Das Funkverbot sorgt bei vielen noch immer für große Fragezeichen. Was ist erlaubt, was nicht? Wieso kommt das Verbot jetzt? Wieso kommt es überhaupt? FIA Renndirektor Charlie Whiting nahm sich am Freitagabend zwischen den Trainingssitzungen Zeit und stand den Journalisten Rede und Antwort. Letzte Zweifel bleiben dennoch.

Technik-Coaching ja, Fahrer-Coaching nein

Im Gegensatz zum angepeilten Verbot wurde die Liste der verbotenen Funksprüche zwar kürzer, die Differenzierung allerdings komplizierter. Die Piloten dürfen weiterhin Informationen über technische Einstellungen erhalten - diese dürfen allerdings keinen Einfluss auf den Fahrstil des Piloten haben. Ein Beispiel: Teams dürfen dem Fahrer sagen, er muss die Bremsbalance verstellen - solange es nicht für einen bestimmten Teil der Strecke ist.

"In anderen Worten: Einen Klick Bremsbalance nach vorne für T5 und zwei zurück für T10, das würden wir als Driver-Coaching erachten. Ein allgemeiner Wechsel der Bremsbalance oder eines anderen Parameters am Auto wäre für die Overall-Performance und damit okay", führte Whiting aus.

Doch das Verbot musste verkomplizert und abgeschwächt werden. "Wenn man sich das genauer anschaut, wird es schnell klar, dass einige Teams einen klaren Nachteil gegenüber anderen hätten. Nicht nur beim Know-how oder der Reaktionsfähigkeit auf die Änderung, sondern auch bei der Wahl der Hardware, die vor einem Jahr getroffen wurde." Im Klartext: Red Bull, Williams, Lotus und Force India hätten wegen ihrer simpleren Displays einen Nachteil. "Im Sinne der Fairness ist es besser, es in zwei Stufen einzuführen."

Funkspruch nicht mit Geld zu kaufen

Eine Frage, für die es bislang noch gar keine Antwort gab, konnte auch Whiting nicht endgültig beantworten. Was passiert, wenn eine illegale Information gefunkt wird? Der Renndirektor selbst ist nur dafür zuständig, das Vergehen an die Rennstewarts zu melden. Dann liegt es an den Stewarts, über das Strafmaß zu entscheiden. Das bedeutet, das von Fall zu Fall entschieden wird, abhängig von Schwere und Zeitpunkt des Vergehens.

Mit Geldstrafen rechnet Whiting aber nicht. "Es wird wohl eher eine sportliche Strafe nach sich ziehen, als eine Geldstrafe." Heißt für die Teams: Funksprüche können nicht gekauft werden. Wie eine solche Strafe dann aussehen könnte, konnte Whiting nur mutmaßen: "Wenn es im Rennen passiert, gibt es vielleicht eine 5-Sekunden-Strafe, wenn es zuvor passiert vielleicht eine Strafversetzung in der Startaufstellung."

Keine ewigen Diskussionen

Mit endlosen Diskussionen nach dem Rennen brauchen die Fans aber wohl nicht rechnen. Acht FIA-Mitarbeiter sind vom Weltverband dafür abgestellt, die Radiokommunikation von 22 Piloten in Echtzeit abzuhören. "Normalerweise kann man drei oder vier Piloten gleichzeitig hören, weil sie ja nicht alle gleichzeitig sprechen."

Und selbst wenn alle Piloten gleichzeitig funken, wird natürlich alles aufgezeichnet. "Auch die Teams hören sich gegenseitig sehr genau ab, also keine Angst. Wir werden das schon hören, keine Angst. Wir müssen uns später nicht durch Stunden von Radiokonversationen hören", beruhigt Whiting.

Von vielen Seiten wurde auch der Zeitpunkt des Verbots kritisiert. Hätte man nicht bis zur nächsten Saison warten können? Der Renndirektor wehr sich gegen die Kritik: "Wenn wir der Meinung sind, dass etwas nicht gut ist, dann müssen Dinge unternommen werden, so einfach ist das. Natürlich wäre es [nach der Saison] einfacher gewesen. Aber wenn man etwas sieht, das einem nicht gefällt - das nicht mit den Regeln übereinstimmt -dann muss man etwas dagegen machen."

Auch den Vorwurf, damit nur die Show verbessern zu wollen, will Whiting nicht gelten lassen. Bernie Ecclestone sagte im Rahmen des Singapur GPs, er selbst habe das Verbot initiiert. "Den Artikel gibt es schon seit über 20 Jahren! Er war ursprünglich da, um Dinge wie Traktionskontrolle zu verbieten." Über die Zeit hat sich die Technik allerdings weiterentwickelt und damit auch die Fahrhilfen. "Das Problem ist, dass der Fahrer das Auto selbst fahren sollte. Wenn er außerhalb des Auto ist, kann er reden was er will, aber wenn er auf der Strecke ist, dann sollte er da alleine fahren."

Letzte Zweifel bleiben

Zu einhundert Prozent dicht ist die Regel - wie viele anderen auch - nicht. Denn Teams können sich auch codierte Funksprüche überlegen. Und dabei sind Formel-1-Rennställe bekanntlich besonders einfallsreich. Bereits beim Teammanager-Meeting wurde eine mögliche Variante angesprochen.

" Beispielsweise ist 'oil transfer' als Nachricht erlaubt. Allerdings könnte dann 'oil transfer' etwas anderes bedeuten, wenn es dem Fahrer in Kurve 1 gesagt wird, wie wenn es ihm in Kurve 10 gesagt wird." Endgültige Sicherheit wird es dabei nie geben. "Das ist ein bisschen schwierig, aber ich bin zuversichtlich, dass wir das hinbekommen." Whiting könnte sich übrigens auch eine Formel 1 komplett ohne Funk vorstellen. "Aber die Teams wahrscheinlich nicht", stellte er etwas ernüchternd fest.