Nach mehr als 20 Jahren im Amt tritt Luca di Montezemolo als Präsident von Ferrari zurück. Nachfolger des mächtigen Italieners wird Fiat-Geschäftsführer Sergio Marchionne. Montezemolo soll sein Amt offiziell am 13. Oktober zur Verfügung stellen, wenn Fiat gemeinsam mit Chrysler an der New Yorker Börse notiert. Angeblich sei Marchionne am vergangenen Montag nach dem Großen Preis von Italien in Maranello gewesen, um sich mit Montezemolo auf eine Ablösung zu einigen.

Am heutigen Mittwoch um 14:00 sollen sich Montezemolo und Marchionne laut italienischen Medien bei einer Pressekonzerenz im Ferrari-Museum von Maranello zur Situation äußern. In einer Pressemitteilung von Fiat bedankte sich Marchionne bei Montezemolo für dessen Verdienste. "Ich möchte Luca für all das danken, was er für Fiat, Ferrari und für mich persönlich getan hat", so Marchionne.

Dankesworte auch von Fiat-Präsident John Elkann. "Ich bedanke mich, auch im Namen der Familie, bei Luca für all das, was er für Fiat und Ferrari getan hat", sagte er. "Ich wünsche Luca alles Gute für seine künftigen beruflichen Herausforderungen." In Montezemolos offenem Brief zu seinem Abschied sparte er es sich, die beiden Fiat-Oberhäupter namentlich zu erwähnen.

Zuletzt hatte es zahlreiche Konflikte zwischen Montezemolo und Marchionne gegeben, die immer mehr auf einen Rücktritt des einst mächtigen Ferrari-Präsidenten hindeuteten. Ein Punkt der Streitigkeiten sind die sportlichen Misserfolge der Scuderia in der Formel 1. "Zurzeit sind wir nicht erfolgreich, also muss sich etwas ändern", hatte Marchionne bereits in Maranello gedroht. "Ich bin seit Jahren ein Tifosi und es macht mich traurig Ferrari in diesem Zustand zu sehen."

Mit Montezemolos Abschied endet eine Ära bei Ferrari, Foto: Sutton
Mit Montezemolos Abschied endet eine Ära bei Ferrari, Foto: Sutton

Probleme an mehreren Fronten

Neben den sportlichen Problemen soll es zwischen Montezemolo und Marchionne auch in der strategischen Ausrichtung innerhalb des Automobil-Konzerns Differenzen gegeben haben. Während der Fiat-Boss Ferrari gern mehr in das Unternehmen eingliedern würde, um im Luxussegment gegen andere Hersteller zu bestehen, soll Montezemolo immer auf eine gewisse Eigenständigkeit von Ferrari gepocht haben.

Marchionne habe die Zukunft von Ferrari ausführlich mit Montezemolo diskutiert. Dabei sei es zu Missverständnissen gekommen, wie Ferrari in der Formel 1 künftig sein wahres Potenzial erschließen will. Dies sei laut Marchionne beim vergangenen Wochenende in Maranello deutlich geworden.

In Monza hatte Montezemolo seinen Abschied dementiert, Foto: Sutton
In Monza hatte Montezemolo seinen Abschied dementiert, Foto: Sutton

Verpatztes Heimrennen

Beim großen Heimrennen war Fernando Alonso vorzeitig ausgefallen und Kimi Räikkönen lediglich Neunter geworden. "Wenn ich mir dann die Bilanz der letzten Jahre anschaue, dann kann ich das nicht akzeptieren. Wir haben seit 2008 keinen Titel mehr gewonnen. Das geht nicht", sagte Marchionne am Rande des Rennwochenendes.

In einem Statement am Mittwochmorgen hatte sich Montezemolo zu seinem Abschied geäußert und dabei auch erwähnt, dass Ferrari beim geplanten Börsengang eine wichtige Rolle innerhalb des Fiat Chrysler-Konzerns spielen werde. "Das eröffnet eine neue und unterschiedliche Phase", so der 67-Jährige. "Und ich habe das Gefühl, dass sie vom Geschäftsführer des Konzerns angeführt werden sollte."

Kehrt etwa Ross Brawn zu Ferrari zurück?, Foto: Sutton
Kehrt etwa Ross Brawn zu Ferrari zurück?, Foto: Sutton

Gerüchte über Brawn-Rückkehr

Unklar ist, ob der Machwechsel an der Ferrari-Spitze Konsequenzen im sportlichen Bereich nach sich zieht. Schon vor der Bekanntgabe kursierten einige prominente Namen rund um Ferrari. Zuletzt wurde über eine Rückkehr von Ross Brawn spekuliert, der gemeinsam mit Michael Schumacher eine legendäre Ära eingeläutet hatte.

Auch der Name Bob Bell hielt sich hartnäckig. Der ehemalige Technikdirektor von Mercedes steht zwar noch immer in Diensten des Teams, trat von seiner Funktion jedoch im Dezember des vergangenen Jahres zurück und wird das Team im November verlassen.

Sergio Marchionne soll künftig Ferrari führen, Foto: Sutton
Sergio Marchionne soll künftig Ferrari führen, Foto: Sutton

Umwälzende Änderungen in Maranello

Selten gab es innerhalb weniger Monate solch umwälzende Änderungen bei Ferrari. Bereits im April hatte Stefano Domenicali seinen Job als Motorsportchef verloren und wurde durch Marco Mattiaci abgelöst. Im August hatte auch der ehemalige Motorenchef Luca Marmorini seinen Hut nehmen müssen infolge der sportlichen Misserfolge.

Montezemolo hatte Domenicalis Ausscheiden noch am vergangenen Wochenende öffentlich bedauert. "Das ist das erste Rennen für mich in Monza ohne eine für mich sehr nahestehende Person: Stefano Domenicali", sagte der Italiener. "Er war wichtig für das Leben von Ferrari und für mein Leben. Leider waren die Resultate im Sport nicht so gut, deswegen ist das mit Domenicali passiert."