Das Verfahren wurde eingestellt, Bernie Ecclestone ist nicht vorbestraft. 100 Millionen Dollar lässt sich Ecclestone die vorzeitige Einstellung des Verfahrens kosten. Über das Urteil an sich wurde bereits viel diskutiert. Doch unabhängig von der rechtlichen Situation und Gerechtigkeitsgefühlen: Ist das Urteil für die Formel 1 gut?

Contra: Eine vertane Chance

Es ist an der Zeit, dass Bernie Ecclestone seinen Platz in der Formel 1 räumt. Eine mögliche Verurteilung des 83-jährigen Briten hätte unmittelbar dazu beigetragen. Durch den 100-Millionen-Dollar-Deal zog aber nicht nur Ecclestone seinen Kopf aus der Schlinge, sondern es blieben auch die tatsächlichen Abläufe der Bestechungs-Affäre im Dunkel. Das lässt die Machenschaften des Bernie E. weiterhin in einem dubiosen Licht erscheinen, was dem Ruf des F1-Business keinesfalls zuträglich sein kann. Schon gar nicht, wenn Ecclestone weiterhin die Fäden zieht.

Nach Korea verirrten sich nicht viele Zuschauer, Foto: Sutton
Nach Korea verirrten sich nicht viele Zuschauer, Foto: Sutton

Ohnehin agiert der F1-Boss seit langem nur mehr aus finanziellen Motiven, stößt damit Teams und Fans gleichermaßen vor den Kopf und schadet der Formel 1 damit mehr als er ihr hilft. Den Rennställen verweigert er eine größere Beteiligung am milliardenschweren Einnahmentopf, während vor allem die kleineren Team wirtschaftlich immer schlechter über die Runden kommen.

Fans wiederum sind nicht nur über teils unverschämt hohe Eintrittspreise empört, sondern auch darüber, dass die Rennen im F1-Kerngebiet Europa immer weniger werden. Doch im System Ecclestone macht nur der schnöde Mammon die Musik und deshalb ließ er auch lieber auf halbleeren Tribünen in Korea, Indien oder der Türkei fahren als auf Traditionsstrecken mit Fankultur wie Imola. Dass er sich mit dieser Politik immer weiter von seinem wichtigsten Gut - den Fans - entfernt, scheint ihm egal. So lange die Kasse klingelt, ist Bernie E. zufrieden.

Der Prozess wäre eine willkommene Gelegenheit gewesen, Ecclestone im Falle eines Schuldspruchs zu entmachten. Mit seinen Millionen erkaufte er sich nun aber ein paar weitere Jahre an der Spitze der F1.

Pro: Wer, wenn nicht Bernie, soll die Formel 1 retten?

Man kann von Bernie Ecclestone halten was man mag. Doch der Deal hat eines ganz deutlich gezeigt: Ecclestone ist der Meister der Deals. Es gibt wohl niemanden, der den Formel-1-Zampano beim Deal als Verlierer sieht. Einige gute Deals braucht auch die Formel 1. Die TV-Quoten sinken drastisch, die Zuschauer bleiben von den Rennstrecken fern.

Für die TV-Stationen eine gute Verhandlungsbasis, den Preis zu drücken. Man kann sich kaum einen Mann vorstellen, der die Formel 1 in dieser Situation besser vermarkten kann als der 83-Jährige. Die Formel 1 zum Spottpreis verscherbeln? Nicht mit Bernie. Die Königsklasse braucht in Zeiten wie diesen einen knallharten Vermarkter, der sein Produkt an den Mann, also an die TV-Stationen bringen kann.

Ecclestone und Todt: Keine Liebesbeziehung, Foto: Sutton
Ecclestone und Todt: Keine Liebesbeziehung, Foto: Sutton

Außerdem ist Ecclestone der perfekte Gegenpart zur FIA. Wer sagt, Ecclestone habe die Formel 1 überhaupt in diese Lage gebracht, der irrt. Die FIA war es, die gemeinsam mit den Herstellern das neue Motorenreglement herausarbeitete. Ecclestone gehört zu den Kritikern der ersten Stunde. Lange bevor die Motoren das erste Mal auf den Prüfständen liefen, hatte der 83-Jährige schon Angst um den Sound der Formel 1.

In einem Sport, in dem die Regeln irgendwie von allen mitbestimmt werden und der ganze Zirkus in mehr Meinungen als Parteien gespalten ist, da braucht es diese eine, zentrale Persönlichkeit, die genauso Frieden wie Unruhe stiften kann. Nur Ecclestone versteht es, schier unendlich viele unterschiedliche Interessen am Ende doch wieder unter ein Dach, nämlich das Formel-1-Paddock, zu bekommen. Ecclestone hat die Formel zu dieser internationalen Bühne, zu diesem Milliarden-Geschäft gemacht. Wer könnte dieses Business mit all den verwobenen Strukturen besser lenken? Richtig, niemand.