Was ist dran an der Trennung von Ferrari und Alonso?

Die Gerüchte, dass Fernando Alonso wechseln könnte, gibt es schon lange. Somit ist es nicht verwunderlich, dass so mancher Journalistenkollege den Wahrheitsgehalt der aktuellen Medienberichte bei null einstufte und meinte, dass der Taifun Phanfone für die Schlagzeilen einfach zu unspektakulär sei. Doch mit jeder Stunde scheinen die Zweifler weniger zu werden - vieles spricht für eine Trennung von Alonso und Ferrari.

So gab es in Japan erstmals kein Ferrari-Bekenntnis des Spaniers zu hören und auch Luca di Montezemolo wollte einen Abschied des zweifachen Weltmeisters nicht ausschließen. Nach Stefano Domenicali und Montezemolo wäre Alonso der dritte im Bunde, der die Scuderia dieses Jahr verlässt. In Maranello scheinen die Uhren auf Neuanfang zu stehen.

Wo könnte Alonso hingehen?

Realistisch gesehen hat Fernando Alonso eine ernsthafte Alternative zu Ferrari. Die lautet McLaren. McLaren-Mercedes wird 2015 zu McLaren-Honda. Hinter den Kulissen ist zu hören, dass die Japaner Geld ohne Ende investieren - das Turbo-Comeback muss ein Erfolg werden. Und so soll nicht nur in die Technik investiert werden, sondern auch in Fahrer. Alonso ist kein Schnäppchen, aber verglichen mit den Ausgaben für die Entwicklung einer Power Unit dann doch recht preiswert.

Fernando Alonso wurde schon mehrmals mit Red Bull in Verbindung gebracht, Foto: Sutton
Fernando Alonso wurde schon mehrmals mit Red Bull in Verbindung gebracht, Foto: Sutton

Neben McLaren gibt es noch zwei etwas unwahrscheinlichere Optionen. Nummer eins ist Lotus. Die sind zwar derzeit sportlich in der Versenkung verschwunden, allerdings könnte sich für 2015 in Enstone gravierend etwas ändern: Angeblich soll Flavio Briatore gemeinsam mit dem kanadischen Investor Lawrence Stroll an einem Einstieg bei Lotus arbeiten. Briatore und Alonso bei Lotus: Das gab es schon einmal - nur eben noch unter anderem Namen. Gleichzeitig gilt bereits als sicher, dass Lotus im nächsten Jahr mit Power Units von Mercedes fährt.

Die dritte Option lautet Mercedes. Dafür müsste aber einiges schiefgehen. Nico Rosberg hat seinen Vertrag gerade erst um mehrere Jahre verlängert, sitzt also sicher im Boot. Bei Lewis Hamilton sollen die Verhandlungen über eine Vertragsverlängerung derzeit ins Stocken geraten sein. Damit Hamilton Mercedes verlässt, müsste aber viel schiefgehen - und Mercedes müsste sich noch einmal auf ein Experiment mit zwei Top-Fahrern einlassen. Insgesamt sehr unwahrscheinlich.

Wer könnte Alonso bei Ferrari ersetzen?

Es ist kein Geheimnis, dass Sebastian Vettel in seiner Karriere gerne einmal für Ferrari fahren würde und auch die Scuderia hat großes Interesse daran, den vierfachen Champion unter Vertrag zu nehmen. Vettel könnte dem strauchelnden Traditionsrennstall wie einst Michael Schumacher zurück in die Erfolgsspur verhelfen. Schon seit geraumer Zeit sollen Gespräche zwischen Ferrari und dem Deutschen laufen, obwohl dieser noch bis Saisonende 2015 bei Red Bull unter Vertrag steht.

Sollte Vettel nicht aus seinem Kontrakt herauskommen, wäre Jules Bianchi eine potenzielle Übergangslösung für Ferrari. Der Franzose kennt die Scuderia bestens, immerhin ist er Mitglied der Ferrari Driver Academy und durfte in Silverstone sogar bereits mit dem F14 T testen. An Erfahrung mangelt es Bianchi ebenso wenig an Talent, in Monaco holte er für sein aktuelles Team Marussia sensationell zwei Punkte und schrieb damit Geschichte.

