1. S - wie Super-Deutschland

Deutschland ist Weltmeister. Was die Kicker in Brasilien geschafft haben, kann auch Nico Rosberg schaffen. Zumindest der Helm des Lokalmatadors ist bereits weltmeisterlich, auch wenn der goldene WM-Pokal nach Beschwerden der FIFA wieder entfernt werden musste. Dennoch präsentierte sich der Tabellenführer in Bestform, mit Ausnahme des zweiten Trainings am Freitag diktierte er das Geschehen.

Rosberg hat den vierten Stern, Foto: Mercedes AMG
Rosberg hat den vierten Stern, Foto: Mercedes AMG

Beim Blick auf die teilweise gähnend leeren Tribünen haben die Motorsport-Fans in Hockenheim aber noch einiges an Nachholbedarf, das Prädikat Super-Fans kann hier noch nicht verteilt werden. "In Silverstone hatten wir ein Mega-Wochenende. Wenn man Freitagvormittag in Silverstone mit hier vergleicht, dann sind das zwei Paar Schuhe. In Österreich war es auch toll. Wir müssen nun die Gründe evaluieren. Warum haben wir volle Ränge zum ersten Training in Silverstone und warum nicht auch in Hockenheim", fragt sich auch Mercedes-Motorsportdirektor Toto Wolff. Immerhin: Am Sonntag sind die Piloten bei der Fahrerparade auf dem WM-Truck unterwegs, ebenso soll sich ein Nationalspieler angekündigt haben. Zumindest ein wenig Super-Deutschland in Hockenheim - und im Zweifel gibt es ja noch Rosberg.

2. S - wie Startaufstellung

Was ist los bei Lewis Hamilton? Startplatz 9 in Österreich, Startplatz 6 in Silverstone und nun Startplatz 15 in Hockenheim. Vorne bleibt dagegen alles wie gewohnt: Nico Rosberg holt die vierte Pole im fünften Rennen. "Es läuft an diesem Wochenende einfach wirklich gut und die Pole Position beim Heimrennen ist natürlich fantastisch", jubelte Rosberg nach der Pole. Direkt hinter ihm war man mindestens genau so begeistert: Williams landete auf den Plätzen zwei und drei. "Die Runde am Ende war super und fehlerlos", freute sich Bottas, der in den ersten beiden Sektoren sogar voran gelegen war. "Mercedes ist aber nach wie vor einen Schritt voraus."

Neben dem frühen, technisch bedingten Aus von Hamilton gibt es in der Startaufstellung vor allem eine Überraschung: Kevin Magnussen. Der junge Däne servierte seinen erfahrenen Teamkollegen Jenson Button einfach ab und schob sich sogar vor die Red Bull und Ferrari. "Wir haben beim Setup das Maximum herausgeholt und unsere Strategie im Qualifying war perfekt. Es war ein großer Erfolg, dass wir die Red Bull hinter uns halten konnten", strahlte Magnussen.

3. S - wie Setup

Vor etwas mehr als einem Jahrzehnt hatten es die Teams in Hockenheim immer ganz einfach: Die Flügel auf ein Minimum stellen und den sechsten Gang voll ausfahren.Seit 2002 auf dem neuen Kurs gefahren wird, sind die Anforderungen aber ganz andere. Mit seinen schnellen Kurven, der engen Spitzkehre und der leicht überholen Sachs-Kurve ist Hockenheim eine echte Herausforderung, vor allem für die Hinterreifen. "Die werden besonders stark belastet", konnte auch Williams-Chefingenieur Rob Smedley festhalten.

Für eine besondere Herausforderung ist die FIA verantwortlich: Sie sorgt dafür, dass das im bisherigen Saisonverlauf eingesetzte FRIC-System nicht mehr verwendet wird. "Ohne FRIC werden die Karten zwar wieder ein wenig gemischt und es gibt neue Herausforderungen. Man muss zum Beispiel die Balance des Autos ganz neu ausrichten", sagt Nico Rosberg. Valtteri Bottas konnte genauer erklären, was sich für die Fahrer ohne das System verändert: "Es verändert die mechanische Balance des Autos und in den Kurven verhält sich das Auto nicht ganz so gleichmäßig. Wir sind heute etwas tiefer gefahren, um weniger Abtrieb zu verlieren."

4. S - wie Sonntagswetter

Die Reifen kamen ins Schwitzen, Foto: Sutton
Die Reifen kamen ins Schwitzen, Foto: Sutton

Ganz Deutschland schwitzt. Weit über 30 Grad im Schatten und eine Asphalttemperatur von 55 Grad. Hinzu kommt: Pirelli und die Teams haben keine Wetterdaten aus dem vergangenen Jahr, schließlich wurde damals auf dem Nürburgring gefahren. Und als die Formel 1 das letzte Mal auf dem Hockenheimring unterwegs war, war es mit 16 Grad noch nicht einmal halb so warm wie heute. "Wer hätte gedacht, dass wir in Deutschland heißere Bedingungen haben würden als in Bahrain. Das hat es bislang noch nie gegeben. Wir hatten mit 45 Grad Streckentemperatur gerechnet, aber 57 bis 58 Grad lagen weit über unseren Erwartungen", unterstreicht Pirellis Motorsportdirektor Paul Hembery. Das ganze Hitze-Thema könnte am Sonntag aber hinfällig sein - und genau das macht es für die Teams so schwierig.

