Top: Die Formel 1 in Gedanken bei Jules Bianchi: "Ich denke, es ist normal, dass jeder von uns hier emotional ist", sagte Jenson Button in Sochi. Nur eine Woche ist es her, dass Jules Bianchi in Japan schwer verunglückte und die Formel 1 ist weiterhin in Schockstarre. Auf der Start/Zielgeraden war in großen Lettern zu lesen: "Jules we are all supporting you" [Jules, wir unterstützen dich].

Die Fahrer versammelten sich zur Schweigeminute, Foto: Sutton
Die Fahrer versammelten sich zur Schweigeminute, Foto: Sutton

Kurz vor dem Start dann das Zusammenkommen der Formel-1-Fahrer zu einer Gedenkminute. Im Anschluss bildeten alle Piloten einen Kreis und dachten gemeinsam an ihren verletzten Kollegen. Kurz danach twitterte Fernando Alonso: "Jules, unsere Gedanken sind bei dir. Wir haben heute begriffen, dass wir nicht komplett sind."

Top: Mercedes ist Weltmeister: Es ist vollbracht: 1674 Tage nach dem Wiedereinstieg von Mercedes als Werksteam in die Formel 1 ist das erste Ziel abgehakt. Mercedes ist Konstrukteurs-Weltmeister. Mit 565 Punkten ist die Mannschaft - trotz drei noch ausstehender Saisonrennen und doppelter Punkte in Abu Dhabi - nicht mehr von der Spitze zu verdrängen.

" Wir haben so lange darauf hingearbeitet und jetzt ist Mercedes-Benz Weltmeister. Wir sind die Besten, das ist ein großartiger Moment", jubelte Motorsportchef Toto Wolff nach dem Rennen. Die Mannschaft holte in Sochi den 13. Saisonsieg und den insgesamt neunten Doppelsieg der Saison.

Mercedes ist zum ersten Mal in der Werksteamgeschichte Konstrukteurs-Weltmeister, Foto: Mercedes-Benz
Mercedes ist zum ersten Mal in der Werksteamgeschichte Konstrukteurs-Weltmeister, Foto: Mercedes-Benz

Top: Reifen halten endlos: Es war der Funkspruch des Rennens. Jenson Button war durch Nico Rosbergs frühen Boxenstopp auf Rang drei nach vorne gekommen, doch McLaren warnte den Briten, dass Rosberg das gesamte Rennen durchfahren würde. Button widersprach sofort, dass es niemals möglich sei, mehr als 50 Runden auf nur einem Reifen zu fahren. Also Rosberg schließlich an ihm vorbeiging, wurde er eines Besseren belehrt. Red-Bull-Teamchef Christian Horner scherzte nach dem Rennen: "Mit dem harten Reifen kann er jetzt noch nach Hause fahren."

Unstrittig ist, dass der Abbau gering bis nicht vorhanden war und damit viel Spannung aus dem Rennen genommen wurde. Auf der anderen Seite wird Pirelli seit Jahr und Tag kritisiert, dass die Reifen gefährlich seien und viel zu stark abbauen würden. Somit wählte man lieber die konservativere Variante, als zu große Risiken einzugehen. "Man kann Pirelli keinen Vorwurf machen, schließlich müssen sie die Mischung anhand der Daten wählen und für Russland waren keine Daten vorhanden", nahm auch Niki Lauda den Reifenhersteller in Schutz.

Der Russland GP wurde für seine gute Organisation und Vorbereitung gelobt, Foto: Sutton
Der Russland GP wurde für seine gute Organisation und Vorbereitung gelobt, Foto: Sutton

Top: Organisation in Russland: Was waren wir nicht alles gewöhnt von einer GP-Premiere. Fehlende Einrichtungen, mangelhafte Infrastruktur, eine "Kulisse", die erst noch gebaut werden muss. Doch der Russland GP zeigte sich in dieser Hinsicht von seiner vorbildlichen Seite. Die gesamte Organisation klappte reibungslos. Fahrer, Teams, Offizielle, Medium und Fans reisten zufrieden ab.

Auch die Strecke selbst wurde in den höchsten Tönen gelobt. Allem voran der Asphalt, der in einer Nacht- und Nebelaktion noch aufgetragen werden musste, als die Olympischen Spiele zu Ende waren. Auch scherzhaft befürchtete Helikopter-Flugverbote, wie bei der DTM 2013, blieben aus. Für die Organisation gibt es also die Note 1.

Die Autos fuhren, aber Spannung war nicht zu finden, Foto: Sutton
Die Autos fuhren, aber Spannung war nicht zu finden, Foto: Sutton

Flop: Langeweile pur: Was bei der Organisation positiv lief, lief im Rennen schief. Die Spannung hielt sich gelinde gesagt in Grenzen. Durch die sehr konservative Reifenwahl von Pirelli zeigten die Reifen kaum Abbauverhalten, ein Boxenstopp reichte den meisten Fahrern locker aus. Positionskämpfe auf der Strecke ebenfalls Fehlanzeige.

