Weißes Hemd, dunkelgraue oder schwarze Hose - das ist seine traditionelle Uniform, wenn er, der große kleine Chef der Formel 1, durchs Fahrerlager läuft. Bernie Ecclestone ist der souveräne Herrscher. Der, der am Ende alles unter Kontrolle hat, der da und dort den Untertanen seine Aufmerksamkeit schenkt. Dass er am 28. Oktober dieses Jahres 85 wird, merkt man ihm normalerweise absolut nicht an - auch wenn es ab und zu schon einmal schlechtere Tage zwischen den vielen Guten gibt.

Auf attraktive Begleitung verzichtet er auch nicht. Nach der - teuren - Scheidung von Gattin Slavica hatte er schnell eine neue Frau an seiner Seite. Fabiana Flosi, eine Brasilianerin, Rechtsanwältin, weniger als halb so alt wie er - die früher indirekt für ihn in der Organisation des Brasilien GP gearbeitet hat, an der Seite seines dortigen Statthalters Tomas Rohony. Was er will, das tut er, das zieht er durch, dieser Charles Bernhard Ecclestone, egal, was die Anderen darüber denken und sagen.

Bernie und die Frauen, Foto: Sutton
Bernie und die Frauen, Foto: Sutton

Normalerweise hat er dabei ein sehr glückliches Händchen - zumindest, was den eigenen Erfolg angeht. Das war schon sehr früh so: Als Schüler kaufte er massenweise Süßigkeiten beim Bäcker neben der Schule - und verkaufte sie in der Pause auf dem Schulhof weiter. Mit Aufschlag, logischerweise. Kurzfristig versuchte er sich auch als Rennfahrer, um seiner zweiten Leidenschaft "Autos und Speed" zu frönen - während er schon als Ersatzteilhändler für Motorräder Geld verdiente. Doch nach einem heftigen Crash in Brands Hatch 1949, als er auf einem Parkplatz an der Strecke landete und dort ein Auto traf, gab er die Rennfahrerei wieder auf, konzentrierte sich auf die Erweiterung seines Business, Richtung Gebrauchtwagenhandel, aber auch Kreditfinanzierungen und Immobilien.

Zum Rennsport kam er 1957 zurück - als Manager von Stuart Lewis Evans. Er kaufte das Formel 1 Connaught Team und konnte es nicht lassen, es 1958 in Monaco noch einmal zu versuchen, sich selbst für den Grand Prix zu qualifizieren, was grandios scheiterte. Als Lewis Evans am Ende des Jahres nach einem schweren Feuerunfall beim Marokko GP starb, zog sich Ecclestone wieder aus dem Rennsport zurück. Bis er in den 60er Jahren mit Jochen Rindt zusammentraf und sich zwei Gleichgesinnte gefunden hatten. "Bernie kann über einen großen Parkplatz laufen und dir auf Anhieb sagen, was sämtliche Autos darauf gemeinsam wert sind", war Rindt damals fasziniert. Er machte Ecclestone zu seinem Geschäftspartner, Teil-Manager und auch zu einem guten Freund. Noch heute ist Ecclestone überzeugt: Hätte Rindt überlebt, "würden wir beide heute gemeinsam die Formel 1 führen".

So führt er sie allein, nachdem er in den 70er Jahren begann, sich ganz konsequent sein Imperium aufzubauen. Als Chef des Brabham Teams, das er Anfang 1972 von Ron Tauranac übernahm, war er nun Teil des Ganzen - und krempelte die F1 im Laufe der Zeit von Grund auf um. Organisierter, professioneller, business-orientierter wollte er sie machen. Der erste Schritt dazu: Die Gründung der FOCA, der Formel-1-Konstrukteursvereinigung 1974. Zum ersten Mal traten die Teams mehr oder weniger gemeinsam auf, entwickelten unter Ecclestones Führung Gegenpositionen zur FIA, forderten und erhielten Schritt für Schritt mehr Rechte und mehr Geld. Die anderen Teamchefs überließen Ecclestone das Spielfeld weitgehend - schließlich profitierten sie zunächst davon und da schien es praktisch, dass sich einer um die ganze Sache kümmerte.

