Kündige niemals deinen Hauptberuf

Beim Spaziergang durch die Boxengasse hatte ich einfach ein wenig Glück. Vor der offiziellen Eröffnung bin ich etwa 15 Minuten vor den Garagen auf und ab gewandert, und einige Teams waren mit dem Üben ihrer Boxenstopps beschäftig. Um diese Zeit sieht man eigentlich nie Fahrer, aber Sergio Perez war dort, saß gemütlich in seinem Force India. Die Lichtverhältnisse waren perfekt und ich schoss ein paar Fotos. Auch Sergey Sirotkin lief mir über den Weg, und ich machte ein paar herrliche Schnappschüsse. Dann kam ich bei Mercedes vorbei, die ebenfalls gerade Boxenstopps übten. Ich war fast schon vorbeigegangen, als ich aus dem Augenwinkel sah: Moment einmal! Das ist doch Lewis Hamilton! Er kniete vorne rechts, trug Handschuhe und Schutzbrille. Er schaute mich an und sagte, ihm wäre es lieber, er hätte seine Sonnenbrille an. Ich fand das wirklich witzig.

Autofahren kann Hamilton definitiv noch etwas besser als Reifen zu wechseln, Foto: Sutton
Autofahren kann Hamilton definitiv noch etwas besser als Reifen zu wechseln, Foto: Sutton
Lewis Hamilton hatte als Boxenmechaniker viel Spaß, Foto: Sutton
Lewis Hamilton hatte als Boxenmechaniker viel Spaß, Foto: Sutton

Lewis war wie gewöhnlich ziemlich großspurig aufgelegt und wollte unbedingt wissen, wie es sich anfühlt, bei einem schnell ankommenden Auto dann in Sekundenschnelle die Reifen zu wechseln. Allerdings beging er umgehend einen Fehler und verfehlte das Loch mit seinem Schlagschrauber. Diese Peinlichkeit blieb allerdings nicht verborgen. Das französische Fernsehen war dort und filmte - auch noch in Slow Motion. Allerdings waren Stimmung und Atmosphäre sensationell, und man konnte förmlich sehen, wieviel Spaß Lewis hatte. Ich bin mir sicher, er hat es genossen, sich einmal für ein paar Minuten wie seine Crew zu fühlen. Was die Bilder meiner Meinung nach am meisten ausmacht, ist, dass sie den Spaß, den Lewis dabei hat, perfekt einfangen. So etwas macht er sicher nicht allzu oft, und den WM-Leader so entspannt zu erleben, ist wirklich schön.

Einen Pass für Putin

Ich hatte ursprünglich keine Ahnung, dass Putin tatsächlich in Sochi auftauchen sollte. Ich hatte nur Geschichten gehört, dass er womöglich kommen würde und bereits Zugangs-Pässe für einen Begleit-Trupp von 800 Personen angefordert hatte. Es gab zahlreiche Geschichten und Gerüchte. Zu dem Zeitpunkt, als er schließlich doch auftauchte, hatte ich bereits die meiste Fotografier-Arbeit während des Rennens absolviert, und da ich das Finale live miterleben wollte, nahm ich einen Shuttle-Bus, der mich zur letzten Kurve vor der Ziellinie bringen sollte. Auf einmal bemerkte ich die Menschenmengen und den Aufruhr auf der Haupttribüne - und sah, dass dort Putin mit Bernie Ecclestone saß.

Bernie Ecclestone hatte am russischen Präsidenten seine helle Freude, Foto: Sutton
Bernie Ecclestone hatte am russischen Präsidenten seine helle Freude, Foto: Sutton

Eigentlich saßen die beiden ziemlich isoliert. Putins Übersetzerin war noch in der Nähe. Der Mann auf der linken Seite ist der stellvertretenden Premier Minister, der allerdings eigentlich bereits das gesamte Wochenende in Sochi verweilte. Der witzigste Moment war aber eindeutig, als Ecclestone Putin einen speziellen Pass überreichte, mit dem er permanenten und unbegrenzten Zugang hatte. Putin hatte sichtlich Spaß, sich diesen umzuhängen, und trug ihn dann auch den gesamten restlichen Tag. Schade nur, dass nicht Bernie selbst Putin den Pass umhängte: Das wäre eindeutig das Bild des Tages geworden.

Vladimir Putin hängt sich stolz seinen 'Permanent Pass' an, Foto: Sutton
Vladimir Putin hängt sich stolz seinen 'Permanent Pass' an, Foto: Sutton

Die Szenerie in Sochi

Dies ist ein schöner Schnappschuss, bei dem die Umgebung des Olympischen Parks mit einbezogen ist. Wir haben das gesamte Wochenende über nach Motiven gesucht, bei denen man super zeigen konnte, dass wir uns in Sochi und Russland befinden. Wir wollten einfach den Flair und die Besonderheit der Umgebung mit einfangen. Es war tatsächlich gar nicht so einfach, da dieser neue Kurs noch nicht perfekt an die Anforderungen der Fotografen angepasst war. Überall standen Zäune und Absperrungen, die oft perfekte Aussichten und Motive behinderten. Außerdem wirst du eigentlich komplett von den Shuttle-Bussen beherrscht, und musst dich nach ihnen richten, da der Kurs wirklich enorm lang und weitläufig ist. In diesem speziellen Fall bin ich aber einfach einmal auf eigene Faust losmarschiert, und habe dann durch Zufall dieses Motiv entdeckt. Es ist komplett frei von irgendwelchen Sponsorings und im Hintergrund sieht man das Gebäude, auf dem die olympische Feuer entfacht wurde. Im Hintergrund findet sich ebenfalls noch ein Gebäude des anliegenden Themenparks - das sich klar vom Rest abhebt.

