Es liegt schon einige Zeit zurück, dass Williams die erste Startreihe exklusiv für sich hatte. Vor elf Jahren, beim Großen Preis von Deutschland 2003, gelang es Ralf Schumacher und Juan Pablo Montoya im Qualifying, die Plätze eins und zwei zu belegen, was nun in Spielberg auch Felipe Massa und Valtteri Bottas glückte. Der Erfolg kam für den britischen Traditionsrennstall jedoch nicht gänzlich überraschend, denn schon im Vorfeld des Rennwochenendes ahnte man, dass das Layout des Red Bull Rings dem FW36 entgegenkomme könnte.

Vor elf Jahren erzielte Williams die letzte Doppel-Pole, Foto: Sutton
Vor elf Jahren erzielte Williams die letzte Doppel-Pole, Foto: Sutton

Fokus nicht auf Qualifying gerichtet

"Wir haben gute Simulationstools, die uns die Charakteristik genau vorausgesagt haben", erklärte Rob Smedley, Head of Vehicle Performance. "Wir wussten, dass uns die Strecke in puncto Power und Downforce liegen könnte." Als nächsten Schritt stellte Williams eine Checkliste mit Punkten zusammen, die es im Verlauf des Rennwochenendes abzuarbeiten galt, etwa die Optimierung der Reifenperformance.

Begünstigt wurde der Williams-Erfolg allerdings durch die Pannen bei Mercedes, denn wie auch Smedley zugab, waren die Silberpfeile mit leerem Tank eigentlich schneller. "Aber das ist Motorsport, man muss die Ergebnisse auch mit den schnellsten Autos erst erreichen", betonte der Brite. "Wir hatten heute nicht das schnellste Auto, aber wir verringern den Abstand Schritt für Schritt. Es ist definitiv eine Strecke, die uns hilft, aber es ist auch keine Schande, als Williams nach acht Rennen drei Zehntel Rückstand auf Mercedes zu haben."

Der Schlüssel zur Doppel-Pole sei gewesen, die Reifen von Anfang an zum Arbeiten zu bekommen. "Wir haben danach getrachtet, dass sie für die erste gezeitete Runde bereit waren. Wir wussten, dass es auf dieser Strecke entscheidend ist, dass die Reifen für die erste Kurve bereit sind", erläuterte Smedley, laut dem die Pneus auch am Rennsonntag im Zentrum stehen werden. "Es wird heiß und wir müssen schauen, dass wir beim Verschleiß zumindest so gut wie die anderen sind", hielt er fest.

Williams hat die Reifen im Griff, Foto: Sutton
Williams hat die Reifen im Griff, Foto: Sutton

Doch gerade in Sachen schwarzes Gold sollte Williams gut aufgestellt sein, denn das Team beschäftigt zwei ausgewiesene Fachleute, die sich einzig und allein um die Pneus kümmern. "Ich bin sehr beeindruckt von der Reifenwissenschaft, die wir betreiben", gab Smedley zu. Die Identität der beiden Ingenieure wollte der bestens aufgelegte Brite zwar nicht preisgeben, um Abwerbungsversuche der Konkurrenz zu verhindern, doch einer gehöre dem Team bereits länger an, während sich der andere Williams erst kürzlich angeschlossen habe.

Konstrukteurs-Wertung im Fokus

Obwohl er nur vom dritten Platz startet, hat Nico Rosberg Massa und Bottas im Rennen nicht unbedingt auf der Rechnung, denn der Silberpfeil-Fahrer glaubt, dass man sich bei Williams in puncto Setup stark auf das Zeittraining konzentrierte.

"Die Erfordernisse für Qualifying und Rennen sind zwei völlig unterschiedliche Dinge, aber wenn man eines richtig hinbekommt, bedeutet das nicht automatisch, dass man beim anderen Kompromisse eingehen muss", widersprach Smedley dem WM-Leader. "Ich glaube nicht, dass wir das Rennen beeinträchtigt haben." Vielmehr habe man womöglich sogar ein wenig in Richtung Grand-Prix-Pace gearbeitet, verriet er.

Geht es nach Massas Vertrauten, der mit dem Brasilianer schon bei Ferrari zusammenarbeitete, ist Mercedes am Sonntag auch gar nicht Williams' Hauptgegner. "Wir wollen nicht pessimistisch sein, aber unser Ziel ist morgen nicht Nico Rosberg, sondern die Teams, mit denen wir in der Weltmeisterschaft kämpfen", erläuterte er. "Mercedes ist weit weg, Red Bull befindet sich im Niemandsland, aber dann gibt es ein Feld mit Teams von Platz drei bis sechs, wo alles offen ist."

Williams will Ferrari viele Punkte abnehmen, Foto: Sutton
Williams will Ferrari viele Punkte abnehmen, Foto: Sutton

Momentan rangiert Williams auf dem sechsten Rang der Konstukteurs-Wertung, doch der Rückstand auf Ferrari, das an dritter Position klassiert ist, beträgt nur 29 Zähler - und soll mit einem starken Resultat in Spielberg deutlich reduziert werden. McLaren und Force India könnte man sogar überholen. "Die Priorität liegt darauf, gegen diese Teams zu punkten und in der Meisterschaft Boden gutzumachen", gab Smedley die Marschrichtung für den Großen Preis von Österreich vor.