich zu einem Austragungsort, der nächstes Jahr auf die Formel 1 wartet: Mexico City. Die Rennstrecke liegt auf über 2000 Meter! Schon in Sao Paulo enthält die Luft gut 10 Prozent weniger Sauerstoff.

Doch die dünne Luft ist in Sao Paulo nicht das einzige Problem. Gleichzeitig haben hohe Temperaturen einen großen Einfluss auf die Motoren. Dadurch nimmt die Dichte noch einmal ab. Bei der Kühlung erwartet Taffin keine Probleme, aber bei der Leistung. "Um die gleiche Leistung zu erzielen, muss der Motor viel höher drehen, was den Verbrennungsmotor stark beansprucht", fürchtet Taffin. Doch auch hier soll der Prüfstand Hilfe leisten: "Auf dem Dyno haben wir uns das sehr genau angesehen - wir können dort beide Phänomene gleichzeitig testen."

Auch Höhenunterschiede problematisch

Die Power Units sind sensibel auf äußere Einflüsse, Foto: Renault
Die Power Units sind sensibel auf äußere Einflüsse, Foto: Renault

Nicht nur die Höhe an sich ist in Sao Paulo problematisch, auch die Höhenunterschiede. Neben den lateralen Kräften kommen auf die Power-Unit-Komponenten auch noch vertikale Kräfte hinzu. Vor allem das Senna S ist eine schwierige Stelle, die Autos werden teilweise bis zu 30 Grad angestellt. Um die Schmierung auch in dieser Passage sicherzustellen, werden die Füllmengen der Schmiermittel erhöht.

Gleichzeitig ist es auch bei der Benzinzufuhr kritisch, allerdings bei der langen bergauf Links Richtung Start und Ziel. Die Ingenieure haben extra deshalb den Tank der Autos auf diese Stelle im Kalender ausgelegt. Damit auch der letzte Tropfen den Weg in die Benzinleitung findet, ist ein Kollektortank hinten rechts angebracht.

Bodenwellen unproblematisch

Eine Erleichterung im Vergleich zu den vorherigen Jahren gibt es für die Ingenieure aber doch. Das Autodromo Carlos Pace ist mit Abstand die unebenste Strecke im Kalender. Die Lage zwischen den Seen sorgt dafür, dass ständig neue Bodenwellen entstehen - da hilft auch die Neuasphaltierung recht wenig.

Die Autos setzten auf den Bodenwellen für Bruchteile einer Sekunde auf, die Reifen haben in dieser kleinen Zeitspanne keinen Kontakt zum Boxen. Bei der alten Motorengeneration sind die Aggregate deshalb oftmals in den Drehzahlbegrenzer gekommen. In diesem Jahr ist das weniger dramatisch, weil die Drehzahlgrenze von 15.000 Umdrehungen pro Minute aufgrund des maximalen Benzinflusses ohnehin nicht ausgenutzt wird.