Nico Hülkenberg hätte wohl nichts gegen einen Platz bei Ferrari einzuwenden, Foto: Sutton
Nico Hülkenberg hätte wohl nichts gegen einen Platz bei Ferrari einzuwenden, Foto: Sutton

Nico Hülkenberg wird ebenfalls immer wieder mit Ferrari in Verbindung gebracht, beinahe hätte der Deutsche sogar schon einmal in Maranello unterschrieben. Die Wahrscheinlichkeit, dass Hülkenberg bald den roten Overall trägt, ist jedoch gering, denn der neue Ferrari-Präsident Sergio Marchionne dürfte sich nach einer ganzvolleren Lösung umsehen, die den Abgang Alonsos rasch vergessen lässt. Hülkenberg wird vermutlich bei Force India verlängern.

Ähnliches trifft auch auf Romain Grosjean zu, der seinen Lotus nur allzu gerne gegen einen konkurrenzfähigeren Boliden eintauschen würde, doch auch ihm fehlt es an der nötigen Strahlkraft. Wechselt Grosjean, ist wohl McLaren das realistischste Ziel, wo sein Förderer Eric Boullier den Posten des Renndirektors innehat. Es spricht aber viel dafür, dass der Franzose 2015 erneut im Lotus-Cockpit Platz nimmt. Dann immerhin mit Mercedes-Power im Heck.

Was ist dran an Vettel und Ferrari?

Einige Medien verkündeten bereits, dass der Deal zwischen Sebastian Vettel und Ferrari fix sei - ließen sich aber gleichzeitig noch eine Hintertür offen. Fix und offiziell ist noch nichts, doch Vettel dementiert Wechselgerüchte längst nicht mehr so vehement, lenkt meist etwas vom Thema ab. Die Möglichkeit, dass Vettel tatsächlich schon im nächsten Jahr im Ferrari sitzt, besteht. Allerdings wäre für den Weltmeister auch die Option McLaren-Honda möglich. Und auch ein Verbleib bei Red Bull ist möglich - auch wenn sich beim Weltmeisterteam hinter den Kulissen einiges bei den Strukturen ändert.

Wer könnte Vettel bei Red Bull ersetzen?

Sollte Sebastian Vettel Red Bull tatsächlich den Rücken kehren, würde der viermalige Weltmeister ein gewaltiges Loch in die Truppe reißen. Auch, wenn in dieser Saison bei Vettel nur wenig zusammenläuft und Daniel Ricciardo längst bewiesen hat, dass RBR mit dem Australier einen weiteren Top-Fahrer verpflichtet hat. Doch wer soll die Vettel-Lücke füllen?

Die wahrscheinlichste Möglichkeit ist der direkte Cockpitwechsel mit Fernando Alonso. Trennt sich der Spanier tatsächlich von Ferrari wäre Red Bull für den Asturier genauso erste Wahl, wie der zweimalige Weltmeister für die Mannschaft aus Milton Keynes. Warum? Alonso gilt seit jeher als der kompletteste aktuelle Rennfahrer schlechthin, Red Bull dürfte wohl das einzige Team mit vakantem Cockpit darstellen, mit dem sich Weltmeisterschaften gewinnen lassen.

Sind Vettel und Räikkönen schon 2015 Teamkollegen?, Foto: Sutton
Sind Vettel und Räikkönen schon 2015 Teamkollegen?, Foto: Sutton

Bei Mercedes rechnet kaum jemand mit einer neuen Fahrerpaarung - trotz aller Querelen zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton. Williams verlängerte kürzlich erst mit Bottas und Massa. Bleibt noch McLaren. Hier steht das Fahrergespann für 2015 noch in den Sternen. Das neue Arrangement mit Honda könnte sich als ganz großer Wurf herausstellen. Dann wäre Alonso sicherlich gerne mit im Team. Für den Spanier die einzige wirklich Alternative zu RBR.

