Nico Rosberg hatte beim China GP schon vor dem Start verloren. Am Silberpfeil des Wiesbadeners funktionierte die Telemetrie nicht. Somit konnten beim Vorstart keine Daten gesammelt werden, die dann bei der Einstellung des Schleifpunkts der Kupplung hätten helfen sollen. Die Folge: "Die Kupplung war total falsch. Ich hatte sofort richtig durchdrehende Reifen", klagte Rosberg.

Seit mehr als zehn Jahren ist die Telemetrie nicht mehr wegzudenken, Foto: Sutton
Seit mehr als zehn Jahren ist die Telemetrie nicht mehr wegzudenken, Foto: Sutton

Die Telemetrie ist für Ingenieure und Fahrer heute unabdingbar. Ohne Telemetrie läuft in der Formel 1 wenig. Doch was liefert die Telemetrie? Und wie funktioniert sie? Kommt ein Kameramann in die Garage, legen Teammitglieder gleich Folien über die Bildschirme, so dass der Bildschirminhalt nicht mehr sichtbar ist. Telemetrie ist geheim, sie zeigt sensible Daten. Motorsport-Magazin.com erklärt, warum die Daten so geheim sind und was die Telemetrie alles kann.

Immer wieder sieht man Piloten im Cockpit mit Blättern hantieren. Die Zeiten sehen sie auf dem Monitor, was also ist auf den Ausdrucken zu sehen? Es können entweder detaillierte Zeitnahmedaten sein oder kleine Auszüge der Telemetrie. Im Normalfall erhalten die Piloten Informationen über relativ simple Werte. Werte, die direkt vom Fahrer auf der Strecke beeinflusst werden können.

Welche Daten sind für Fahrer relevant?

Einer dieser Parameter ist der gewählte Gang [1]. Hier gibt es nur zehn Möglichkeiten: Acht Vorwärtsgänge, Neutral und ein Rückwärtsgang. Was sich recht einfach anhört, kann aber durchaus einen Unterschied machen: Immer wieder hört man Renningenieure, die ihren Piloten davon erzählen, dass der Teamkollege in manchen Kurven einen Gang höher oder niedriger fährt. Das ist im Rennen nicht nur für Benzinsparen wichtig, sondern auch für die Rundenzeit. Möglicherweise verliert ein Fahrer Geschwindigkeit beim Runterschalten in der Kurve oder er befindet sich für das Rausbeschleunigen nicht im richtigen Drehzahlband.

So sieht ein typisches Fahrer-Datenblatt aus, Foto: Ferrari
So sieht ein typisches Fahrer-Datenblatt aus, Foto: Ferrari

Interessant sind auch die Lenkbewegungen [2]. Hier gibt es nicht nur zehn verschiedene Werte, die Auflösung ist so genau, dass selbst kleinste Vibrationen auf einer Geraden aufgezeichnet werden. Hier zeigt sich, wie aggressiv ein Fahrer einlenkt und wie stark er korrigiert.

Weniger interessant ist die DRS-Linie [3]. Es gibt zwei mögliche Stellungen: Auf oder zu. Weil inzwischen auch bei den Trainingssitzungen und im Qualifying der DRS-Einsatz auf maximal zwei festgelegte Zonen beschränkt ist, ist dieser Wert wenig von Bedeutung.

Noch im Cockpit werden erste Daten studiert, Foto: Sutton
Noch im Cockpit werden erste Daten studiert, Foto: Sutton

Anders sieht es hingegen bei der Gaspedalstellung [4] aus. Die Aufzeichnungen zeigen genau, wann und wie stark der Pilot auf dem Gaspedal steht. Bei genauem Hinsehen ist noch eine zweite Kurve zu erkennen. Diese spiegelt nicht die Fahrereingabe wieder, sondern das, was letztendlich nach der Elektronik am Motor ankommt. Traktionskontrolle gibt es zwar nicht mehr, doch die Werte weichen beispielsweise im Drehzahlbegrenzer ab. Um eine gewisse Drehzahl nicht zu überschreiten, wird die eigentliche Gaspedalstellung übersteuert.