Ecclestone hat zu Sebastian Vettel ein freundschaftliches Verhältnis, Foto: Sutton
Ecclestone hat zu Sebastian Vettel ein freundschaftliches Verhältnis, Foto: Sutton

Doch Ecclestone dachte längst weiter - dass die Teams ihm freie Hand ließen, etwa beim Verkauf der TV-Rechte, die früher bei den Teams direkt gelegen hatten, über seine eigene Organisation, kam ihm dabei sehr entgegen. So übernahm er in den späten 80ern und 90ern mehr und mehr die Kontrolle über die kommerzielle Seite der Formel 1. Obwohl es immer mal wieder Rückschläge gab, etwa Untersuchungen der EU-Kommission, ob denn da in Bernies Geschäftsimperium alles mit rechten Dingen zugehe, der am Ende nicht zustande gekommene Börsengang, Komplikationen bei den Verkäufen von Anteilen an die verschiedenen Banken und Investment-Gruppen - am Ende bleibt eines stehen: Ecclestone ist heute das personifizierte Monopol.

Nichts läuft in der Formel 1, das nicht über ihn läuft. Er verkauft die Rennen an den Meistbietenden - in letzter Zeit mit Vorliebe an Asiaten und Araber, weil es im alten Europa, auf den Traditionskursen, mit der privaten Finanzierung nicht mehr funktioniert. Zu hoch sind die Preise, die Ecclestone verlangt, zu gering die Einnahmen über den Kartenverkauf. Ab und zu macht er dann einen Schritt zurück - wie zuletzt in Hockenheim, als dort die Gemeinde nicht mehr ständig drauflegen konnte und wollte, nur um die Formel 1 in der Stadt zu halten. Worauf Ecclestone von seinen Forderungen von kolportierten 26 Millionen Euro deutlich herunterging - bis auf die Hälfte, so hört man - obwohl niemand offizielle Zahlen herausgibt.

Aber Bernie wäre nicht Bernie, hätte er dabei nicht auch für sich etwas herausgeholt. Er soll sich im Gegenzug unter anderem eine mögliche Gewinnbeteiligung und eine Standortsicherung bis 2018 zusichern haben lassen. Deutschland als Kernmarkt der Formel 1 zu verlieren, das wollte er nicht riskieren. Dagegen sprach die Kosten-Nutzen-Rechnung - und wohl auch ein bisschen das Machtbewusstsein nach dem Motto: "Ich bin es, der bestimmt, was geht und was nicht geht." Wobei er gerne behauptet, dass "Macht mir gar nichts bedeutet" - ob man es ihm abnimmt, ist eine andere Frage.

Berühmt berüchtigt sind die Ausflüge von Ecclestone in die Politik. Nicht nur die tatsächlichen, etwa als "Parteispender" im britischen Wahlkampf 1997 für Tony Blair. Sondern vor allem die verbalen, nach dem Motto, Hitlers Regierungszeit habe auch einiges Positives gebracht. Meistens folgte solchen Entgleisungen prompt eine Mischung aus Entschuldigung und Dementi, er habe sich unglücklich ausgedrückt, sei missverstanden worden oder so ähnlich. Eines ist aber klar: Ganz ohne Hintergrund sind diese Ausrutscher, die sehr oft in die gleiche Richtung gehen, nicht.

Ecclestone hat auch Kontakte zu großen Staatsmännern, Foto: Sutton
Ecclestone hat auch Kontakte zu großen Staatsmännern, Foto: Sutton

Vieles davon ist seinem von den Erfahrungen in der Formel 1 geprägten Weltbild geschuldet. Dort kam er zu der Erkenntnis, dass Demokratie nicht funktioniere - etwa wenn die Teams es schaffen sollen, untereinander zu konstruktiven Lösungen zu kommen. Bernies Fazit: "Die beste Regierungsform ist eine Diktatur." Wobei er offenbar ab und zu vergisst, dass der Rest der realen Welt nicht unbedingt so tickt und funktioniert wie der Mikrokosmos Formel 1.

Wobei es, neben dem Geld- und Machtmenschen Ecclestone, auch noch einen anderen gibt, einen Bernie Ecclestone, der sich etwa durchaus sehr gut an alte Freunde und Begleiter aus seinen Anfangszeiten erinnert. Und zum Beispiel auch für den ein oder anderen, der von der modernen Formel-1-Entwicklung ein bisschen überrollt wurde und eigentlich nicht mehr so ganz in die heutigen Fahrerlager passt, hin und wieder mal ein Ticket übrig hat - ohne große Diskussionen.

Wie lange er selbst noch an der Spitze der Formel 1 stehen will, das ist für ihn keine Frage. Solange, bis man ihn mit den Füßen voran hinausträgt, bitteschön. Sich zurückziehen, freiwillig Platz machen für einen Nachfolger, das wird er ganz sicher nicht. Auch wenn die ein oder andere Neuerung der heutigen Welt ihm fremd geblieben ist. Die ganze Internet-Welt zum Beispiel - E-Mails eingeschlossen. Die lässt er sich grundsätzlich von seiner Sekretärin ausdrucken...