Zudem hatten die meisten Teams Probleme, mit ihrem Benzinverbrauch klarzukommen. Dadurch hieß es ab einem gewissen Punkt: Sparen, sparen, sparen. Große Überholmanöver und Aufholjagden waren damit nicht mehr möglich und die Piloten fuhren beinahe wie an der Perlenschnur über die Ziellinie. Für den Zuschauer bedeutete das Rennen aber damit eine große Herausforderung: Augen offen halten und Gähnen unterdrücken.

Flop: Williams unter Wert geschlagen

Valtteri Bottas' Gesichtsausdruck sagte mehr als 1000 Worte, Foto: Sutton
Valtteri Bottas' Gesichtsausdruck sagte mehr als 1000 Worte, Foto: Sutton

Williams hatte am Wochenende in Sochi die große Chance, Mercedes richtig in die Suppe zu spucken. Letztlich wurde die Mannschaft aber erneut vom Weltmeister locker geschlagen. Valtteri Bottas gab selbst zu, mit der Erwartung ins Rennen gegangen zu sein, mit den Silberpfeilen um den Sieg zu kämpfen. Tatsächlich gelang das zu Beginn, denn seine Zeiten auf den Option-Reifen waren mit Lewis Hamiltons zu vergleichen. Irgendwann aber der radikale Abbau der Hinterreifen und eine halbe Sekunde pro Runde war dahin. Auch auf den Medium-Reifen wurde die Situation nicht besser, denn der Finne bekam die Pneus für die ersten zehn Runden nicht ans Arbeiten. Damit war auch Nico Rosberg vorbei und für Bottas hieß es Platz drei anstatt Sieg.

Noch schlechter lief es für Teamkollege Felipe Massa. Nach seinem technischen Defekt im Qualifying musste der Brasilianer von Startplatz 18 aus ins Rennen. Um konträr zur Konkurrenz zu arbeiten, kam er bereits nach einer Runde an die Box und wechselte von Medium auf weiche Reifen. Der Plan ging zunächst auf, doch hinter Sergio Perez war Ende. Durch einen ungünstig getimten Boxenstopp landete Massa auch mit seinem dritten Reifensatz erneut hinter dem Mexikaner und konnte nicht überholen. Ergebnis: Platz elf und kein einziger Punkt.

Daniil Kvyat und Jean-Eric Vergne kämpften auf verlorenen Posten, Foto: Sutton
Daniil Kvyat und Jean-Eric Vergne kämpften auf verlorenen Posten, Foto: Sutton

Flop: Schluckspecht Toro Rosso: Spätestens nach Platz fünf von Daniil Kvyat galt Toro Rosso als einer der Anwärter auf ein Top-5-Ergebnis im Rennen. Die Erwartungen waren riesig, die Enttäuschung nach dem Rennen umso größer. Lediglich die Plätze 13 und 14 sprangen am Ende heraus.

Schuld war, dass Toro Rosso im Vergleich zur Konkurrenz einen deutlich zu hohen Spritverbrauch hatte. Beide Piloten mussten konstant langsamer machen, früher bremsen und kamen so auf keinen grünen Zweig. Bei Kvyat kamen Grip-Probleme und eine Zweistopp-Strategie erschwerend hinzu. Sicherlich keine perfekte Vorstellung beim Heimrennen des Russen.

Ferrari ging am Schwarzen Meer unter, Foto: Sutton
Ferrari ging am Schwarzen Meer unter, Foto: Sutton

Flop: Montezemolos bitterer Abschied: Eine Ära ging am Sonntag in Sochi zu Ende. Es war das letzte Rennen mit Luca di Montezemolo im Amt. Doch was der scheidende Ferrari-Präsident zu sehen bekam, trieb ihm wohl eher Schamesröte ins Gesicht als Abschiedstränen in die Augen. Fernando Alonso kam eine Minute hinter der Spitze als Sechster ins Ziel, zu allem Überfluss ging bei seinem Stopp auch noch der Wagenheber kaputt, wodurch er Platz fünf an Kevin Magnussen einbüßte.

Bei Kimi Räikkönen lief es nicht wirklich besser. Der Finne schaffte lediglich ein Überholmanöver gegen Esteban Gutierrez im Sauber. Lediglich Neunter und nur zwei Punkte gesammelt. Da wirken die Worte von Williams-Performancechef Rob Smedley wie ein Schlag ins Gesicht: "Wir haben unsere dritte Position in der Konstrukteurs-WM um fünf Punkte ausgebaut, was wichtig ist", erklärte dieser. Und das, obwohl Massa keinen einzigen Punkt sammelte, und beide Ferrari ein zumindest technisch problemfreies Rennen hatten.