Jetzt ist es soweit: Nico Rosberg kann aus eigener Kraft nicht mehr Weltmeister werden. Lewis Hamilton gelang mit seinem Sieg in Austin, Texas ein entscheidender Schritt auf dem Weg zum zweiten Titelgewinn nach 2008. Der fünfte GP-Erfolg in Serie und der zehnte aus 17 Rennen: Hamilton schreitet dem WM-Triumph zielsicher entgegen. Rosberg muss nun auf Fehler oder technische Defekte seines Teamkollegen hoffen, um noch eine Titelchance zu haben. Dem Briten reichen zwei zweite Plätze, um den Sack zuzumachen.

Hamilton führt die Gesamtwertung nach dem US-Sieg mit 24 Punkten vor Rosberg an. Der Druck, Rennen zu gewinnen, liegt nun nicht mehr bei ihm. Natürlich wollte sich Hamilton nicht auf die Frage zur künftigen Strategie einlassen - wer hört schon gern von einem Rennfahrer, dass ihm zweite Plätze reichen. "Es verändert sich nicht wirklich etwas", meinte er deshalb. "Ich denke, das ist bei Nico ebenso. Wir jagen beide diese Punkte. Während der Saison muss man die Risiken genau abwägen. Bislang bin ich nicht sehr viele Risiken eingegangen."

Hamilton hat das Momentum klar auf seiner Seite, Foto: Mercedes-Benz
Hamilton hat das Momentum klar auf seiner Seite, Foto: Mercedes-Benz

Rosberg zu konservativ?

Auch bei seinem entscheidenden Überholmanöver in Austin in Runde 24 fuhr Hamilton nicht auf der letzten Rille. Stattdessen arbeitete er sich konsequent an Vordermann Rosberg heran und nutzte die Chance, als sie sich ihm bot. Rosberg hingegen wurde zu diesem Zeitpunkt eine etwas zu konservative Herangehensweise vorgeworfen. Rosberg verteidigte seine Fahrweise und erklärte nach dem Rennen, dass es ein Problem mit dem ERS gegeben habe. Es habe sich um einen Fehler gehandelt, von dem er selbst nichts wusste.

Am Ende sind es allerdings diese Kleinigkeiten, die den Unterschied ausmachen im ultra-engen WM-Duell. Wieder einmal war es Rosberg, bei dem in der finalen Saisonphase nicht alles perfekt lief. Hamilton hingegen eilt scheinbar mühelos von Sieg zu Sieg - seine Serie erinnert an den Sebastian Vettel vergangener Tage. Hamilton gelang es vor allem, sich nicht von den Problemen der ersten Jahreshälfte unterkriegen zu lassen, als es Qualifying für Qualifying Probleme gab. In Austin sei er wieder einmal wie ein Jedi-Ritter gewesen, stellte ein Pressevertreter den Vergleich zum Krieg der Sterne an.

Rosberg ist jetzt auf Hamilton angewiesen, Foto: Sutton
Rosberg ist jetzt auf Hamilton angewiesen, Foto: Sutton

Jedi-Ritter! Das ist cool!

"Ich mag den Vergleich mit dem Jedi Ritter! Das ist cool", entgegnete Hamilton mit einem Grinsen im Gesicht. Er hat allen Grund zur Freude, das Momentum ist nun endgültig auf seiner Seite. Schon seit einigen Rennen ist zu beobachten, mit welchem Selbstvertrauen Hamilton die Rennen angeht. Dass die Qualifying-Bilanz zugunsten von Rosberg ausfällt, scheint ihn überhaupt nicht mehr zu interessieren.

Gleiches Spiel in Austin, als Rosberg so dominant zur Pole fuhr. Hamilton nach dem Rennen: "Ich hatte die Entschlossenheit und den Hunger, das Rennen zu gewinnen. Ich hatte dabei ein gutes Gefühl, wie schon seit einiger Zeit. Ich ging mit dem Glauben in das Rennen, dass ich gewinnen könnte."

Rosberg bleibt gar nichts anderes übrig, als die Laune weiter hochzuhalten. Natürlich weiß er, dass Hamilton der WM-Triumph kaum noch zu nehmen ist. Helfen kann ihm eigentlich nur noch ein technischer Defekt auf der anderen Seite der Garage. Doch inzwischen erscheinen die Silberpfeile weitestgehend kugelsicher, zehn Doppelsiege für Mercedes sind ein guter Beleg. Technische Probleme im Rennen hatte Hamilton zuletzt in Monza, als beim Start sein ERS streikte - trotzdem schnappte er sich Rosberg und den Sieg.

Hammertime: So sieht Selbstvertrauen aus, Foto: Sutton
Hammertime: So sieht Selbstvertrauen aus, Foto: Sutton

Rosberg mit voller Attacke

Der Deutsche bewahrt unterdessen die Haltung, hält sich mit Kampfansagen über Wasser. "Die Herangehensweise bleibt für mich unverändert. Fest entschlossen, volle Attacke", so Rosberg. "Ich werde versuchen, im Qualifying auf die Pole zu fahren und dann das Rennen in Interlagos zu gewinnen. Ich habe noch eine Chance auf die WM, selbst mit meinem Rückstand. Jetzt gilt meine Konzentration Brasilien. Es ist möglich, dort alles herumzudrehen. Man weiß nie, was dort passiert." Durchhalteparolen, bloß nicht den Glauben an sich selbst verlieren. Die 50 Punkte in 'Abu Double' sind inzwischen zum Hoffnungsschimmer geworden. Hier könnte Hamilton alles verlieren, selbst wenn er auch noch in Interlagos siegt.

Da dürften Rosberg Niki Laudas Worte nach dem US Grand Prix nicht allzu sehr geschmeckt haben. Der Mercedes-Aufsichtsratsvorsitzende: "Lewis ist im Rennen besser. Er war hier wieder mal der Bessere, weil er im Rennen alles richtig gemacht hat. Nico konnte dem nichts entgegensetzen." Rosberg bleiben in dieser Saison nur noch zwei Gelegenheiten, um seinen Chef vom Gegenteil zu überzeugen. Sein Problem: Hamilton hat es jetzt nicht einmal mehr nötig, der Bessere zu sein...

10. Saisonsieg für Lewis Hamilton in Austin, Foto: Sutton
10. Saisonsieg für Lewis Hamilton in Austin, Foto: Sutton

Rosberg holt den WM-Titel...

  • ... wenn er die letzten zwei Rennen gewinnt und Hamilton in Brasilien Zweiter und in Abu Dhabi nur Dritter wird
  • ... wenn er in Abu Dhabi gewinnt und Hamilton keine Punkte holt
  • ... wenn er in Interlagos siegt, Hamilton dort punktelos bleibt und Rosberg in Abu Dhabi vor ihm ins Ziel kommt
  • ... wenn Hamilton in beiden Rennen keine Punkte holt und Rosberg jeweils 25 Punkte einsackt