Spannung pur - Klappe, die siebzehnte! Das drittletzte Rennen des Formel-1-Jahres 2014 auf dem Circuit of the Americas nahe Austin steht ganz und gar im Zeichen des Mercedes-internen WM-Zweikampfes zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg. Bei noch 100 zu vergebenen Punkten liegt Hamilton nach vier Siegen in Serie mit 291:274 Zählern erstmals in dieser Saison etwas komfortabler vor seinem Teamkollegen in Front - und könnte in Texas gar bereits für eine Vorentscheidung sorgen.

Ebenfalls heiß hergehen dürfte der Kampf um das Podium zwischen den Verfolgern Red Bull und Williams, die auf der 5,5 Kilometer Strecke auf hügeligem Terrain beide ihre spezifischen Stärken ausspielen können. Während es für Ferrari einmal mehr nur um Schadensbegrenzung gehen kann, ringen McLaren und Force India im Kampf um WM-Rang fünf um das Momentum.

Rosberg bereits massiv unter Druck

Angesichts doppelter Punkte beim Finale in Abu Dhabi wird die WM zwar aller Wahrscheinlichkeit nach erst im arabischen Emirat entschieden, jedoch bergen die Rennen in Austin und Sao Paulo vor allem aus Sicht Rosbergs enorme Brisanz. Will sich der Deutsche den Traum vom ersten WM-Titelgewinn seiner Karriere erfüllen - und dazu vor allem aus eigener Kraft in der Lage sein - darf sein Rückstand auf Hamilton in Abu Dhabi nicht mehr als 13 Zähler betragen. Dann wäre Rosberg bei einem eigenen Sieg definitiv Weltmeister, selbst wenn Hamilton als Zweiter ins Ziel käme.

Nico Rosberg zog im knallharten WM-Duell mit Hamilton jüngst häufig den Kürzeren, Foto: Sutton
Nico Rosberg zog im knallharten WM-Duell mit Hamilton jüngst häufig den Kürzeren, Foto: Sutton

Sollte Hamilton also in Austin gewinnen, würden Rosberg nicht einmal mehr zwei Siege zum Saisonabschluss reichen, falls der Brite jeweils als Zweiter die Zielflagge sieht. Bei bislang neun Doppelsiegen durch Mercedes in sechzehn Rennen - wobei das Team durch eigene Fehler gar leichtfertig weitere verschenkte - ist die Wahrscheinlichkeit eines solchen Szenarios durchaus groß genug, um Rosberg bereits in Austin massiv unter Druck zu setzen. Der WM-Leader muss in Austin im Grunde genommen gar nur vier Zähler mehr holen als sein schärfster Verfolger, um sich in diese komfortable Position zu bringen.

Für Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo hingegen dürfte sich angesichts von 92 Punkten Rückstand auf Hamilton am Sonntag auch die letzte mathematische Chance auf den Titel in Luft auflösen.

Flackert der Krieg der Sterne wieder auf?

Nachdem im Anschluss an den großen Mercedes-internen 'Knall von Spa' etwas Ruhe in das Duell der Streithähne einkehrte, könnte die Gangart beim Duell im Wilden Westen nun wieder deutlich härter werden. Hierfür spricht auch die Tatsache, dass Mercedes die lange ersehnte erste Kontrukteurs-Weltmeisterschaft der Geschichte bereits seit dem Rennen in Sochi unter Dach und Fach gebracht hat. Selbst der Aufsichtsratsvorsitzende Niki Lauda hatte seinen Fahrern bereits vor Wochen zugebilligt, dass sie nach dem Gewinn der Team-WM auf der Strecke 'Narrenfreiheit' bekämen.

Volle Entschlossenheit: Nico Rosberg hat den WM-Titel im Blick, Foto: Sutton
Volle Entschlossenheit: Nico Rosberg hat den WM-Titel im Blick, Foto: Sutton

Dass Rosberg im Kampf um seinen Weltmeisterschaftstraum keine Rücksicht auf Verluste nimmt, hat der Deutsche bereits ausreichend unter Beweis gestellt. Erleben wir im Kampf um den Sieg in Austin also die Rückkehr des hitzigen Duells, das uns über zwei Drittel der Saison derart von den Sitzen riss? Weitere Anwärter auf den Triumph auf dem rund 5,5 Kilometer langen Kurs nahe der texanischen Hauptstadt sind bei normalem Rennverlauf derzeit wahrlich nicht auszumachen.

US GP: Mehr Spannung durch Chance auf Taktikspiele?

Der F1-W05 ist auf jedem Streckenlayout eine Macht und sollte auch auf dem Circuit of the Americas mit vielen schnellen und flüssigen Kurven sowie der extrem langen Gegengeraden einmal mehr eine Klasse für sich sein. Zwischen Red Bull und Williams dürften wir hingegen einen engen und harten Kampf um das Podium erwarten. Während der RB10 mit seiner überlegenen Aerodynamik vor allem im ersten und dritten Sektor weitestgehend gegenüber den FW36 im Vorteil sein sollte, haben diese im langen zweiten Streckenabschnitt sowie auf der Start-und-Zielgeraden bis hin zur Bergauf-Kurve eins, die zudem eine der besten Überholmöglichkeiten des Kurses bietet, wohl die Nase vorne.

Williams vs. Red Bull im Kampf ums Podest: Wer behält in Austin die Nase vorne?, Foto: Sutton
Williams vs. Red Bull im Kampf ums Podest: Wer behält in Austin die Nase vorne?, Foto: Sutton

Für Ferrari sollte es in Austin einmal mehr nur um Schadensbegrenzung gehen. Möglicherweise droht der Scuderia ein Dreikampf mit McLaren und Force India um die hinteren Punkteränge. Da Pirelli die Medium- und Soft-Reifenmischungen an die Strecke bringt, ist eine Zwei-Stopp-Strategie beim Gros des Feldes die wahrscheinlichste taktische Gangart. Dies ermöglicht jedoch verschiedene strategische Herangehensweisen, was im Gegensatz zum recht ereignisarmen Ein-Stopp-Rennen in Sochi wieder mehr Spannung durch das Feld hinweg garantiert. Ungewohnt dürfte hingegen die geringe Anzahl an Autos auf der Strecke wirken: Nach dem konkursbedingten Verzicht von Marussia und Caterham gehen nunmehr lediglich 18 Boliden an den Start.