Keine Fahrereingabe, aber direkt davon abhängig, ist die Geschwindigkeitslinie [5]. Sie ist selbsterklärend, wird aber erst wirklich interessant, wenn Daten übereinandergelegt werden. Fast komplementär zur Geschwindigkeitslinie verläuft die Bremslinie [6]. Sie zeigt nicht nur, wann der Pilot in die Eisen steigt, sondern auch, wie stark. Gut zu erkennen: Bei härteren Bremsmanövern ist die Amplitude, also der Maximalausschlag, deutlich größer. Ebenfalls interessant: Bei stärkeren Bremsmanövern sind oftmals mehrere Spitzen (eingekreist) zu erkennen. Hier musste der Fahrer die Bremse lösen, damit die Reifen nicht blockieren.

Nicht nur Fahrereingaben für Piloten wichtig

Auch für Felipe Massa sind die Daten Pflichtlektüre, Foto: Sutton
Auch für Felipe Massa sind die Daten Pflichtlektüre, Foto: Sutton

Die nächsten Linien zeigen keine Fahrereingaben, sind aber für das Gesamtbild nicht weniger wichtig. Auch G-Kräfte [7] werden übertragen und wiedergegeben. Allerdings werden nicht die lateralen, sondern die longitudinalen Kräfte ausgegeben. Also: Wie stark bewegt sich das Auto nach oben und unten. Wichtig beispielsweise bei Bodenwellen. Nicht identisch, aber ähnlich ist Kurve [9], die anzeigt, wann das Auto wie stark aufgesessen ist.

Wichtig für das Fahrgefühl und auch das Ergebnis ist der Wind. Im Beispiel [8] wird allerdings nur die Windstärke, nicht aber die Windrichtung angegeben. Den Ingenieuren stehen hier im Normalfall deutlich detailliertere Werte zur Verfügung.

Weil Telemetriedaten nicht gerne gezeigt werden, sind aktuelle Blätter der Öffentlichkeit nicht zugänglich - außer Lewis Hamilton twittert wieder geheime Daten. Die von Ferrari zur Verfügung gestellten Daten stammen aus der Vorsaison, als ERS noch KERS hieß und vom Fahrer manuell betätigt werden musste. Eine solche Kurve [10] ist hier zu sehen. Negative Werte bedeuteten Rekuperation, also Laden, positive Werte zeigen, dass der Fahrer die Zusatz-PS gerade abruft.

Daten vergleichen

Richtig interessant werden all diese Werte aber erst, wenn unterschiedliche Kurven übereinandergelegt werden. Diese können vom Teamkollegen, aber auch von unterschiedlichen Setups stammen.

Beim Overlay sind mehrere Linien auf einem Blatt, Foto: Ferrari
Beim Overlay sind mehrere Linien auf einem Blatt, Foto: Ferrari

Die überlagerten Daten liefern gute Vergleiche, per Computeranalyse können aber zusätzliche Werte ausgegeben werden. So teilt ein Programm die Strecke in mehrere Segmente auf. Ein Segment geht im Normalfall von Bremspunkt zu Bremspunkt. Über den unterschiedlich breiten Spalten steht, wie viel der Referenzwert im jeweiligen Segment schneller oder langsamer war. Im Beispiel bedeutet eine blaue Zahl, dass die blau markierte Runde um entsprechend viele Hundertstel schneller war als jene in Rot und umgekehrt. Im ersten Abschnitt war Fahrer 'blau' also um 0,03 Sekunden, im zweiten Abschnitt um 0,06 Sekunden schneller als Fahrer 'rot'. In den folgenden fünf Abschnitten ist Fahrer 'rot' schneller und so weiter.

Die Fahrer bekommen allerdings nur einen Bruchteil der übertragenen Daten zu sehen. Im zweiten Teil des Technik-Exkurses geht Motorsport-Magazin.com näher auf die technische Seite der Telemetrie ein.