Raketenstart in Down Under, Bruchlandung im Mittleren Osten. Zwei Podestplätze beim Saisonauftakt in Melbourne lösten eine kleine McLaren-Euphorie aus, die jedoch schon beim zweiten Rennen in Malaysia einen ersten heftigen Dämpfer erhielt.

"Das erste Rennen verlief gut für uns - wir standen beide auf dem Podium", erinnert sich Jenson Button im Exklusivinterview mit Motorsport-Magazin.com zurück. Nach dem ersten Rennen führte McLaren sogar die Konstrukteurswertung an - das war dem erfolgsverwöhnten Team 2013 kein einziges Mal gelungen. Dabei gab es schon in Australien erste Fragezeichen: immerhin profitierten beide Fahrer von der Disqualifikation von Daniel Ricciardos Red Bull.

"Es war ganz sicher keine Eintagsfliege. Ich werde garantiert wieder aufs Podium fahren", gibt sich Kevin Magnussen nach seinem Prachteinstand in der Königsklasse optimistisch. Im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com fügt er jedoch ebenso überzeugt wie wohlwissend hinzu: "Wenn nicht in diesem Jahr, dann eben in der Zukunft."

Kevin Magnussen: Vom Super-Einstand ins Mittelfeld, Foto: McLaren Mercedes
Kevin Magnussen: Vom Super-Einstand ins Mittelfeld, Foto: McLaren Mercedes

Für den F1-Rookie waren seine ersten paar Grands Prix ein echtes Wechselbad der Gefühle. "Mir war bereits in Melbourne klar, dass wir dieses Ergebnis nicht sofort würden wiederholen können", verrät er uns. "Dennoch war es schwierig zu akzeptieren, dass wir in Malaysia und Bahrain nicht die Pace hatten." Es hat einige Zeit gedauert, bis sich Magnussen das eingestanden hatte und seine eigenen Ansprüche entsprechend korrigierte.

"Seit Melbourne war es wirklich knifflig", bestätigt sein erfahrener Teamkollege Button. Der Brite erklärt sich den Leistungsabfall so: McLaren habe in Australien alles aus dem Auto herausgeholt, die Konkurrenz hingegen nicht. "Deswegen waren wir in Australien so stark. Wir sind danach nicht langsamer geworden, die anderen Teams holen seitdem einfach alles aus ihren Autos heraus."

Saison 2014 noch nicht abgeschrieben

Die Hoffnung hat das Team aus Woking nach den relativ schwachen Ergebnissen der ersten Saisonhälfte allerdings noch nicht aufgegeben. "Unser Ziel muss es sein, um den dritten Platz in der Konstrukteurs-WM zu kämpfen", gibt Button die Richtung vor. "Das ist kein hochgestecktes Ziel, aber es wäre viel besser als unsere Platzierung im vergangenen Jahr [Fünfter] und auch viel besser als unsere Ergebnisse bislang in dieser Saison."

Derzeit stuft er die Pace von McLaren hinter jener von Ferrari ein, erhofft sich aber weitere Entwicklungsschübe im Verlauf der Saison. "Wir hatten bei fast jedem Rennen Updates, aber das gilt auch für unsere Gegner", so Button. "Erst später in dieser Saison werden wir die Stärke dieses Teams sehen, wenn wir noch immer Updates bringen können, während andere Teams nicht so leicht Verbesserungen erzielen werden."

Die stetige Weiterentwicklung ist auch mit Blick auf die nächste Saison entscheidend. Mangels großer technischer Veränderungen lassen sich alle Performancegewinne aus diesem Jahr auf das nächste übertragen. "Wenn man im nächsten Jahr näher an Mercedes dran sein will, muss man sich genau darauf konzentrieren", glaubt Button. "Also muss man jetzt aufholen und bis zum Winter so nah wie möglich dran sein. Wer beim letzten Rennen mehr als eine Sekunde Rückstand hat, wird das über den Winter nicht aufholen können."

Magnussen sieht McLaren wie sein Teampartner auf dem richtigen Weg. Das Hauptproblem ist der fehlende Abtrieb. Denn die Mercedes Power Unit ist die stärkste im Feld, auch wenn das Werksteam dank intensiver Zusammenarbeit mit Titelpartner Petronas deutlich mehr Leistung aus dem Triebwerk herauskitzeln kann. "Es ist aber ein gutes Auto", betont Magnussen. "Mir ist klar, dass das von außen schwer zu beurteilen ist, aber als Teil des Teams kann ich die Fortschritte spüren."

Blutauffrischung als Erfolgsgeheimnis

Jenson Button gibt die Saison im Gespräch mit Kerstin nicht verloren, Foto: McLaren
Jenson Button gibt die Saison im Gespräch mit Kerstin nicht verloren, Foto: McLaren

Was ist nur mit McLaren los? Diese Frage stellten sich Journalisten und Fans in diesem Jahr schon häufiger. Als wir einen ehemaligen F1-Fahrer und Experten damit konfrontierten, sagte er uns mit großen Augen: "Da stehe ich genauso wie der Ochs vorm Berg wie du."

Dass McLaren nicht dort ist, wo der frühere Weltmeisterrennstall gerne wäre, weiß Jenson Button nur zu genau. Er sieht jedoch Licht am Ende des verchromten Tunnels: "Es liegt noch viel Arbeit vor uns, um wieder an die Spitze zu gelangen. Das werden anstrengende Monate, aber wir haben zuletzt eine gute Richtung gefunden."

Mit Eric Boullier und Ron Dennis sind im McLaren Technology Centre zwei neue Lenker am Werk, die neben der Struktur auch die Unternehmenskultur verändern wollen. "Das benötigt aber Zeit", beschwichtigt Button. "In der Formel 1 gibt es keine Fortschritte über Nacht."

Als notwendig sieht Button die Umstrukturierungen und Blutauffrischungen innerhalb des Teams aber sehr wohl an. Das Team habe seit Jahren relativ ähnlich gearbeitet. "Auf diese Weise waren wir verdammt nah dran, die Weltmeisterschaft zu gewinnen." Doch wenn man so nah dran sei, verändere man nichts. "Das ist ein Fehler", mahnt Button. So gesehen könnten zwei für McLaren-Ansprüche schlechte Jahre wie 2013 und 2014 durchaus auch etwas Positives haben.

"Es könnte dem Team helfen, eine Weltmeisterschaft zu gewinnen", meint Button. "In ein paar Jahren werden wir zurückblicken und sagen: Absolut, das war richtig für dieses Team."