Für einen Lotus-Piloten gibt es anno 2014 vermutlich nichts Schlimmeres als in Monza fahren zu müssen. Das Auto ist geradeaus zu langsam mit und mit den kleinen Flügeln kaum fahrbar. Wie Pastor Maldonado war auch Romain Grosjean am Freitag mehrfach neben der Strecke. Dabei beschädigte er sich den Unterboden und hatte in der Folge noch größere Probleme, den ohnehin schon schwer zu fahrenden Lotus E22 auf Kurs zu halten. Am Ende stand ein 20. Platz im 2. Freien Training zu Buche, nachdem der Franzose am Vormittag das Cockpit für seinen Landsmann Charles Pic räumen musste. Lediglich die beiden Caterham ließ er hinter sich.

"Kein leichter Tag", stöhnte der 28-Jährige. "Es ist immer schwer, nachmittags in ein Auto zu steigen, mit dem am Vormittag noch jemand anders unterwegs war." Ein Fahrfehler sollte sein Schicksal für diese Session besiegeln: "Ich bin in Turn 7 rausgerutscht und habe mir den Unterboden beschädigt, deshalb war ich heute so langsam." Dabei hatte er sogar erwartet, noch deutlich weiter hinter den Marussia zu liegen: "Ich hatte erwartet, dass sie hier schneller sein würden. Die Ferrari-Power-Unit macht Fortschritte. Und unser Auto ist auf solchen Strecken einfach schlecht."

Ex-Konstrukteur Gary Anderson pflichtete ihm bei: "Der Lotus in Monza ist der schlechteste Rennwagen, den ich je gesehen habe", sagte der frühere Jordan- und Jaguar-Designer gegenüber Autosport.

Seine Befürchtungen bestätigten sich aber nicht, denn Marussia und Lotus kämpfen etwa auf demselben Zeitenniveau. Pastor Maldonado fuhr auf demselben Niveau wie Bianchi und Chilton, auch Grosjean gab sich zuversichtlich: "Wenn wir mein Problem mit dem Unterboden beseitigen, sollten wir schneller sein als die Marussia und auf einem Niveau mit Sauber liegen. Wir werden genau in der Cut-Off-Zone in Q1 liegen, es wäre also ein Erfolg, es ins Q2 zu schaffen."

Kaum noch Hoffnung für 2014

Wo also liegt das Problem mit dem Lotus E22? "Zunächst einmal hängen wir bei der Entwicklung hinterher", verwies Grosjean auf den Saisonstart, als Lotus Schwierigkeiten hatte, überhaupt eine Renndistanz zu schaffen. "Wir mussten viel an der Kühlung verändern und das hat uns von performance-relevanten Entwicklungen abgehalten. Die letzten zwei Jahre bin ich [beim ersten Test] in ein Auto gesprungen, drei Runden gefahren und hatte ein gutes Gefühl. Dieses Jahr war dem nicht so." Problematisch ist, dass Lotus nicht vom Fleck kommt, weil man sich bei der Entwicklung im Kreis dreht. Bessere Teile wechselwirken negativ mit dem Gesamtsystem.

Der Franzose spürte dies in Monza wieder einmal am eigenen Leib: "Heute hatten wir einen neuen Frontflügel an meinem Auto. Der sah in den Simulationen gut aus und verhielt sich auch gut im Windkanal, aber als Fahrer mag ich ihn nicht, weil er andere Probleme kreiert. Wir entwickeln nach vorne, aber bleiben bei derselben Pace stehen." Zumindest habe man es geschafft, im Laufe der Saison das Fahrzeug weniger sensibel einzustellen, doch noch immer ist die Balance instabil. "Früher hatten wir den angeblasenen Diffusor, der hat vieles kompensiert. Dieses Jahr gibt es härtere Reifen, weniger Abtrieb und keinen angeblasenen Diffusor mehr. Es gibt bei uns keine Schwachstelle, es ist das Gesamtpaket."

Muss Lotus damit für 2015 komplett umdisponieren und das gesamte Fahrzeugkonzept umkrempeln? "Ich kann das schlecht sagen", antwortete Grosjean, bei dem noch gar nicht klar ist, ob er 2015 überhaupt noch für Lotus an den Start gehen wird. "Ich bin in der Fabrik gewesen und habe mit unserem Aerodynamik-Chef gesprochen. Sie wissen zumindest, in welche Richtung sie gehen müssen und was sie vermeiden sollten. Das Auto ist jetzt im Windkanal. Es wird keine weiteren Entwicklungen mehr an diesem Fahrzeug geben." Damit wird es 2014 wohl nicht mehr besser. Was könnte Grosjean noch nach vorne spülen? Mit "Vielleicht ein Taifun in Japan" brachte er die versammelten Journalisten zum Lachen. Zumindest seinen Humor hat er nicht verloren.