Dem brisanten Fall um die Krankenakte von Michael Schumacher hat sich inzwischen die Staatsanwaltschaft von Grenoble Untersuchungen angenommen. Bei dem Dokument soll es sich um einen Arztbrief handeln, in dem die medizinische Behandlung von Schumacher während seiner Aufenthaltszeit im Uni-Klinikum von Grenoble niedergeschrieben ist. Am Freitag sollen die Untersuchungen aufgenommen werden.

Der Arztbrief soll elf bis zwölf Seiten umfassen und für die Klinik in Lausanne bestimmt gewesen sein, in der der 45-Jährige am vergangenen Montag verlegt worden war, um eine lange Reha-Phase zu beginnen. Bei dem Schreiben soll es sich laut Ermittlerkreisen um einen Entwurf handeln, der nicht vollständig gewesen sei und mehrere Stunden lang im Mülleimer des Krankenhauses von Grenoble lag, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Diese Meldung wurde noch nicht bestätigt.

Schumacher verunfallte am 29. Dzember 2013 im Ski-Gebiet von Meribel, Foto: Sutton
Schumacher verunfallte am 29. Dzember 2013 im Ski-Gebiet von Meribel, Foto: Sutton

Hackerangriff nicht ausgeschlossen

Auch ein Hackerangriff auf das Krankenhaus von Grenoble komme in Betracht, wie die Bildzeitung meldet. "Wir haben unser komplettes IT-System sofort von Experten überprüfen lassen, um zu klären, ob es Suchanfragen nach der Akte von Michael Schumacher oder Hacker-Angriffe von außen gegeben hat. Wir konnten aber keine Spuren finden", sagte Klinik-Direktorin Jacqueline Hubert.

Alle Mitarbeiter, die Zugriff auf das Dokument hatten, sollen befragt werden. Schumachers Akte und ausgedruckte Blätter seien unter falschem Namen abgelegt gewesen, angeblich unter dem Pseudonym 'Jeremy Martin'. Nur ein Handvoll Mitarbeiter habe Zugriff auf die Dokumente gehabt, sagte Hubert weiter.

Dokumente für 50.000 Euro angeboten

"Der oder die Täter haben eine bestimmte Zahl von französischen, Schweizer und deutschen Journalisten kontaktiert", sagte der Staatsanwalt von Grenoble, Jean-Yves Coquillat. "Diese Person, die per E-Mail kommuniziert, verlangt 60 000 Schweizer Franken (knapp 50.000 Euro) für das Dokument." Der Unbekannte soll sich in seinen Mails unter dem Namen 'Kagemusha' an diverse Medien gewendet haben, hieß es weiter. Der Name könnte auf einen japanischen Kinofilm von 1980 hindeuten.

Coquillat bat kontaktierte Medien um Hilfe bei der Aufklärung des heikles Falls, der derzeit weltweit für Schlagzeilen sorgt. "Wenn Journalisten der Justiz helfen wollen, um solche Gauner zu bekämpfen, dann würde die Justiz ihre Hilfe nicht zurückweisen", sagte er.

Michael Schumacher liegt nicht mehr im Koma, Foto: Motorsport-Magazin.com
Michael Schumacher liegt nicht mehr im Koma, Foto: Motorsport-Magazin.com

Kehm warnt vor Veröffentlichung

Am Montag hatte Schumachers Managerin Sabin Kehm die Öffentlichkeit über den Fall informiert und aufs Schärfste verurteilt. "Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass der Ankauf solcher Unterlagen/Daten sowie deren Veröffentlichung verboten sind", hieß es in der Mitteilung. "Daten aus der Krankenakte sind höchst vertraulich und dürfen der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht werden." Unterdessen warnten auch der Deutsche Presserat sowie der Deutsche Journalisten-Verband vor einer Veröffentlichung der Dokumente.

"Die Veröffentlichung dieser Akte wäre Sensationsjournalismus ohne Substanz und Relevanz", sagte der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken. "Der Inhalt dieser Akte hat schließlich weder politische noch gesellschaftliche Bedeutung. Die Veröffentlichung wäre ein vollkommen inakzeptabler und äußerst schwerwiegender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte von Michael Schumacher."

Schumacher war genau vor einer Woche aus der Klinik in Grenoble, in der er seit seinem schweren Ski-Unfall Ende 2013 lag, in ein Krankenhaus nach Lausanne in die Schweiz verlegt worden. In diesem Zuge wurde auch bekannt, dass der ehemalige Formel-1-Rennfahrer aus dem Koma erwacht ist. Weitere Details zu seinem Gesundheitszustand wurden nicht bekannt gegeben.

Sabine Kehm warnt vor Veröffentlichung der Dokumente, Foto: Mercedes-Benz
Sabine Kehm warnt vor Veröffentlichung der Dokumente, Foto: Mercedes-Benz

Nicht der erste Wirbel um Schumacher

Der Wirbel um die gestohlenen Krankenakten ist nicht der erste in den langen Monaten nach Schumachers Unfall. Bereits in den ersten Tagen nach dem Sturz beim Ski-Fahren in Méribel versuchte ein als Priester verkleideter Mann, sich auf die Intensivstation zu schmuggeln. Später wollten sich zwei andere Männer auf Schumachers Zimmer schleichen, um ihn zu fotografieren.

Schumacher war am 29. Dezember des vergangenen Jahres bei einem Ski-Unfall in den französischen Alpen schwer gestürzt und zog sich ein schlimmes Schädel-Hirn-Trauma zu. Danach lag er ein halbes Jahr in der Uniklinik in Grenoble im künstlichen Koma.

Facts rund um Schumachers Unfall

  • Ski-Unfall am 29.12.2013 in Méribel (Frankreich)
  • Erste Operation direkt nach der Einlieferung in die Klinik in Grenoble
  • Schumacher schwebt nach dem Ski-Sturz in Lebensgefahr
  • Zweite Operation: Hämatom aus linker Gehirnhälfte entfernt
  • Zum Unfall: keine überhöhte Geschwindigkeit, Skipiste korrekt gekennzeichnet
  • 30. Januar: Aufwachprozess wird eingeleitet
  • 4. April: Erste Momente des Bewusstseins und des Erwachens
  • 16. Juni: Bestätigung: Schumacher aus Koma erwacht & zur Reha verlegt