Ein Red Bull vor der traumhaften Kulisse in Sochi, Foto: Sutton
Ein Red Bull vor der traumhaften Kulisse in Sochi, Foto: Sutton

Die Geschichte des Rennens

Dies ist wirklich ein schönes Bild und spiegelt in aller Fairness kurz und knapp die Geschichte des Rennens wider. Ich mag es sehr, denn es zeigt das gesamte Feld. Man sieht bis zu fünf Autos nebeneinander und bei genauerer Betrachtung kann man sich richtig vorstellen, wie es zu einer Karambolage kommt. Ich hatte bereits die Rennen der GP2 und GP3 gesehen und wusste daher, wie weit die Autos nach diesem Vollgas-Stück in Kurve eins gehen können. Ich wusste, dass die Piloten zu Beginn noch Probleme haben würden, solange die Reifen nicht auf Temperatur sind, aber in diesem Bild ist Rosberg einfach viel zu spät dran mit seinem Bremsmanöver, und erleidet blockierende Vorderräder.

Nico Rosbergs Verbremser nach dem Start war bereits die Rennentscheidende Szene, Foto: Sutton
Nico Rosbergs Verbremser nach dem Start war bereits die Rennentscheidende Szene, Foto: Sutton

Wir sind grundsätzlich sowieso immer an der ersten Kurve nach dem Start, da es dort regelmäßig sensationelle Bilder gibt, weswegen dieser Schnappschuss kein Hexenwerk war. Jedoch entpuppte sich dieses Bild aus Sicht der Medien letztlich einfach als ein echter Glücksgriff, da dies gleichzeitig der entscheidende Moment des Rennens war, der die Geschichte quasi auf einen Blick erzählte. Ebenfalls ist es recht selten zu sehen, dass bei Autos beide Vorderreifen parallel blockieren, womit dieses Bild noch besonderer wurde. Es war ein Bild mit der 7200er-Kamera mit einem 1.7 Konverter. Es ist ein ganz neues Teil und so verdammt scharf.

Russischer Stolz

Außer den TV-Crews und dem offiziellen FOM-Fotograf durften keine weiteren Personen auf die Strecke. Ich wusste, dass sie eine russische Flagge die Start-und-Zielgerade hinuntertragen würden, aber dass sie so groß sein würde, hätte ich niemals für möglich gehalten. Normalerweise würdest du so einen Schnappschuss an keiner anderen Strecke bekommen, denn überall sonst wärst du zu diesem Zeitpunkt auf der Strecke und in der Startaufstellung. Dann wäre es unmöglich gewesen, festzuhalten, wie gigantische diese Ausmaße waren und wie viele Personen in diese Aktion tatsächlich involviert waren.

Vor dem Start zeigte Sochi mit einer mehreren hundert Meter lange Fahne Nationalstolz, Foto: Sutton
Vor dem Start zeigte Sochi mit einer mehreren hundert Meter lange Fahne Nationalstolz, Foto: Sutton

Die Flagge war tatsächlich fast so lang wie die gesamte Start-und Zielgerade. Die Zuschauer waren extrem überrascht, denn so etwas erwartet man eher in Amerika. Ich habe mit dem 'Fischauge' fotografiert und es sind doch einige sehr schöne Bilder gelungen. Sie zeigen auch ganz gut das Ausmaß der Hospitality, wie ich finde. Es innert mich sehr stark an Abu Dhabi und an die von Hermann Tielke gebaute Strecke. Das ist bei Betrachtung des Bildes leicht festzustellen.

Das Gefühl des Sieges

Es gab Gerüchte, Putin wolle das Podest scheinbar mit kugelsicherem Glas abschirmen lassen, weswegen wir uns nicht sicher waren, dass er tatsächlich auch wie geplant bei der Zeremonie erscheinen würde. Das wäre in der Tat sehr amüsant gewesen und hätte für sicherlich tolle Bilder gesorgt. Letztlich stand er einfach so oben auf der Bühne. Die Fahrer hatten ihn bereits im Vorfeld getroffen und sich ihm vorgestellt, weswegen es ein wenig so wirkt, als würden sie ihn während der Zeremonie ignorieren.

Vladimir Putin höchstpersönlich überreichte Lewis Hamilton die Siegtrophäe in Sochi, Foto: Sutton
Vladimir Putin höchstpersönlich überreichte Lewis Hamilton die Siegtrophäe in Sochi, Foto: Sutton

Da viele unserer Kollegen und auch wir die TV-Bilder nicht gesehen hatten, kannten wir diese Tatsachen nicht und waren zunächst ein wenig verwundert. Später machte aber alles wieder perfekten Sinn. Als Lewis die Siegestrophäe von Putin überreicht bekam, schüttelte er natürlich dessen Hand. Dies dauerte gefühlt Ewigkeiten. Das gesamte Event war einfach nur großartig von Anfang bis Ende und ich bin mir sicher, dass Putin sich sehr darüber gefreut hat, dass Lewis nicht müde wurde zu betonen, wie sehr er in seinen kommenden freien Tagen allerorts von der Sochi-Premiere schwärmen würde.