Nein, nein, nein. Nico Rosberg möchte nichts davon hören. Drei Rennen hat sein Teamkollege Lewis Hamilton jetzt in Folge gewonnen. In der F1-Sprache nennt man das "Momentum". Hamilton hat einen Lauf. Vor sechs Rennen in Deutschland stand Rosberg zum letzten Mal ganz oben auf dem Podium.

"Davon wusste ich gar nichts", wehrt Rosberg die Frage ab. Es stehe aktuell nicht ganz oben auf seiner Agenda, eine Statistik zu erstellen, die gegen ihn spreche. "Das wäre nicht gerade ein positiver Weg, um in ein Rennwochenende zu gehen", meint der Mercedes-Pilot.

Im Verlauf der Saison hatten beide Silberpfeil-Fahrer schon positive Serien. Jedes Mal versuchte der andere, den Lauf des anderen zu brechen. Schon zwischen Malaysia und Spanien gelangen Hamilton vier Siege in Folge. Rosberg holte in dieser Saison nie zwei aufeinanderfolge Siege. Dafür wurde er bis zu seinem Ausfall in Silverstone acht Rennen lang immer Erster oder Zweiter.

"Ich werde oft nach meinem Lauf gefragt", verrät Lewis Hamilton im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Man kann es vielleicht mit Boxern vergleichen. Wenn ein Boxer sich rückwärts bewegt, ist er offener für einen Treffer oder macht vielleicht einen Fehler. In der Vorwärtsbewegung fühlt man sich gleich viel besser. Genauso ist es im Rennsport. Wenn man ein gutes Rennen hatte, fühlt man sich bereit für das nächste."

Nur der Sieg zählt

Nico Rosberg greift nach dem nächsten Sieg, Foto: Mercedes AMG
Nico Rosberg greift nach dem nächsten Sieg, Foto: Mercedes AMG

Diese nächste Chance steht auf dem Neuland in Sochi an. "Ich glaube und weiß, dass ich am Sonntag gewinnen kann, wenn ich meine Leistung bringe", sagt Rosberg überzeugt. Die Vergangenheit spiele für ihn keine Rolle, nur die Gegenwart. Hamilton sieht das ein wenig anders. Er erzählte uns: "Am Ende der Saison möchte ich sagen können, dass ich alles in meiner Macht Stehende getan habe, dass ich bei jedem Rennen alles aus mir herausgeholt habe."

Die Saison 2014 beschreibt Hamilton als die wahrscheinlich härteste seiner Karriere. "Im Verlauf des Jahres gab es einige Schwierigkeiten, vor allem auf meiner Seite", spielt er im Interview mit Motorsport-Magazin.com auf seine technischen Defekte an. "Aber ich habe alles abgewehrt, was auf mich eingestürzt ist. Ich habe mich stets davon erholt. Selbst wenn ich als Letzter gestartet bin, kam ich noch als Dritter ins Ziel."

Tatsächlich ist Platz drei Hamiltons schlechteste Platzierung in dieser Saison (in Deutschland und Ungarn) - abseits seiner drei Ausfälle. Rosberg fiel zwei Mal aus und wurde in Ungarn einmal Vierter. Ansonsten belegte er stets Rang eins oder zwei.

"Es war bislang eine unglaubliche Saison", betont David Coulthard im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. Rosberg sei außergewöhnlich gut gefahren. "Lewis ist möglicherweise schneller. Er ist hungrig und in gewisser Weise spektakulärer", so der Schotte. "Nico ist hingegen disziplinierter, kontrolliert seine Emotionen besser. Sie sind wie Ying und Yang."

Balanceprobleme als Zünglein an der Waage

10 Punkte Vorsprung: Lewis Hamilton hat gut lachen, Foto: Sutton
10 Punkte Vorsprung: Lewis Hamilton hat gut lachen, Foto: Sutton

Das zeigte sich auch in Japan. Am Samstag fühlte sich Hamilton nicht richtig wohl in seinem Auto. Am Sonntag veränderten sich die Bedingungen. Plötzlich beklagte sich Rosberg über die Balance und Übersteuern. Hamilton kam hingegen auf nasser Strecke bestens zurecht.

"Als Team hatten wir ein schlechtes Setup", sagt Rosberg rückblickend. Das habe jedoch nicht an schlechter Vorbereitung gelegen, sondern an den unvorhersehbaren Bedingungen. "Das Auto war sehr unberechenbar", erklärt der WM-Zweite. Durch das starke Übersteuern bauten seine Reifen vielmehr ab als jene von Red Bull. "Sie waren auf den Inters besser, weil unsere Balance nicht stimmte."

Rosberg fehlte das Vertrauen in seinen Silberpfeil, was gerade auf einer Fahrerstrecke wie Suzuka wichtig ist. Erst recht im Regen. "Die einzige Erklärung ist, dass mein Teamkollege mit der schlechten Fahrzeugbalance schneller zurechtgekommen ist als ich." Das Ergebnis: Zehn Punkte Differenz zwischen den beiden Titelkandidaten. In Sochi beginnt alles von vorne.

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