Die Vorhersage für den Sonntag: 28 Grad und deutlich mehr Wolken. "Wir haben heute keine Ahnung, ob die Strecke morgen fünf Grad oder 20 Grad kälter ist", unterstreicht Williams-Chefingenieur Rob Smedley. Immerhin: Regen ist zumindest während des Rennens sehr unwahrscheinlich. Alle Teams dürften auf Trocken-Setups setzen, zumal das laut Nico Hülkenberg ohnehin keinen großen Unterschied macht: "Ein modernes Formel-1-Auto ist vom Setup nicht großartig anders, egal ob trocken oder Regen."

5. S - wie Strategie

Vor zwei Wochen war in Silverstone ein Boxenstopp die beste Wahl. Auf dem Hockenheimring, der die Hinterreifen so stark belastet, wird das mit ziemlicher Sicherheit anders aussehen. Auf dem Papier sind zwei Boxenstopps die schnellste Wahl, laut Computer-Simulation ist man mit drei Boxenstopps aber kaum langsamer unterwegs. Für welche Strategie sich die Teams entscheiden, wird sich erst während des Rennens zeigen - der entscheidende Faktor ist der schlecht vorhersehbare Reifenverschleiß. "Man muss gucken, wie verhalten sich die Reifen nach den ersten zehn Runden und dann macht man den Call", erklärt Hülkenberg die Strategie.

Pirelli rät zum Start auf den superweichen Reifen und erwartet die Boxenstopps in den Runden 18 und 38. Nur beim letzten Stint über insgesamt 29 Runden sollte man im besten Fall auf die etwas härtere Reifenmischung setzen. "Mercedes hat wahrscheinlich den Luxus, dass sie an der Spitze mit Nico machen können, was sie möchten. Aber es ist gut, dass wir die Möglichkeit verschiedener Strategien bieten können", heißt es bei Pirelli.

6. S - wie Streckenbegrenzung

2012 fuhr Vettel zu weit neben die Strecke, Foto: Sutton
2012 fuhr Vettel zu weit neben die Strecke, Foto: Sutton

Die weißen Linien standen erst beim letzten Rennen in Silverstone im Fokus. Für große Unterhaltung sorgten Sebastian Vettel und Fernando Alonso, die sich gegenseitig bei der Rennleistung anschwärzten. "Seb hat ständig gesagt, dass ich zu weit hinausfahren würde. Ich habe ein, zwei Warnungen von der Rennleitung erhalten. Bei ihm war es aber genau das gleiche. Ich habe in den Spiegel geschaut und er war neben der Strecke. Ganz besonders als er mich überholt hat, war er zwei oder drei Fahrzeuglängen neben der Strecke", erinnert sich Alonso zurück.

Eine Strafe bekam keiner von beiden, ganz anders als Sebastian Vettel beim letzten Auftritt in Hockenheim. Damals quetschte er sich in der vorletzten Runde außen an Jenson Button vorbei und kam dabei am Ausgang der Haarnadel-Kurve neben die Strecke. Ein tolles Überholmanöver, das die Fans begeisterte - nicht dagegen die Rennleitung, die Vettel bestrafte. Ausgeschlossen sind ähnliche Aktionen am Sonntag nicht - immerhin lädt der Hockenheimring gleich mehrfach dazu ein, sich einen oder zwei Meter weiter nach außen tragen zu lassen. Im Zweifel sind erneute Diskussionen garantiert.

Einem geht die ganze Diskussion tierisch auf die Nerven. "Das Problem sind diese Asphaltauslaufzonen, die bringen uns den ganzen Ärger ein. Es sollte immer so sein: Die Strecke, ein Kerb - und zwar ein richtiger Kerb, nicht diese Alibi-Dinger von heute - und dann die Auslaufzone. Ein dicker Kerb hält das Auto auf Kurs, heute fährt man da einfach drüber. Das brauchen wir: Große, dicke Kerbs", so der Wunsch von Ex-Weltmeister Jacques Villeneuve.

7. S - wie Spannung

Spätestens seit dem Ausfall von Rosberg und dem Heimsieg von Hamilton ist in der Formel 1 wieder für mehr als genug Spannung gesorgt. Die beiden Mercedes-Dominatoren liegen in der Gesamtwertung nur vier Zähler auseinander. Nach dem heutigen Qualifying lautet die Frage: Kann Rosberg den technischen Defekt an Hamiltons Auto zu seinem Vorteil nutzen? Und wie schnell schafft es Hamilton mit seinem überlegenen Mercedes im Rennen durch das Mittelfeld?

"Wir geben aber alles, hoffen auf ein wenig Glück und möchten uns zurückkämpfen wie es mir in Silverstone gelang. Das wird auf jeden Fall ein harter Nachmittag, aber ich gebe nicht auf", lautet die Kampfansage von Hamilton. Sein Teamkollege Rosberg ist jedenfalls gewarnt: "Ich bin aber sicher, dass er durch das Feld fliegen wird. Unser Auto ist da draußen immer noch das schnellste. Unsere deutschen Fans werden morgen also ein spannendes Rennen sehen."