Sieben Tage, zwei Tiefschläge: Ein Bremsdefekt im Qualifying in Hockenheim, ein Motorschaden samt Feuer in der Qualifikation in Budapest. Lewis Hamilton erlebt derzeit mal wieder keine einfache Phase im Kampf um seinen zweiten WM-Titel.

Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche wurde er am Hungaroring von einem technischen Defekt gebremst. Die Folge: Start aus der Boxengasse. Seine Fans, und das sind weltweit nicht wenige, schäumen vor Wut! Allerdings richtet sich diese nicht auf den Defektteufel oder das Pech des Briten. Sie schreien in den sozialen Medien wie Facebook und Twitter lauthals von Sabotage!

Die Verschwörungstheoretiker mit dem Union Jack vor Augen haben die Schuldigen bereits ausgemacht: Hamiltons Auto sei von seinem eigenen Team absichtlich manipuliert worden. Der Grund: Mercedes wolle als deutscher Hersteller lieber den deutschen Fahrer Nico Rosberg als Weltmeister sehen.

Tausende Fans des Champions von 2008 beschimpften seit dem Qualifying das Team und Motorsportchef Toto Wolff auf den sozialen Webseiten des Rennstalls. Das frühe Verlassen der Rennstrecke durch ihr Idol dürfte der Ansicht einiger Anhänger sicherlich zusätzliche Nahrung gegeben haben.

Aber egal wie: wir sollten an dieser Stelle festhalten, dass die Vorwürfe absolut haltlos sind. Kein Formel-1-Team sabotiert seine eigenen Autos. Ja, es gab so etwas wie Crashgate. Aber Mercedes möchte die Konstrukteurs-WM gewinnen, und zwar so schnell wie möglich. Das geht nicht, wenn man das eigene Auto abfackelt.

Hamiltons Pole-Träume lösten sich in Rauch auf, Foto: Sutton
Hamiltons Pole-Träume lösten sich in Rauch auf, Foto: Sutton

Obendrein ist einer der wichtigsten Gründe für das F1-Engagement von Mercedes-Benz, Werbung für die eigenen Technologien wie den überlegenen Hybrid-Antrieb des Silberpfeils zu machen. Auch das funktioniert nicht so richtig, wenn das Auto zur besten Sendezeit in Flammen steht. Ganz zu schweigen davon, dass niemand die Gesundheit des Fahrers absichtlich in Gefahr bringen würde. Und übrigens: das Team ist in England ansässig...

Sabotage? Alles Quatsch! Im Rennsport gibt es nun mal Glücks- und auch Pechsträhnen. Hamilton hatte zuletzt Pech, aber auch Rosberg fiel in Silverstone aus. Hatte da etwa Roscoe ins Getriebe gepinkelt? Also: Ruhe bewahren. Fans stehen immer hundertprozentig hinter ihrem Fahrer und reagieren gerne einmal emotional. Das ist toll. Davon lebt unser Sport. Aber wir sollten dabei die Realität nicht aus den Augen verlieren. Gerade in Zeiten der unkontrollierten Internet-Meinungsäußerung.

Erst am vergangenen Wochenende in Hockenheim habe ich darüber mit Pirelli-Motorsportdirektor Paul Hembery gesprochen. "Darin spiegelt sich wohl das moderne Leben wieder", sagte er mir. "Ganz besonders da heute jeder seine Meinung schnell und oftmals anonym verbreiten kann. Wir leben heute in einer ganz anderen Welt. Umso mehr ist es schade, dass der gute Rennsport, den wir in diesem Jahr schon gesehen haben, nicht gewürdigt wird." Genauso ist es Paul.