Und sonst? Neben einem Alonso fällt es schwer, sich einen Piloten vorzustellen, der die hohen Erwartungen Red Bulls erfüllen kann. Am ehesten geeignet scheint noch Romain Grosjean, der sich nach Besserem umsieht, als sein abgerutschtes Lotus-Team derzeit bietet und sein überragendes Talent im vergangenen Jahr bewiesen hat. Ebenfalls möglich, aber unwahrscheinlicher: Eigengewächs Jean-Eric Vergne kehrt zurück an die Seite Daniel Ricciardos, nachdem er sein Toro-Rosso-Cockpit für Max Verstappen räumen musste. Oder vielleicht verlängert sich sein Kontrakt mit dem Ausbildungsteam wundersamerweise, weil Red Bull viel lieber Daniil Kvyat haben will?

Wie sieht die Zukunft von Räikkönen aus?

Die Tatsache, dass Ferrari einen Neuanfang plant, lässt die Frage aufkommen, was mit Kimi Räikkönen passiert. In Japan betonte der Finne, dass er sich keine Sorgen um seine Zukunft macht. "Ich habe für nächstes Jahr einen Vertrag." Doch einen gültigen Vertrag hat auch Alonso und trotzdem steht die Möglichkeit im Raum, dass er 2015 nicht mehr im roten Cockpit sitzt. Im Moment scheint nichts unwahrscheinlich - weder dass Räikkönen sich vorzeitig in den Papa-Ruhestand verabschiedet, noch dass er gemeinsam mit seinem Kumpel Sebastian Vettel auf Mercedes-Jagd geht.

Was ist sonst noch auf dem Fahrermarkt los?

Neben der Ungewissheit bei Red Bull, Ferrari und McLaren steht auch noch eine offizielle Bestätigung der Force-India-Fahrerpaarung für das nächste Jahr aus. Nico Hülkenberg und Sergio Perez haben allerdings gute Chancen, auch weiterhin für das indische Team an den Start zu gehen. Offen ist ebenfalls, wer das zweite Lotus-Cockpit neben Pastor Maldonado erhält. Romain Grosjean sieht sich nach attraktiveren Optionen um, kann sich aber auch einen Verbleib vorstellen.

Sauber will erst zum Ende der Saison bekanntgeben, wer für 2015 den Zuschlag erhält. Angeblich sollen die Chancen des aktuellen Fahrerduos, Adrian Sutil und Esteban Gutierrez, auf einen Verbleib nicht sonderlich gut stehen - Reservepilot Giedo van der Garde und der wohlhabende Felipe Nasr gelten als aussichtstreiche Kandidaten. Bei Marussia und Caterham wird sich die Fahrerfrage vermutlich erst kurzfristig entscheiden, sofern die klammen Teams im nächsten Jahr überhaupt noch in der Formel 1 vertreten sind.

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: War's das mit Alonso und Ferrari? Immer mehr Medien und Quellen vermelden Vollzug. Es sei nur noch eine Frage der Zeit. So langsam scheint es unumgänglich zu sein. Welche Seite dabei die treibende Kraft spielt, lassen wir einmal dahin gestellt. Die Aussagen aller Beteiligten lassen jedoch auf eine Scheidung der roten Traumehe schließen.

Was sich jedoch Drumherum im Paddock abspielt, gleicht einem wilden Spekulantenstadl: Da werden komplette Ingenieursteams von Red Bull oder Toro Rosso zu Ferrari verschoben und damit die Ankunft von Vettel begründet... Selbst das Verteilen von Weintrauben an seine Mechaniker wird Alonso als Abschiedsgeste unterstellt. Vielleicht sollten wir die Kirchenglocken in Maranello lassen. Nicht alles hat eine Bedeutung für den Transfermarkt... (Stephan Heublein)