Was hatte sich die Konkurrenz nicht alles ausgemalt nach den ermunternden Zeiten im Training. Red Bulls Motorsportchef Helmut Marko ließ sich sogar zu einer Wette mit Niki Lauda hinreißen, dass es mindestens ein Red Bull in der Startaufstellung zwischen die Mercedes schafft. Doch das eingesetzte Geld sollte ebenso seinen Besitzer wechseln, wie die erste Startreihe fest in silberner Hand blieb.

Die Longrun-Zeiten

Verlässliche Longrun-Zeiten gab es am Freitag nur auf dem Supersoft. Hier erwies sich Lewis Hamilton als der konstanteste Pilot, der in seinen neun Runden fünf Zeiten unter 1:53 erzielte - das gelang keinem anderen Fahrer. Allerdings war die absolut schnellste Longrun-Zeit am Freitag jene von Fernando Alonso, der zudem absolute Bestzeit im ersten und dritten Training erzielen konnte.

Fakt ist, dass Red Bull und Ferrari in Singapur knapper an Mercedes dran sind. Im Qualifying fehlten Daniel Ricciardo auf die Pole Position nur 0,173 Sekunden. Die Top-6 lagen innerhalb von 0,319 Sekunden. "Das ist streckenabhängig", will Niki Lauda noch keinen generellen Trend erkennen.

Keine Gefahr geht beim Nachtrennen von Williams aus. Felipe Massa und Valtteri Bottas haben zwar erneut das schnellste Auto. Im Qualifying wurde Massa mit 321,7 und Bottas mit 320,8 geblitzt, während der Rest des Feldes unter 317 km/h lag. Auf dem kurvigen Kurs mit seinen 23 Turns kann Williams davon aber weniger zehren als auf anderen Strecken.

Der Mercedes-Faktor

Sitzt der größte Feind von Mercedes dennoch in den eigenen Cockpits? Spätestens seit der Kollision in Spa ist klar, wie erbittert Rosberg und Hamilton um ihre Chancen in der Weltmeisterschaft kämpfen. Der enge Kurs in Singapur mit seinen vielen Begrenzungswänden bietet reichlich Platz für ein neuerliches Familienduell in Silber.

Rosberg goutierte seine knappe Niederlage (nur sieben Tausendstel trennten Hamilton und Rosberg im Qualifying) mit einem lauten "Damn it!" über Funk. Dennoch ist der WM-Leader zuversichtlich für den Renn-Sonntag. "Vor allem wenn wir uns das letzte Jahr in Erinnerung rufen. Ich habe damals in der ersten Kurve Sebastian überholt. Da hatte ich einen guten Start von der gleichen Position, von der ich morgen starten werde", gibt sich Rosberg kämpferisch.

Lauda hofft auf Besinnung, Foto: Sutton
Lauda hofft auf Besinnung, Foto: Sutton

An eine neuerliche Berührung der beiden Silberpfeil-Boliden will keiner glauben. "Weil ich hoffe, dass die beiden morgen endlich einmal gemeinsam vorne abhauen", appellierte Lauda an die Vernunft der beiden WM-Rivalen.

Strategische Einflüsse

Die erste Startreihe auf einem Stadtkurs inne zu haben, ist im Normalfall die halbe Miete. Vor allem wenn man die Saison so dominiert hat wie Mercedes. Neben dem Unsicherheitsfaktor der Stallrivalität zwischen Hamilton und Rosberg gibt es in Singapur aber noch einen zweiten: die Strategie. Der Unterschied zwischen den beiden Reifenmischungen wurde von Pirelli mit 2,5 Sekunden beziffert und als schnellste Strategie wurden drei Stopps ausgegeben.

Je mehr Stopps, desto mehr Raum für Fehler - vor allem in Singapur. Bislang gab es in jedem Rennen auf dem asiatischen Stadtkurs zumindest eine Safety-Car-Phase. Kommt dieses zu einem unglücklichen Zeitpunkt auf die Strecke, kann die beste Taktik binnen Sekunden für die Mülltonne sein. Ein Blick in die Statistik darf Hamilton und Mercedes aber zuversichtlich stimmen: Trotz der vielen Safety Cars wurde der Singapur GP vier von sechs Mal aus Pole Position gewonnen.

Fazit

Klar ist und bleibt Mercedes der Favorit. Es gibt aber einige Einflussfaktoren, die Spannung in das Rennen am Sonntag bringen könnten. Nächtlicher Spaziergang wird es für die Silberpfeile jedenfalls keiner.