Die großen Teddybär-Augen weit aufgerissen, das Grinsen von einem Ohr bis zum anderen: Felipe Massa mag keine Dauergrinsekatze wie Daniel Ricciardo sein, aber der Brasilianer weiß sich durchaus zu freuen - wenn er es denn einmal darf.

In den vergangenen Jahren war dies nur selten der Fall. Wir erinnern uns, Fernando war schneller als er. Jedenfalls wollten ihm das ein paar hartnäckige Stimmen in seinem Kopf einreden. Felipe nahm die Nachricht murrend zur Kenntnis und gehorchte.

Von seinen zwölf Formel-1-Saisons bestritt er acht als Stammfahrer für die ruhmreiche Scuderia Ferrari. Einen Mythos. Ja fast schon eine Religion. Der Druck auf den Schultern des kleinen Brasilianers war enorm. Erst recht nach seinem 23-Sekunden-Titel und dem Horror-Unfall in Budapest.

Doch die Träume der Tifosi wogen schwer. Massa musste die Erfolglosigkeit der Roten ebenso schultern wie seine eigenen Probleme. Der Wechsel zu Williams wirkte für ihn wie eine Befreiung von den Fesseln der Scuderia. Massa sprengte die roten Ketten und darf nun endlich wieder er selbst sein. Felipe, der Rennfahrer. Nicht mehr Felipe, der Adjutant oder Felipe, der Sekundenweltmeister der Herzen.

Die rote Last: Sieg und trotzdem kein Weltmeister, Foto: Sutton
Die rote Last: Sieg und trotzdem kein Weltmeister, Foto: Sutton

Massa erlebt bei Williams seinen zweiten Formel-1-Frühling. "Ich fühle weniger Druck", sagt er. "Ein riesiges Gewicht ist von meinen Schultern gefallen." Es wäre zu dramatisch, von einer Neugeburt zu sprechen. Aber die frische englische Luft scheint Massa befreit zu haben.

Der neue Felipe nimmt kein Blatt mehr vor den Mund, selbst wenn es um den mystischen Ex-Arbeitgeber geht. Er traut sich zu sagen: "Ich kann mich an kein Rennen im letzten Jahr erinnern, bei dem wir Teile an die Strecke gebracht haben, die funktioniert haben."

Er ist locker, freundlich, ein typischer südamerikanischer Familienmensch, der es sich nicht nehmen lässt, seinen Sohn auf der Fahrerparade mit ins Cabrio zu setzen. Bei den Testfahrten in Barcelona sagte er seine Presserunde am Abend kurzerhand ab, weil er seinen Sohnemann ins Bett bringen musste. Ausgerechnet im angeblich ach so unterkühlten Williams-Team scheint Massa neu aufzublühen. Wenn einer eine zweite Chance verdient hat, dann garantiert Felipe Massa.