"Jungs, sagt mir bitte, was ich jetzt machen soll." Mit dieser Bitte wandte sich der verzweifelte Sebastian Vettel in der zweiten Runde des Österreich Grand Prix an sein Team am Kommandostand. Urplötzlich hatte sich die Power seines Red Bulls verabschiedet. Vettel blieb nichts weiter, als frustriert mit den Händen aufs Lenkrad zu hauen und mitanzusehen, wie der Rest des Feldes an ihm vorbeizog. Nach nur zehn Kurven war das Rennen für den Weltmeister praktisch schon gelaufen - der dritte Ausfall im achten Rennen, die Weltmeisterschaft in weiter Ferne.

Nicht nur Vettel war nach der Nullrunde beim Heimspiel angefressen, auch Christian Horner ließ seinem Ärger am Sonntagnachmittag freien Lauf. Frust wegen Motorenpartner Renault. Der in der Öffentlichkeit eher ruhig auftretende Teamchef hatte genug gesehen und wetterte in einer zehnminütigen Medienrunde gegen den französischen Autohersteller. "Die Performance ist nicht akzeptabel, das müssen sie ändern. So kann es nicht weitergehen, weder für Red Bull, noch für Renault", polterte der Brite.

Red Bull fuhr in Spielberg nur hinterher, Foto: Sutton
Red Bull fuhr in Spielberg nur hinterher, Foto: Sutton

Renault: Verständnis für Horners Frust

Harter Tobak von Horner, der sich nach jedem technischen Problem bei Red Bull - es waren nicht wenige in dieser Saison - in der Öffentlichkeit erklären muss. Und nur im begrenzten Rahmen Antworten liefern kann. Diesmal klang das ein wenig anders. "Das ist nicht unser Business und liegt nicht in unserer Verantwortung", stellte Horner klar, als er gefragt wurde, was Red Bull in Sachen Power Unit ändern müsse.

Horners Ansprache hatte auch bei Renault Eindruck hinterlassen. Die Ansage vom Motorenkunden saß. "Die Sorge, die Christian hat und die Frustration, die er nach einem Resultat fühlt, das nicht das volle Potenzial und die Performance des Autos und der Power Unit zeigt, ist völlig verständlich", sagte Renaults stellvertretender Managing Director Rob White. "Aber wir sind absolut engagiert, so schnell wie möglich Fortschritte zu machen."

Wie der Ochs vorm Berg: Sebastian Vettels technischer K.o., Foto: Sutton
Wie der Ochs vorm Berg: Sebastian Vettels technischer K.o., Foto: Sutton

Horner: Das dauert zu lange

Am Sonntag ging es Horner nicht schnell genug. Als Vettel mit seinem gestrandeten Auto am Streckenrand stand und keine Ahnung hatte, was er tun sollte, forderte das Team eine Lösung von Renault. "Die Renault-Leute wollten die Daten anschauen, um das Problem zu finden, aber das hat lange gedauert", sagte Horner kurz nach Rennende. Wie genau es zum Leistungsverlust bei Vettels RB10 kommen konnte, ist noch immer nicht ganz klar. Als er in den ersten Runden den viel zitierten Überholknopf drückte, nahm der Ärger seinen Lauf.

Ein Elektronikproblem - Vettel würde sagen: Dazu muss man kein Genie sein - knockte den Red Bull aus. Wichtiger ist aber die Ursache des Defekts, um Ähnliches in Zukunft zu vermeiden. "Leider hatten wir ein paar Probleme, die uns in ein negatives Licht gerückt haben", sagte Renaults Motorenchef Remi Taffin am Sonntagabend. "Bei Sebastians Auto hatte das Team Schwierigkeiten, die damit zusammenhingen, dass das Mapping beim Start geändert worden ist. Es könnte ein Problem mit unserer Software sein, es könnte aber auch mit der normalen Software zusammenhängen."

Hier gibt Sebastian Vettel das Rennen auf, Foto: Sutton
Hier gibt Sebastian Vettel das Rennen auf, Foto: Sutton

Gipfeltreffen diese Woche

Ein Reset des Systems brachte immerhin eine kurzfristige Lösung, Vettel konnte seine Fahrt fortsetzen. Abgeschlagen und mit einer Portion Wut im Bauch. "Eigentlich habe ich gar nicht viel zu erzählen", sagte er im TV-Interview nach der vorzeitigen Aufgabe zerknirscht. Wieder einmal wurden seine hohen Erwartungen nicht erfüllt, wieder einmal traf den vierfachen Weltmeister keine Schuld am technischen K.o.

"Wir wissen, was von uns erwartet wird", erklärte sich Renault-Mann White. "Individuell und auch gemeinsam müssen wir in die richtige Richtung arbeiten. Dieser Prozess wird komplett mit Red Bull geteilt, und die Ziele sind klar und verstanden." In dieser Woche wollen sich die Verantwortlichen von Renault und Red Bull zusammensetzen und überlegen, wie es weitergeht.

Wie akut die Situation ist, zeigte der Umstand, dass sich sogar Red-Bull-Oberboss Dietrich Mateschitz in die Diskussion einschaltete. "Wir haben mit Renault die vergangenen vier Jahre die WM gewonnen und stehen loyal zu unserem Motorenpartner. Aber die Lage ist ernst", so Mateschitz gegenüber den Salzburger Nachrichten. "Der Motorenentwicklung muss endlich Priorität gegeben werden. Unsere Probleme liegen außerhalb unseres Einflussbereichs."