Rund zwei Wochen liegt Jules Bianchis schwerer Unfall in Suzuka mittlerweile zurück. Der Zustand des Franzosen ist weiterhin kritisch und noch ist nicht absehbar, ob sich der Marussia-Pilot wieder erholen wird. Infolge des Unfalls gab es zahlreiche Spekulationen darüber, wer für den Crash verantwortlich zeichnete, wobei sich speziell die italienische Presse in ihrer Berichterstattung äußerst kritisch erwies.

"Die Welt hat 200 Länder", erklärte FIA-Präsident Jean Todt gegenüber der Gazzetta dello Sport. "Jedes hat seine eigenen Ideen. Es gab diese Reaktion seitens der italienischen Medien, aber in Deutschland und Großbritannien war es anders", betonte der Franzose, der dafür plädierte, die Ergebnisse der von ihm eingesetzten Untersuchungskommission abzuwarten. "Ich warte auf die Ergebnisse, um ein Urteil zu fällen."

Obwohl seit 1994, als Ayrton Senna und Roland Ratzenberger in Imola ums Leben kamen, kein Formel-1-Pilot mehr tödlich verunglückte, sei die Gefahr weiterhin allgegenwärtig, warnte Todt. "Wir dürfen in punkto Sicherheit nie nachlassen", sagte der 68-Jährige. "Ich sagte es nach Jules Bianchis Unfall, und ich wiederhole es jetzt: Die Leute haben jahrelang Rennen mit schrecklichen Unfällen ohne Folgen gesehen. Sie haben begonnen zu denken, es sei normal, bei einer Geschwindigkeit von 200 km/h von der Strecke zu geraten und unversehrt davonzukommen."

Dass es seit zwanzig Jahren kein Todesopfer mehr zu beklagen gab, sei keineswegs selbstverständlich. "Aber es ist auch kein Wunder. Dahinter steckt unglaubliche Arbeit. Die hundertprozentige Sicherheit in unserem Sport gibt es aber leider nicht", merkte Todt an. Bianchis Unfall sei "das Ergebnis einer Reihe von Ereignissen" gewesen.

Jules Bianchi verunglückte in Suzuka, Foto: Sutton
Jules Bianchi verunglückte in Suzuka, Foto: Sutton

Coulthard: Es wird Änderungen geben

David Coulthard, der zu seiner aktiven Karriere der Fahrergewerkschaft GPDA vorstand, ist davon überzeugt, dass es Änderungen im Reglement geben wird. "Ich denke, wir als Menschen blenden gerne Dinge aus, deren Eintreten unwahrscheinlich ist. Wir alle werden sterben, es ist nur die Frage, wann und wie wir sterben", hofft der Schotte, dass die Sicherheitsstandards weiter angehoben werden.

Laut Coulthard, der 1995 selbst einen schweren Unfall erlitt, bei dem er ausgeknockt wurde, trennt aber auch die Risikobereitschaft die Spreu vom Weizen. "Hinter dem Lenkrad ist man immer optimistisch und glaubt, man kann eine schnellere Runde fahren und zurück auf die Strecke kommen. Dieser Optimismus unterscheidet konkurrenzfähige Piloten von Piloten, die nicht so konkurrenzfähig sind", betonte der 246-fache Grand-Prix-Pilot. "Diese Leute neigen nicht dazu, sich mit dem Vorfall auszuhalten, sondern denken sich: 'Okay, ich bin gecrasht, aber mal sehen, was ich morgen machen kann'."

Der Schotte ist sich sicher, dass Bianchis Horrorunfall den zukünftigen Rennfahrergenerationen zugutekommen wird, weil die ohnehin schon hohen Sicherheitsvorkehrungen abermals verbessert werden. "Diese Änderungen werden der nächsten Generation zugutekommen, so wie Ayrton Sennas und Roland Ratzenbergers Unfälle meiner Generation zugutekamen", so der 43-Jährige. Allerdings fügte Coulthard hinzu: "Es wird weitergehen, aber wir werden das Risiko nie ganz minimieren können - weder im Leben, noch im Motorsport."