Für Nico Rosberg war der Singapur GP in der 14. Runde zu Ende. Ein Defekt setzte seinem Mercedes schon vor dem Start zu und sorgte dafür, dass er das Rennen vorzeitig beenden musste. "Es sieht so aus, als gab es ein Problem an der Lenksäule. Und zwar mit einem Kabel", erklärte Technikdirektor Paddy Lowe nach einer ersten Kurzdiagnose.

Toto Wolff wurde etwas ausführlicher: "In der Lenkstange steckt ein Kabel, das alle möglichen Elemente auf dem Lenkrad mit der gesamten Fahrzeugelektronik verbindet. Dieses Kabel scheint gebrochen bzw. angebrochen zu sein."

"Das hatte folgende Konsequenz: Als er das Lenkrad montieren und losfahren wollte, waren einige Funktionen intakt, das heißt, das Kabel dürfte noch an einigen elektronischen Fäden gehangen sein, aber dann war es ganz weg." Noch in der Box wurde das Lenkrad getauscht, doch an dieser Komponente lag es nicht. Auch ein zweiter Lenkrad-Tausch in der Startaufstellung half nicht.

So funktioniert das Lenkgestänge eines Formel 1

Das Lenkgestänge eines F1-Boliden besteht aus zwei Rohren (in der Grafik unterhalb gelb eingerahmt), die über ein Kardangelenk miteinander verbunden sind. Das Lenkgetriebe (rot eingerahmt) überträgt die Lenkbewegungen, hier sitzt auch der Antreib der Servolenkung. In den Lenkstangen wird der Kabelbaum zum Lenkrad geführt, der es den Fahrern ermöglicht, wesentliche Elektronik-Funktionen des Autos zu kontrollieren und einzustellen.

Querschnitt durch einen F1-Boliden: die Lenkelemente sind gelb und rot eingerahmt, Foto: Sauber
Querschnitt durch einen F1-Boliden: die Lenkelemente sind gelb und rot eingerahmt, Foto: Sauber

"Ich habe gehofft, dass es sich vielleicht noch irgendwie lösen lässt, weil es doch vielleicht nur ein Wackelkontakt war", sagte Rosberg. "Dann hat aber keines der Lenkräder funktioniert, ich hatte keine Hybridpower und kein DRS. Nur die Schaltwippen haben noch funktioniert, haben aber immer zwei Gänge hochgeschalten. Die Bremsbalance war auch völlig falsch und ich konnte sie nicht ändern"

"Irgendwann war der Moment gekommen, wo es genug war", sagte Wolff zur Entscheidung, Rosberg aus dem Rennen zu nehmen. Ohne Pitlimiter, der auch über das Lenkrad aktiviert werden muss, fuhr Rosberg seine Box an, wo er seinen Boliden abstellen musste. "Mein Mechaniker hat gesagt, das Lenkteil ist schon seit Honda-Zeiten so und es gab damit noch nie ein Problem", sagte Rosberg. Technikdirektor Paddy Lowe wollte auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com keine Auskunft darüber geben, ob das Bauteil tatsächlich noch auf einer Konstruktion aus Honda-Zeiten (Mercedes ist das Nachfolgeteam von Brawn GP, das wiederum das Nachfolgeteam von Honda war) basiert.

Qualitätskontrolle am Zug

Das defekte Teil dürfte rund 10.000 Euro kosten. Das Lenkgestänge wurde unmittelbar nach dem Rennen ausgebaut und wird noch in der Nacht auf Montag nach England überstellt. Dort wird es in der F1-Fabrik von Mercedes einer genauen Analyse unterzogen. "Du nimmst die Lenkstange eigentlich nicht in jedem Rennen auseinander, weil der Lebenszyklus sagt, dass dieses Teil so und so viele Rennen hält. Ich denke zwei bis drei, aber sicher nicht länger", erklärte Wolff.

Nun ist die Qualitätskontrolle des Formel-1-Teams gefragt. Wolff forderte rasche Aufklärung, wie es zu dem Defekt kommen konnte. "Dass sich ein Teil innerhalb des Lebenszyklus von einem Moment auf den anderen verabschiedet - das geht natürlich gar nicht."